Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Mordshunger

Titel: Mordshunger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
Vom Netzwerk:
du nicht bald auftreten?«
    Ulli schien irritiert. Er stürzte seinen Brandy herunter und sah von Cüpper zu Marion.
    »Ja. In ein paar Minuten.«
    »Wir wollen uns aber doch noch umziehen.«
    »Sicher.«
    Sie wies auf Cüpper. »Romanus ist ziemlich scharf darauf, dich spielen zu hören.«
    Ulli warf Cüpper einen Blick zu, der erhebliche Zweifel daran erkennen ließ. Dann zuckte er die Achseln und ließ ein Grinsen klaffen.
    »Ich werd’s euch schon besorgen!«, rief er und verschwand hinter der Theke, wo es zu den Räumen jenseits der kleinen Bühne ging.
    Cüpper biss sich auf die Lippen. Dann entschied er sich für Offenheit.
    »Marion, ich habe Sie schon mal gefragt – wie halten Sie das aus?«
    Er rechnete mit einer patzigen Antwort, die alles, was sich im Verlauf des Abends zwischen ihnen aufgebaut hatte, wieder einreißen würde. Stattdessen legte sie den Kopf an seine Schulter und sagte: »Ich weiß es nicht.«
    Es klang schlicht und endgültig.
    Eine Zeitlang standen sie so da. Cüpper wagte nicht, sich zu bewegen.
    »Trinken Sie was?«, fragte sie.
    »Kölsch.«
    Sie nickte und ging zur Bar. Als sie zurückkam, stiegen gerade die Musiker auf die Bühne.
    »Ulli ist ein großer Junge, der mich liebt. Er klebt an mir. Ich denke manchmal, dass wir Schluss machen sollten, aber dann überlege ich, was aus ihm wird. Wenn er mich etwas weniger lieben würde, wäre alles sehr viel einfacher.« Sie stieß ihr Glas an seines. »Im Übrigen – Prost.«
    »Sie wissen, dass Mitleid der falsche Weg ist.«
    »Ja.« Sie schaute ihn an. »Und welche Fehler haben Sie gemacht?«
    Er sah zu, wie der Schaum auf seinem Bier verschwand. »Gewohnheiten gepflegt.«
    »Wie lange?«
    In diesem Augenblick betrat Ulli die Bühne, hängte sich die Gitarre um und strahlte in die Runde. Er hatte sich tatsächlich umgezogen und trug nun einen weiten, glitzernden schwarzen Anzug.
    »Zu lange.«
    Die Band begann zu spielen.
    Ulli ist ausgezeichnet, stellte Cüpper fest. Das Kindische, Übertriebene schien er in den hinteren Räumen gelassen zu haben. Konzentriert und selbstbewusst. Jemand, der weiß, was er kann. Mit jeder Bewegung funkelte sein Anzug, funkelte wie die Musik. Funkelte grün und rot im Licht der Scheinwerfer.
    Funkelte …
    Plötzlich traf es Cüpper wie ein Peitschenhieb.
    Er wartete, bis Ulli das letzte Stück ankündigte, beugte sich zu Marion und sagte: »Entschuldigen Sie mich einen Augenblick. Mir war gerade, als hätte ich jemanden hinter der Bühne verschwinden sehen, den ich kenne.«
    »Wen?«
    »Er hat früher hier die Bar gemacht. Halten Sie die Stellung, ja? Ich bin in fünf Minuten wieder da.«
    »Alles klar.«
    »Ach, und Marion.« Er nahm ihr Kinn sanft zwischen Daumen und Zeigefinger. »Laufen Sie bloß nicht weg.«
    Sie lächelte. »Bestimmt nicht.«
    Cüpper schob sich durch die Menschenreihen dorthin, wo der Durchgang zu den Künstlergarderoben lag, ging hinein und wartete. Im Saal verklang ein episch angelegter Schlußakkord. Der Applaus war angemessen, und Cüpper musste sich gedulden, bis Ulli und die anderen Musiker die Garderobe betraten. Cüpper trat vor und nahm ihn beim Arm.
    »Hey, Kommissar, was …?«
    »Ich muss mit Ihnen reden. Wo sind wir ungestört?«
    »Um Himmels willen! Ist ja wie bei Derrick.« Er löste sich aus Cüppers Griff und öffnete eine Tür.
    »Zufrieden mit dem Proberaum?«
    Cüpper nickte, schob ihn hinein und machte hinter ihnen zu. Der Raum war fast zur Gänze kahl, bis auf ein altes Schlagzeug ohne Becken. Der ideale Ort für ein paar klärende Worte. Ulli musterte ihn misstrauisch. Mit einem Mal wirkte er nicht mehr sonderlich kosmisch und astral.
    »Sie sind einer der besten Gitarristen, die ich je gehört habe.«
    Ullis Kinnlade fiel ein Stück herunter und wurde rechtzeitig vor dem Aufprall wieder hochgehievt. Er ist nervös, dachte Cüpper. Gut so.
    »Das wollten Sie mir sagen?«
    »Sicher.«
    »Danke. Na, dann will ich mal wieder …«
    »Nein, Sie werden gar nichts. Abgesehen davon sind Sie nämlich ein ausgemachtes Arschloch.«
    »Was?«, schnaubte Ulli. »Hören Sie mal, Sie aufgeblasener Bulle, das muss ich mir nicht bieten lassen. Sie machen mit meiner Freundin rum, haben die Frechheit, Marion vor meinen Augen anzugrapschen, und jetzt das!«
    Cüpper lehnte sich an die Tür und verschränkte gelassen die Arme.
    »Schöner Anzug, Ulli.«
    »Gehen Sie mir aus dem Weg!«
    »Klar doch.« Cüpper trat bereitwillig ein Stück zur Seite. »Dann holen Sie halt meine

Weitere Kostenlose Bücher