Mordsidyll
dröhnte. Nach den zwei Stunden Schlaf auf der Couch fühlte er sich alles andere als ausgeruht. Doch bevor er nach Kierspe zu den Eltern des Opfers fuhr, wollte er unbedingt auf dem verlassenen Bauernhof dieser Lobbisch vorbeischauen.
Ruste parkte seinen Dienstpassat vor dem Fachwerkhaus und ging zur Haustür. Noch immer war sie unverschlossen und niemand anzutreffen. Als er dem Weg zum Kuhstall auf dem Hügel folgte, hörte er bereits, dass drinnen die Melkmaschinen liefen. Ruste beschleunigte seine Schritte und schob eilig das Tor zur Seite. Ein alter Mann stand in dem Karussell und legte gerade den Kühen Zitzenbecher an.
»Guten Morgen, Ruste mein Name. Ich komme von der Kripo Olpe und möchte gerne mit Frau Anna Lobbisch sprechen. Ist die hier irgendwo?«, rief Ruste über den Lärm hinweg.
»Morgen«, gab der alte Herr knapp zurück und lieà sich nicht von seiner Arbeit ablenken.
»Kennen Sie die Bäuerin Anna Lobbisch, die diesen Hof bewirtschaftet?«, hakte Ruste nach und trat näher an das Rondell heran.
»Ja, sicher kenne ich die.«
»Und? Ist sie hier?«
Der Mann lieà seinen Blick durch den Raum schweifen. »Ich sehe sie nicht, woll?«
»Wer sind Sie denn und was machen Sie hier?« Langsam reichte es Ruste mit diesem grimmigen Kauz.
»Wernike. Ich melke die Kühe.«
»Das sehe ich. Machen Sie das immer? Sind Sie bei Frau Lobbisch angestellt?«
Wernike schüttelte den Kopf und antwortete mit einem entrüsteten: »Nee.«
»Das kann ich ja nicht wissen«, erwiderte Ruste forsch. »Jetzt machen Sie doch mal die Zähne auseinander. Wissen Sie, wo ich Frau Lobbisch finde?«
Wieder kam dem Mann nur ein lang gezogenes »Nee« über die Lippen.
Ruste verlor langsam die Geduld. Er war müde und musste noch nach Kierspe fahren. Er hatte überhaupt keine Lust auf dämliche Ratespiele.
»Wie kommen Sie dazu, hier zu melken?«
»Der Junge von den Webers hat mich angerufen. Die Anna sei verhindert und ob ich dann die Kühe versorgen könnte. Das mache ich gerne, habe ich ihm gesagt. Seit meiner Rente habe ich Zeit, woll? Wir hatten früher ja auch einen Hof. Mit 80 Viechern â¦Â«
Jetzt kam Wernike plötzlich ins Plaudern. Doch für Rustes Geschmack ein bisschen zu sehr. Er hob die Arme und unterbrach den Redeschwall des sauerländischen Bauern. »Moment! Sagten Sie âºder Junge von den Webersâ¹? Welcher Weber?«
»Na, wie heiÃt der Bursche noch? Der Kleine, der den Betrieb vom Vater übernommen hat. In Attendorn. Ach, ich komm gleich drauf ⦠Rüdiger ⦠Rolf ⦠Roland ⦠Nee, Ronald heiÃt der, woll?« Die Augen von Wernike glänzten vor Freude.
»Sie meinen Ronald, Ronald Weber?«, vergewisserte sich Ruste.
»Ja, sag ich doch, woll?«
»Hat er Ihnen noch etwas erzählt? Warum Frau Lobbisch nicht kann oder wo sie sich aufhält?«
Wernike nahm die Zitzenbecher von einem Euter ab. Er fuhr sich durch seinen dichten weiÃen Haarschopf. »Nee!«
»Also hat er Ihnen nichts über Frau Lobbisch gesagt?«, fragte Ruste sicherheitshalber nach. Diese knappen Verneinungen des alten Bauern machten ihn verrückt.
»Sag ich doch«, bestätigte Wernike.
»Was denn? Was sagen Sie denn in Gottes Namen?«, hakte Ruste völlig entnervt nach.
»Na, dass er nix gesagt hat. Also der Junge von den Webers über die Anna. Er meinte nur, dass sie nicht kann. Und dafür kann ich ja nichts. Da müssen Sie nicht gleich so unhöflich werden, junger Mann! Auch wenn Sie von der Polizei sind! Mein Schwager, der war übrigens ebenfalls bei der Polizei. Aber nicht in Olpe, sondern in Schmallenberg. Vielleicht haben Sie ihn gekannt? Der hat ⦠och ⦠der hat schon vor ewig langer Zeit aufgehört ⦠Wann hat der nur aufgehört?«
Wernike legte den Kopf schief und runzelte die Stirn. Ruste nutzte die unverhoffte Chance und verabschiedete sich schnell: »Vielen Dank für Ihre Hilfe.«
Im Eilschritt verlieà er den Kuhstall und lief den Hügel zu seinem Passat hinunter. Mit quietschenden Reifen brauste er vom Hof auf die LandstraÃe. Zum Glück blieb ihm während der Fahrt nach Kierspe etwas Zeit, um wieder herunterzukommen. Der alte Bauer hätte ihn um ein Haar in den Wahnsinn getrieben!
Nach einer Weile merkte Ruste, wie übermüdet er war. Er
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