Mordsgefluester
einen kontrolliert glühenden Funken, der in mir den Verdacht weckte, dass alle alleinstehenden Ärzte und ein paar verheiratete dazu scharf auf sie waren.
»Haben Sie eine Ahnung, wann der Doktor Visite macht?«, fragte ich.
Sie schüttelte mit einem bedauernden Lächeln den Kopf. »Das hängt ganz davon ab, ob es einen Notfall zu versorgen gibt. Sagen Sie bloß, Sie sind mit unserer Gastfreundschaft nicht zufrieden?«
»Sie meinen abgesehen davon, dass man mir nichts zu essen gibt? Und dass ich jedes Mal aufgeweckt werde, sobald ich einnicke, weil sich jemand überzeugen möchte, dass ich nicht bewusstlos bin? Und dass man mir achtundzwanzig Tage vor meiner Hochzeit den Schädel rasiert? Stimmt, abgesehen davon habe ich mich königlich amüsiert.«
Sie musste laut lachen. »Achtundzwanzig Tage, wie? Ich bin in den letzten zwei Monaten vor meiner Hochzeit völlig durchgedreht. Kein guter Zeitpunkt für einen Unfall!«
Mom hatte die Schlüssel aus meiner Handtasche geborgen und winkte mir auf dem Weg nach draußen zu. Ich winkte zurück und nahm dann das Gespräch wieder auf. »Es könnte schlimmer sein. Schließlich bin ich nicht richtig verletzt, ich habe nur ein paar Abschürfungen und eine kleine Schnittwunde abbekommen.«
»Offenbar glauben die Ärzte, dass Sie nicht ganz so gut davongekommen sind, sonst wären Sie nicht hier.« Das hörte sich beinahe nach einem leichten Tadel an, aber wahrscheinlich haben Krankenschwestern dauernd mit unwilligen Patienten zu tun – wobei ich ganz im Ernst nicht unwillig war; ich fühlte mich nur gehetzt. Mir blieben noch achtundzwanzig Tage, und die Uhr tickte unerbittlich.
Nachdem sie bestimmt meine Akte gelesen hatte, hielt ich es nicht für notwendig, ihr zu erklären, dass es nicht als ernsthafte Verletzung zählt, wenn man zur Beobachtung über Nacht dabehalten wird. Vielleicht wollte sie mir nur etwas Angst einjagen, damit ich sie oder die anderen Schwestern nicht damit nervte, wann ich endlich entlassen würde. Ich war sowieso nicht in Nervstimmung; wenn ich nicht so viel zu tun gehabt hätte, hätte ich gut und gerne in einem Krankenhaus liegen und mir von anderen Leuten das Essen ans Bett bringen lassen können. Die Übelkeit hatte sich gelegt, nur das Pochen in meinem Kopf nicht. Ich musste zweimal auf die Toilette gehen, und das Aufstehen war kein Spaß, aber beide Male hatte es nicht so schlimm geschmerzt wie befürchtet.
Die Schwester – wahrscheinlich hatte sie ein Namensschild an ihrer Tasche, aber sie beugte sich so weit über mein Bett, dass ich es nicht sehen konnte – schlug die Decke zurück, um meine Schürfwunden und blauen Flecken zu besichtigen, während sie mir gleichzeitig tausend Fragen nach meiner Hochzeit stellte. Wo sie stattfinden würde, was ich anziehen würde, solche Sachen.
»Sie wird bei Wyatts Mutter stattfinden«, erzählte ich glücklich und froh, von meinen Kopfschmerzen abgelenkt zu werden. »In ihrem Garten. Ihre Chrysanthemen sind einfach toll, obwohl ich Chrysanthemen eigentlich nicht mag, weil sie meist mit einem Sarg daherkommen. Wenn es regnet, was im Oktober nicht allzu wahrscheinlich ist, feiern wir eben im Haus.«
»Mögen Sie sie?« Sie hörte sich ein bisschen verkniffen an, was darauf hindeutete, dass sie selbst Probleme mit ihrer Schwiegermutter hatte. So was ist wirklich übel; Schwiegerprobleme können einer Ehe schwer zusetzen. Schon mit Jasons Mutter war ich gut ausgekommen, aber Wyatts Mutter vergötterte ich. Sie versorgte mich mit Insiderinformationen und stand in Mann-Frau-Fragen im Allgemeinen auf meiner Seite.
»Sie ist toll. Sie hat mich damals mit Wyatt bekannt gemacht, und heute klopft sie sich auf die Schulter, weil sie meint, sie hätte von Anfang an gewusst, dass wir ein wunderbares Paar abgeben.«
»Muss nett sein, eine Schwiegermutter zu haben, die Sie mag«, murmelte sie.
Ich wollte schon erwidern, dass möglicherweise ihre miserable Haartönung das Verhältnis zu ihrer Schwiegermutter getrübt hatte, aber dann hielt ich mich zurück. Vielleicht konnte sie sich keine professionelle Haarfärbung leisten, obwohl Krankenschwestern allgemein ganz ordentlich verdienen. Am Ende hatte sie drei oder vier Kinder zu ernähren und einzukleiden, und vielleicht war ihr Mann behindert oder ein Totalversager. Irgendeinen Grund musste es für diese Haare geben.
Sie schälte den Verband über der größten Schürfwunde auf meinem linken Schenkel ab, und das Abschälen tat weh. Ich japste und ballte vor
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