Mordskerle (German Edition)
blickte sich wie erwachend um. „Ich muss noch einmal zu Max Breidbach.“
Ihre Mutter verzog missbilligend den ausnahmsweise ungeschminkten Mund. „Wieso? Breidbach liegt immer noch im Krankenhaus. Für die Verteidigung von Tim Valendiek wird er nicht mehr gebraucht. Dabei hätte ich mich das gerne einiges kosten lassen.“
„Mutter!“ Lena wurde ungewöhnlich laut. „Breidbach hat Besseres zu tun, als sich mit solchen ´Peanuts` abzugeben! Er will ein Buch veröffentlichen. Hast du das gewusst? Offenbar ist er im Besitz von Material, das einigen Leuten von Rang und Namen in dieser Stadt das Genick brechen könnte. Wenn das Buch tatsächlich erscheint, kommt es in und um Hamburg zu einem Skandal, wie man ihn noch nie erlebt hat. Stell dir vor, wie sie jetzt schon alle zittern – die vornehmen Familien mit den großen Namen und der hehren hanseatischen Vergangenheit.“
Nun war es an Annelie, erst einmal kräftig zu schlucken. „Das wäre aber gar nicht nett von ihm“, murmelte sie betroffen, während sie dem forschenden Blick ihrer Tochter dabei geflissentlich auswich. „Darf er das eigentlich? Ich meine, hat er als Rechtsanwalt nicht eine Schweigepflicht?“
„Er ist gewieft genug, um sich nach allen Seiten abzusichern“, war Lena überzeugt. „Möglich, dass er die wirklichen Namen der handelnden Personen ändert und es dem Leser überlässt, sich einen Reim auf alles zu machen.“
„Na, ich weiß nicht, ob mir das gefallen würde, über meine Affären in einem Buch zu lesen, das jeder kaufen kann!“, regte Annelie sich auf. Dann jedoch besann sie sich. „Und warum willst du noch einmal zu Breidbach, diesem… diesem Netzbeschmutzer?“
„Na, hör mal, du sprichst von einem `guten, alten Freund`“, belustigte Lena sich. Sie fuhr sich mit beiden Händen durch das aschblonde Haar. „Auf einmal mutiert der Mann zu einem Nestbeschmutzer? Egal. Zweifellos wurde Breidbach von jemand nieder geschlagen, der nicht will, dass das Buch auf den Markt kommt. Wer könnte das sein?“
„Willst du darauf eine ernsthafte Antwort? Die kann nur lauten: Jeder in dieser Stadt, der einst mit Max Breidbach in seiner Eigenschaft als Anwalt zu tun gehabt hat.“
„Ich tippe auf die Familie Beer“, sagte Lena.
Annelies Verblüffung hätte nicht größer sein können. „Wieso das?“
Lena überhörte diese Frage, sondern sprach aus, was sie schon eine geraume Zeit in ihrem Kopf hin und her wälzte. „Gibt es eine Verbindung zwischen Inken Beer und Max Breidbach? Weißt du etwas über die Zwei? Hatten sie mal eine Affäre oder war da sogar mehr, als Breidbach im Hause Beer noch ein gern gesehener Gast war?“
Annelie blieb vor Überraschung sekundenlang sprachlos. Dann rief sie: „Meine Güte, Lena! Du hast eine ziemlich ungesunde Fantasie, ist dir das eigentlich klar? Hältst du es tatsächlich für möglich, dass Inken zu Breidbach nach Seebüll ´rauf fährt, ihm auflauert und hinterrücks niederschlägt, nur, weil sie befürchtet, dass in seinem Buch irgendetwas über sie steht, von dem sie nicht möchte, dass es publik wird?“
„Es gibt etwas, das keiner weiß und auch keiner wissen soll“, ahnte Lena und rieb sich bei diesen Worten die Hände wie Jemand, der sich sehr unbehaglich fühlt. „Nur, was könnte das sein? Wer könnte darüber außer Inken und Breidbach noch Bescheid wissen? Axel?“
„Niemals!“, zeigte Annelie sich sofort restlos überzeugt. „Axel weiß von Breidbach und von Inkens Vergangenheit nicht das Geringste. Hatte sie überhaupt jemals so etwas wie eine Vergangenheit?“
Sie hielt abrupt inne, ihre Augen wurden schmal. „Du hast Recht. Inken erwähnte neulich, dass sie die alte Sache nicht aufwärmen möchte. Sofie hatte offenbar die Absicht, Kontakt zu Breidbach aufzunehmen - warum auch immer! Aber Inken verhindert das konsequent. Ich glaube, Lena, sie hat Angst, dass da etwas hoch kommt, das ihr, der ganzen Familie Beer schaden könnte.“
Lena dachte nach. „Es hängt möglicherweise noch mit Bernhard zusammen“, zog sie dann ihr Fazit.
„Mit seinem Tod?“
„Vielleicht. Wann ist das eigentlich mit Bernhard passiert?“
„Der Vulkanausbruch auf Haiti? Das war so ungefähr Mitte Mai“, erinnerte Annelie sich. „Zehn Tage dauerte es, um die unangenehme Sache rechtlich und behördlich abzuwickeln. Inken flog übrigens sofort hin, und sie tat gut daran, denn Sofie war nicht imstande, irgendetwas zu regeln.“
Nun blieb Lena lange stumm. Dann hob sie
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