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Mordshunger

Titel: Mordshunger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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mich um das Mädchen zu kümmern.«
    »Und wohl auch wenig Lust?«
    »Ja. Was soll ich da beschönigen? Vielleicht hätte ich Lust entwickelt, aber Marion zog aus und wollte nichts mehr mit uns zu tun haben. Ich kann’s ihr nicht verdenken. Inka überprüfte derweil ihre Interessen und beschloss, dass ich ebenso uninteressant geworden sei wie ihre Tochter.«
    »Dann kam Eva?«
    Von Barneck nickte düster. »Dann kam Eva. Ich bin Geschäftsmann, Cüpper. Geld interessiert mich sehr. Ich müsste lügen, wollte ich behaupten, dass es bei meiner Heirat mit Inka keine Rolle spielte. Aber plötzlich stand ich vor der Alternative, mich für Eva zu entscheiden oder für das Geld. Ich habe schlaflose Nächte zugebracht, Auswege gesucht.« Er stockte und sah Cüpper an. »Ich habe natürlich auch darüber nachgedacht, Inka aus der Welt zu schaffen. Kein Mensch ist frei von solchen Gedanken. Wenn Sie all die lieben, toleranten und aufrechten Menschen um uns herum wegen ihrer Gedanken verhaften dürften, kämen Sie mit den Gefängnissen nicht mehr nach.«
    Cüpper musste grinsen.
    »Die könnten Sie ja bauen.«
    Von Barneck grinste zurück. »Sie würden selbst in einer Zelle landen, Cüpper.«
    »Anzunehmen. Wollen Sie jetzt einen Kaffee?«
    »Sehr gerne.«
    Cüpper langte zur Gegensprechanlage, um Kaffee zu ordern. Seine Hand streifte den Messbecher mit der Rose. Sachte kippte er über die Schreibtischkante, hing dort einen Augenblick wie eingefroren, während Cüpper seine Reflexe sortierte, fiel und –
    – wurde aufgefangen.
    Cüpper sah, wie sich von Barnecks Finger um den Becher schlossen und ihn mit einer geschmeidigen Bewegung wieder auf den Schreibtisch stellten. Er wollte etwas sagen. Stattdessen verharrte er, die Hand immer noch ausgestreckt, und starrte seine Rose an.
    Ihm war, als habe er soeben die Antwort auf alle Fragen gesehen, ohne sie zu verstehen.
    »He.«
    Der Becher mit der Rose. Ein Bilderrätsel.
    »He, Chef!«
    Cüpper zuckte zusammen und sah Rabenhorst an.
    »Ist Ihnen nicht gut?«
    »Was? Doch, natürlich.« Sein Blick wanderte zu von Barneck. »Danke fürs Fangen. Rabenhorst, machen Sie sich beliebt und holen Sie Kaffee.« Rabenhorst verzog das Gesicht, atmete tief durch und verließ das Büro.
    »Also«, sagte Cüpper nach einer kurzen Pause. »Warum das Theater mit der Philharmonie?«
    »Nach dem Mord mussten wir uns erst recht verstecken, Eva und ich. Wie hätte das denn ausgesehen, Inka stirbt, und kaum ein Tag vergeht, da sind wir plötzlich himmelhoch verliebt. Vielleicht waren die Vorsichtsmaßnahmen übertrieben, aber Leute wie Sie hätten sich einen Reim darauf gemacht, und zwar den falschen.«
    »Auf der Baustelle haben Sie mir auch Theater vorgespielt.«
    »Nicht ganz. Wir waren wirklich schockiert. Natürlich hatte ich Max an meiner Stelle in die Philharmonie geschickt, aber das war ein harmloser Routineauftrag.«
    »Und die Sache mit dem Schraubenzieher?«
    »War Eva spontan eingefallen. Halten Sie sie deshalb nicht für herzlos. Sie hat ihre Sinne beieinander, das ist alles.«
    »Hm. Ein bisschen viel Theater, wenn Sie mich fragen. Sie hätten tausend Möglichkeiten gehabt, sich mit Frau Feldkamp zu treffen, ohne dass es jemandem aufgefallen wäre.«
    »Sagen wir, ich habe überreagiert. Passiert Ihnen das nicht manchmal auch?«
    »Ja.«
    Cüpper war nicht bei der Sache. Er hatte den Eindruck, als ob von Barneck ihm entglitt. Ihm geisterte das Bild der fallenden Rose durch den Kopf. Eine Rose, die fiel. Ein Becher mit einer Rose. Was zum Teufel …!
    Er wurde jäh unterbrochen. Rabenhorst knallte die Tür an die Wand und kam hereingestürmt, als seien tausend Klone seiner Mutter hinter ihm her.
    »Wo ist der Kaffee?«, fragte Cüpper.
    »Kaffee, Kaffee!« Rabenhorst rang nach Luft. »Gerade kam ein Anruf aus dem Krankenhaus. Die Hasling ist wieder aufgewacht.«
    »Mann!«, rief Cüpper. »Hören Sie, Rabenhorst …«
    »Wissen Sie, was ihre ersten Worte waren? ›Der Italiener‹, sagte sie! ›Ich kenne den Italiener‹.«
    »Rabenhorst …«
    »›Und er sieht aus wie‹ …«
    »Rabenhorst!«
    »… ›die Sekretärin Fritz von Barnecks‹.«
    Von Barnecks Augen weiteten sich. »Was soll das heißen?«, fragte er und deutete auf Rabenhorst. »Wovon redet der?«
    Cüpper sank in die trostspendende Umarmung seines Polstersessels.
    »Rabenhorst«, seufzte er. »Oh, Rabenhorst. Womit hat die Welt Sie bloß verdient?«
    Eine Zeitlang sprach keiner ein Wort. Cüpper saß verbissen hinter

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