Mordshunger
Leute. Und ich garantiere Ihnen, dass das weitaus unangenehmer für Sie wird.«
Ulrich Stoerer verharrte mitten in der Bewegung.
»Wie meinen Sie das?«
»Ich meine, dass es nicht viele Männer gibt, die schwarze Paillettenanzüge tragen.«
»Na und?«
»Und dann eine Paillette verlieren, wo kurze Zeit darauf ein Mord geschieht. Wie peinlich, Ulli.«
Langsam aber sicher wich alle Farbe aus Ullis Gesicht. Seine Hände zitterten.
»Was reden Sie für einen Blödsinn?«
Cüpper ließ jede Diplomatie fahren. Er trat vor, packte Ulli am Kragen und drückte ihn gegen das Schlagzeug. Der Musiker machte keine Anstalten, sich zu wehren. Er war kreidebleich.
»Ich meine«, knurrte Cüpper, »dass es keine gute Idee war, Marions Mutter flachzulegen.«
»Das … das ist nicht wahr!«
»Nein? Pass auf, mein Sohn. Wir können das auch anders regeln. Erstens: Falschaussage. Von wegen Max Stark. «
»Ich habe einen Zeugen!«
»Ja, deinen Kumpel. Sollen wir den mal richtig zwischennehmen? Wie lange bleibt der wohl bei seiner Aussage, was meinst du?«
Ulli wandte den Kopf ab. Er zitterte am ganzen Leib.
»Zweitens: Mord an Inka von Barneck.«
»Nein!« Ulli versuchte sich loszureißen. Cüpper drückte ihn gegen die Kante der Snaredrum. »Bitte! Ich war’s nicht. Ich hab Inka nichts getan, ich schwör’s!«
»So? Du schwörst? Es haben schon ganz andere geschworen.«
»Ich war’s nicht!«
»Erst hast du’s mit ihr getrieben, dann hast du ihr die Kehle durchgeschnitten. Hattest wahrscheinlich Angst, sie steckt es ihrer Tochter. War’s nicht so?«
»Nein!«
»Doch. Wenn ich will, dass es so war, dann war es so.«
»Bitte.« Ullis Unterkiefer bebte. Cüpper ließ ihn los. »Bitte nicht. Ja, es stimmt, ich hatte was mit Marions Mutter. Sie kam mal zu einem der Konzerte. Marion musste vorzeitig weg, da hat sie mich angebaggert, was sollte ich denn machen?«
»Du armer Kerl.«
Ulli funkelte ihn an. In seinem Blick mischten sich Angst und Hass. »Sie wissen doch gar nicht, wie die war! Sie hätten der genauso wenig widerstanden. Was Inka wollte, das hat sie bekommen. Und sie wollte den Freund ihrer Tochter, na und?«
»Auf Mord steht lebenslänglich, Ulli.«
»Ich – war’s – nicht!«, heulte Ulli. »Wir waren für halb acht in ihrer Wohnung verabredet. Dann hat sie mich zur Vintage geschleift, wo sie jeder kennt, verdammt! Ich wollte nicht, ich hab gesagt, du spinnst, am Ende sieht uns einer, aber das war ihr scheißegal, der alten Hexe! Die stand drauf. Das Risiko, entdeckt zu werden, geil war die auf so was! Und mich als Hündchen an der Seite, jeden Mist hab ich mitgemacht, bloß um mit ihr in die Kiste zu dürfen, ich schwöre, dass es so war. Dann sind wir zurück, vielleicht neun Uhr, ich weiß nicht mehr, wir haben’s im Wohnzimmer gemacht, auf dem Boden, ich hatte diese Jacke an, extra für sie, aber dann war sie irgendwie gelangweilt und hat mich rausgeworfen, das war um zehn oder so. Da käm noch einer, sagte sie. Da käm noch einer, der war’s! Checken Sie das? Nicht ich! Ich war’s nicht, ich war’s nicht, ich war’s nicht!«
Cüpper blickte auf das Häufchen Elend zu seinen Füßen und schüttelte den Kopf.
»Mensch, Ulli«, sagte er leise. »Was wird Marion dazu sagen?«
Ullis Augen weiteten sich entsetzt. Er rutschte auf den Knien heran und reckte die Hände. »Bitte nicht! Das dürfen Sie ihr nicht sagen!«
»Liebst du sie so sehr?«
»Ach, ich …« Unvermittelt glomm ein Funken List in seinen Augen auf. »Verstehen Sie doch. Ich habe große Pläne. Ich schreibe ein Musical, ich will auf Tournee. Und Marion wird vielleicht viel Geld bekommen. Ich meine, klar, ich liebe sie, ich liebe sie mehr als mich selbst, ich …«
Cüpper ging in die Hocke und legte Ulli sanft seine Rechte auf die Schulter.
»Ich verstehe dich«, sagte er freundlich. »Vollkommen. Im Übrigen weiß ich, dass du sie nicht umgebracht hast.«
»Danke«, stammelte Ulli kaum hörbar.
»Du bist zu blöde, jemanden umzubringen. Aber Marion ist nicht blöde. Sie ist nur ein viel zu feiner Kerl. Sie braucht dich ungefähr so sehr wie ein Magengeschwür, aber sie trägt dich mit sich herum, weil sie allen Ernstes denkt, das Geschwür kann ohne sie nicht leben. Darum nimmt sie auch keine Medizin dagegen. Was mich betrifft, ich denke da ganz anders. Ich hab kein Mitleid mit Geschwüren.«
Cüpper erhob sich.
»Du wirst irgendwann in den nächsten Tagen mit ihr Schluss machen. Lass dir was einfallen. Sag ihr, du
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