Mordshunger
hättest dich anderweitig verschossen.«
»Aber …«
»Solltest du das nicht tun, und erhalte ich binnen einer Woche keine entsprechende Rückmeldung, wäre ich gezwungen, Marion reinen Wein einzuschenken. Gut möglich, dass sie dann auf die Idee kommt, ihren Katzen Abwechslung zu bieten. Musiker im eigenen Angstschweiß. Außerdem bringe ich dich vor den Kadi wegen Falschaussage.« Er zwinkerte Ulli zu und lächelte. »Vielleicht überlege ich es mir sogar und halte dich doch nicht für zu blöde, einen Mord zu begehen.«
Was in Ullis Gesicht vorging, war kaum zu beschreiben.
»In Ordnung«, krächzte er.
Cüpper drehte sich angewidert um und ging zur Tür.
»Cüpper!«
»Was denn noch?«
»Sie sind auch nicht besser als ich.«
Er dachte darüber nach.
»Möglich, Ulli. Aber klüger.«
»Wo waren Sie die ganze Zeit?«, rief Marion, als er gut gelaunt zurückkam.
»Tut mir leid. Hab mich verplaudert.«
»Ah«, grinste sie. »Und worüber?«
»Och. Über die Liebe. Was man halt so redet.«
»Hier. Für Sie.«
Sie hielt ihm eine Rose vors Gesicht. Cüpper glaubte, nicht richtig zu sehen.
»Für mich?«
»Mir tun die Verkäufer mit den Blumen immer leid, die keiner haben will. Außerdem finde ich, dass sie zu Ihnen passt.«
Cüpper nahm sein Geschenk entgegen und fühlte sich seltsam hilflos.
»Mir hat noch nie jemand eine Rose geschenkt.«
»Nein?« Marion boxte ihn zart auf die Nase. »Dann wurd’s ja höchste Zeit.«
Er brachte sie bis zu ihrer Haustür. Eine Weile standen sie verlegen da.
»Also dann«, sagte Marion. »War ein schöner Abend. Danke.«
»Danke für die Rose.«
»Ich rufe an, sobald ich weiß, was in dem Testament steht.«
»Ja. Tun Sie das.«
Wieder Stille. Sie hingen darin wie Mücken in einem transparenten Briefbeschwerer.
Das war’s dann, dachte Cüpper.
Er hätte schreien mögen.
Im nächsten Moment hatte er sie in den Armen, fühlte ihr Herz schlagen und seines noch viel mehr.
»Ich will keine Katze mehr sein«, flüsterte sie.
Er hielt sie schweigend.
Nach einer Weile löste sie sich und sah ihm in die Augen.
»Beschützt du mich?«
»Wenn du dich beschützen lässt.«
»Mal sehen.«
Schnell beugte sie sich vor, küsste ihn auf den Mund und war im Dunkel des Flurs verschwunden, als hätte es sie nie gegeben. Das Klick der Haustür schnitt Cüpper endgültig von ihr ab.
Achselzuckend machte er sich auf den Heimweg.
Aber ihr Duft, ihre Berührung, ihre Stimme waren noch bei ihm, als er in seine eigene, leere Behausung zurückkehrte.
Und auf einmal fand er sie gar nicht mehr so leer.
Vierter Tag
Arrival
Am Morgen wartete Schmitz vor dem Gate und sah immer wieder auf die Uhr. Von Barnecks Maschine war planmäßig gelandet. Es war zehn nach zehn. Beziehungsweise gerade gewesen. Mittlerweile musste es eine Minute später sein. Oder zwei.
Schmitz sah wieder auf die Uhr.
Er wusste, dass er seine Frau damit zum Wahnsinn trieb, aber er konnte nicht aus seiner Haut. Manchmal bezweifelte er selber Sinn und Zweck seiner leidigen Angewohnheit. Wessen wollte er sich vergewissern? Dass die Uhr noch da war? Lächerlich. Aber er liebte die Präzision. Und er liebte seine Uhr.
Zur Vorsicht warf er schnell noch einen Blick darauf.
Die Türen des Gate schwangen auseinander und entließen Geschäftsleute mit billigen Krawatten und schlechtsitzenden Hosen. Die hochgewachsene Gestalt im tadellosen Armani war dagegen eine Wohltat. Schmitz straffte sich und eilte seinem Chef entgegen. Er war wie immer stolz und wusste nur nicht genau, ob eher auf von Barneck oder auf den besten Butler Deutschlands.
»Wie war der Flug?«, fragte er und nahm von Barnecks Handgepäck.
»Rappelig.« Der Millionär gähnte und strich sich durch die Mähne. »Warme und kalte Luftschichten im Clinch.«
»Bedauerlich. Der Wagen steht nicht weit von hier.«
»Anstrengend, das Meeting gestern Abend. Wenig geschlafen. Seien Sie so freundlich, und sorgen Sie gleich für ein kräftiges Frühstück.«
»Selbstverständlich. Eier mit Speck?«
»Ich fürchte, nein«, sagte eine Stimme. Zwei Männer verstellten ihnen den Weg und zückten Dienstmarken.
»Was erlauben Sie sich!«, trompetete Schmitz. Dann erkannte er den einen wieder. »Sind Sie nicht …«
»Rabenhorst, Kriminalpolizei. Herr von Barneck, ich muss Sie bitten, mich aufs Revier zu begleiten.«
Schmitz blickte schockiert von den Polizisten zu seinem Chef und bemühte sich, die Fassung zu wahren. Der Millionär verzog
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