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Mordshunger

Titel: Mordshunger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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bunte Kugeln wild durcheinander.
    »Mit anderen Worten, wir folgen Phantomen.«
    »Ja. Eine Kugel rollt in die bizarre Ecke – ein Irrer, der seine Tatwaffe nicht mitnimmt. Eine zweite rollt nach Mailand. Plötzlich haben wir die Mafia im Spiel. Wieder eine rollt in den Abgrund der Gefühle, wo sich Hass und Liebe gegenseitig in den Arsch treten. Eine rollt zu einem unlesbaren Notizbuch, eine andere zu der weißen Perücke, mit der aus Hartmann von Barneck wurde. Und so weiter und so fort. Wissen Sie, was ich allmählich glaube?«
    »Raus damit!«
    »Dass nichts davon irgendeine Bedeutung hat. Alles Theater! Die Wahrheit liegt direkt vor unserer Nase. Sie ist so offensichtlich, dass wir sie übersehen.«
    »Wer sagt Ihnen das?«
    »Mein Gefühl.«
    Rabenhorst ließ das einen Augenblick auf sich wirken.
    »Dann sagen Sie Ihrem Gefühl, das reicht nicht.«
    Cüpper seufzte.
    »Das weiß es selber.«
    Klinik
    Mittag.
    Der Professor war essen. Verschiedene Ärzte mit ihm. Andere gingen ihren Pflichten nach. Im Umkreis einiger Dutzend Meter war die Station unbesetzt bis auf zwei Krankenschwestern, die Karten spielten. Sie saßen in einem kleinen, nüchtern getünchten Raum und wünschten sich nichts sehnlicher als schlafende Patienten.
    Aber etwas in der Station schlief nicht länger. Es trieb empor an die Oberfläche des Bewusstseins, versuchte seinem Gefängnis zu entfliehen.
    »Karo-Ass«, sagte die Schwester mit dem etwas ordinären Mund, wegen der so viele Männer klingelten, auch wenn gar nichts war.
    »Passe«, kam es missmutig von der anderen.
    Jenseits ihrer nüchternen Enklave erstreckte sich der Hauptgang, ein Korridor mit schäbigem Linoleum, lindgrün und altweiß, an dessen Ende jeglicher Lebenswille zu ersterben schien. Nur in einem der hinteren Zimmer, kurz vor der alles begrenzenden Wand, wurde er stärker und stärker.
    Revier
    »Telefon«, sagte Rabenhorst.
    Cüpper warf ihm einen undefinierbaren Blick zu, rückte seine Krawatte zurecht und ging ran.
    »Hier Schmitz«, tönte es kraftvoll aus der Leitung.
    »Frau Schmitz!« Cüpper verdrehte die Augen, so dass Rabenhorst wider Willen lachen musste. »Wie nett. Wie ausgesprochen nett.«
    »Ich wollte Ihnen doch noch das Rezept geben, erinnern Sie sich?«
    »Aber ja. War’s Erbsensuppe?«
    »Ganz genau! Wissen Sie, mein Mann, der hat ja überhaupt keinen Draht zum Kochen. Haben Sie bestimmt gemerkt. Er ist ja auch ein bisschen senil geworden mit den Jahren, gerade in den letzten zwei, das kann ich Ihnen sagen! Nicht, dass ich ihm was Böses will, um Himmels willen! Aber seinerzeit, als wir geheiratet haben, war der ganz anders. Auch viel jünger!«
    »Frau Schmitz, das ist alles hochinteressant.«
    »Versteh schon, das Rezept. Sie brauchen Erbsen.«
    »Wer hätte das gedacht!«
    »Kartoffeln reichlich, mehr als Erbsen. Mehlig kochend! Lauch und Möhren, Sellerie, kein Wasser! ’n schöner Hühnerfond, das ist was Feines. Gelbe Rüben, Petersilie …«
    Cüpper versuchte angestrengt, ihrem Tempo zu folgen. Sein Stift raste über das Papier. Es war das unstrukturierteste Rezept, das ihm jemals untergekommen war, aber er nahm sich grimmig vor, es nachzukochen.
    »… mit Majoran abschmecken«, endete der Kochkurs. »Mein Mann kann einen ganzen Kessel davon essen. Ich sag dann immer, tu das doch nicht! Du weißt doch, dass du dann nicht schlafen kannst. Letztes Mal hab ich noch gesacht, ich sach, Heinz, sach ich. Aber denken Sie, der Mann hört zu?«
    »Es war jedenfalls sehr nett von Ihnen, dass …«
    »Der hat halt keinen Biss mehr, wie auch, ohne Zähne! Hört er natürlich gar nicht gern! Aber das ist sogar schon Herrn von Barneck aufgefallen. Da fährt der dann halt mit dem Taxi in die Philharmonie, man muss sich schämen. Ich sach zu meinem Mann, setz dich doch durch!«
    »Wie recht Sie haben.«
    »Ich sach, du bist Chauffeur. Warst immer pünktlich. Bist doch zuverlässiger als jeder Taxifahrer. Ich meine, da will man ins Konzert, Punkt acht geht’s los, da kommt das Taxi erst um zehn vor acht, wie soll der Mensch das schaffen?«
    Cüpper erstarrte.
    »Was sagen Sie?«, flüsterte er.
    »Wie?« Frau Schmitz war verwirrt. »Was soll ich denn gesagt haben?«
    »Das Taxi für Herrn von Barneck kam um zehn vor acht? Wissen Sie das genau?«
    »Ja, sicher! Ich guck ja auch mal auf die Uhr, nicht, wie mein Mann behauptet, dass ich das nicht täte. Ich weiß schon, was die Stunde schlägt. Das Taxi kam um zehn vor acht. Da soll mich einer Lügen

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