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Mordsidyll

Mordsidyll

Titel: Mordsidyll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Zandecki
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Kapelle auf. Durch das Geäst der umstehenden Bäume fiel das Sonnenlicht auf die weiß gestrichenen Wände. In dem Bach, der sich an diesem malerischen Platz talabwärts schlängelte, stand ein Wasserrad, dessen Schaufeln gegen winzige Glocken schlugen.
    Â»Wow, ist das schön«, staunte Ronald.
    Â»Komm, wir gehen hinein«, sagte Anna und rannte los.
    Ronald folgte ihr in den kleinen Gottesraum, der nur durch wenige Kerzen erhellt wurde. Anna bekreuzigte sich, nachdem sie ihre Finger in den Behälter mit Weihwasser getaucht hatte. In der Vergangenheit hatte sie der katholischen Kirche den Rücken gekehrt, doch seit dem Tod von Klaus fand sie einen tief gehenden Trost im Glauben. Sie warf Münzen in den Opferstock, ging langsam die drei Bankreihen der Kapelle entlang und nahm zwei Kerzen aus dem Ständer vor dem kleinen Altar. Eine gab sie Ronald, die andere zündete sie selbst an und steckte sie in das schmiedeeiserne Gestell. Nachdem auch Ronald sein Licht zu den zu den anderen gestellt hatte, setzten sie sich in die vorderste Bank und betrachteten das Marienbild hinter dem Altar.
    Ronald legte einen Arm um Anna und strich ihr zärtlich über die Haare. »Gemeinsam können wir glücklich werden, Anna«, flüsterte er.
    Anna ließ es geschehen. Ronalds Umarmung löste ein warmes Gefühl in ihr aus, sie genoss die Nähe eines vertrauten Menschen. Aber nur für einen kurzen Moment – auf einmal stiegen Zweifel in ihr auf. Eine innere Stimme meldete sich, die sie ermahnte, dass es nicht richtig sei. Natürlich hatte sie vor wenigen Minuten intensiv an ihren verstorbenen Mann gedacht – wie immer, wenn sie in der Kirche eine Kerze anzündete. Es kam ihr so vor, als ob Klaus sie warnen wolle. Aber wovor?
    Rasch löste sich Anna aus der Umarmung. »Das war schön«, sagte sie und erhob sich. »Komm, lass uns zurückgehen.«

    *

    Im Morgengrauen hatte Lebrecht wieder seinen Beobachtungsposten auf dem Wanderparkplatz eingenommen. Als die Bäuerin endlich ihren Hof verlassen hatte und in Richtung Wald verschwunden war, nutzte er seine Chance und durchsuchte die Räume im Bauernhaus erneut. Dieses Mal hinterließ er keine Spuren, allerdings konnte er auch keinen Erfolg verbuchen. Die CD war nicht aufzufinden.
    Als sein Handy klingelte, ging er sofort ran. Er hatte den Anruf seines Auftraggebers bereits erwartet.
    Â»Und? Bist du weitergekommen? Hast du sie bekommen?«
    Â»Nein, keine Ahnung, wo die ist«, erwiderte Lebrecht. »Ich habe nochmals alles auf den Kopf gestellt. Sie kann nicht im Haus sein.«
    Â»Mich interessieren deine Mutmaßungen nicht, ich will die CD! Und zwar ohne Aufsehen zu erregen!«
    Â»Ich kann noch Monate weitersuchen oder mir die Frau direkt vorknöpfen.«
    Sein Auftraggeber schwieg. Als es Augenblicke später noch immer still in der Leitung blieb, rief Lebrecht in den Hörer: »Hallo? Sind Sie noch dran?«
    Â»Ja, sicher!«, blaffte sein Klient zurück. »Ich überlege.«
    Lebrecht wartete geduldig. Er beobachte eine Krähe, die sich im sonnigen Morgenlicht auf die Lehne einer der Sitzbänke niederließ, die den Wanderparkplatz umsäumten. Sie legte den Kopf zur Seite und beäugte die Scheibe Ei, die Lebrecht vor wenigen Minuten von seinem Frühstücksbrötchen gefischt und weggeworfen hatte.
    Â»Dann geht es wohl nicht anders, ich kann nicht länger warten. Schnapp dir die Frau und besorg mir die CD! Aber sieh zu, dass du sie nicht verletzt.«
    Â»Okay. Wird erledigt. Das wird allerdings etwas teurer. Sie wissen ja, die Frau ist bewaffnet und mein Risiko steigt.«
    Â»Wie viel?«
    Â»3.000 zusätzlich.«
    Â»Geht in Ordnung.«
    Lebrecht legte grinsend auf. Warum nicht gleich so? Das würde ein Kinderspiel werden. Er hatte gewusst, dass sein Auftraggeber einlenken würde. Nicht umsonst hatte er bei seinem letzten Einbruch bereits Vorkehrungen getroffen.
    Voller Vorfreude rieb er sich die Hände, nahm seine Waffe aus dem Handschuhfach und stieg aus dem Auto. Ihm fiel auf, dass die Krähe mitsamt der Scheibe Ei verschwunden war. Gutes Vorbild, dachte er, der Vogel hat sich unbemerkt das genommen, was er wollte. Und das, obwohl Lebrecht nur drei Meter entfernt gewesen war.

    *

    Anna hantierte am Gülleanhänger herum, den sie nach Ronalds Besuch mit dem Trecker hinter den Kuhstall gefahren hatte. Sie musste endlich den

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