Mordskerle (German Edition)
weil er ein alter Freund der Familie ist, sondern weil Sie ihn um einen Gefallen bitten wollten.“
„Das hat meine Mutter Ihnen verraten!“
„Nein, Breidbach selbst. Es geht ihm inzwischen übrigens besser. Aber er wird die Verteidigung von Tim Valendiek nicht übernehmen, weil er seinen Anwaltsjob nämlich schon vor ein paar Jahren an den Nagel gehängt hat.“
Lena stöhnte auf. „Warum jagt Annelie mich dann durch ganz Schleswig-Holstein? Wenn sie nicht darauf bestanden hätte, dass Tim Valendiek unbedingt Breidbach als Rechtsbeistand braucht…“
„… wäre er höchstwahrscheinlich heute tot, weil man ihn zu spät gefunden hätte“, ergänzte Vonhoff trocken.
„Wovon lebt der Mann, wenn er nicht mehr Anwalt ist?“, wunderte Lena sich.
Der Kommissar warf ihr einen kritischen Blick zu. „Wissen Sie das nicht? Er schreibt an einem Buch, dessen Erscheinen manche Leute kaum erwarten können. Andere wiederum beten wahrscheinlich darum, dass es nie auf den Markt kommt.“
„Ach? Ein Roman?“
„Nein, eher ein Tatsachenbericht. Breidbach hatte ja sehr viel Prominenz dieser Stadt als Klientel, über die es sicher manch´ Interessantes zu erzählen gibt.“
Lena stand reglos. Ein Frieren rann ihr den Rücken hinauf, ganz leicht nur, als ob eine Hand ihre Wirbelsäule flüchtig mit einer Feder berührte, und als dieses Frieren ihren Nacken erreichte, zog sich ihre Kopfhaut zusammen.
„Oh“, sagte sie sehr leise. „Das ist es.“
Vonhoffs Blick hatte inzwischen gar nichts Freundliches mehr, als er erwiderte: „Ja, wir gehen davon aus, dass es das ist. Jemand will offenbar verhindern, dass Breidbach sein Buch veröffentlicht.“
„Deshalb wurde er überfallen?“
„Das ist ziemlich sicher. Wenn Sie nicht nachts bei ihm aufgetaucht wären, hätte der Täter sein Ziel auch erreicht.“
Lena strich sich leise seufzend über die Stirn. „Aber meine Mutter sollte nicht umgebracht werden?“, sprach sie schließlich aus, was sie schon die ganze Zeit bewegte.
Vonhoff vergrub eine Hand in der Tasche seiner Wildlederjacke. „Wahrscheinlich nicht“, sagte er halblaut, während er seinen Blick routiniert hin und her wandern ließ. „Warum sollte jemand Annelie Klüver töten wollen? Es wäre logischer, sie zu entführen und ein Lösegeld zu erpressen. Nein, ich glaube nicht, dass der Angriff auf Ihre Mutter geplant war. Ein dummer Zufall. Sie war einfach zur falschen Zeit am falschen Ort.“
„Tim Valendiek…“ begann Lena lebhaft, doch Vonhoff winkte bereits ab.
„Der Junge ist kein Gewalttäter, sondern nur ein Kleinkrimineller und obendrein ein Pechvogel. Erst klaut er ein Rad, überfährt damit einen Toten, der im Stadtpark liegt, und gerät so vorübergehend unter Mordverdacht. Wenig später steigt er in ein Ferienhaus ein, um dort über die niedergeschlagene Annelie Klüver zu stolpern.“
Lenas Erleichterung war deutlich spürbar. „Um Tim müssen wir uns also keine Sorgen mehr machen?“
„Wenn Ihre Mutter mehr Vertrauen in die Arbeit der Polizei gehabt hätte, wäre der ganze Aufwand wegen Breidbach gar nicht nötig gewesen. Nein, der Junge ist inzwischen absolut entlastet. Aber um Sie mache ich mir Sorgen. Die Polizei kann nicht überall sein, und wenn Sie uns nicht sagen, was Sie wissen…“
Inken und der Mann mit der tiefen Stimme! schoss es Lena durch den Kopf, doch erneut zog sie es vor, zu schweigen. Warum eigentlich? Sie wusste es nicht.
Das Ferienhaus war von der Polizei versiegelt worden, und während die Zeitungen noch über – angeblich – „exzessive Orgien“ schrieb, gab die für den Fall zuständige SOKO bekannt, dass es dort im Haus außer Saufgelagen und Umgang mit Drogen der erträglichen Art nichts gegeben hatte, das die Bezeichnung „exzessiv“ verdiente.
„Tim Valendiek ist ein armes Schwein“, stellte Annelie, allmählich wieder im Vollbesitz ihrer körperlichen Kräfte, fest. „Was er auch anfängt, es geht schief. Erst die Sache mit dem Fahrrad des Bürgermeisters, dann sein Ausflug in Sofie Beers Ferienhaus! Der Junge ist ein krimineller Blindgänger. Er sollte mal was Solides anfangen, Schuhverkäufer oder Friseur, da kann er wenigstens keinen größeren Schaden anrichten. Ich würde mich auch gerne für ihn einsetzen.“
Als sie merkte, dass Lena ihr gar nicht zuhörte, kniff sie die Augen zusammen. „Was ist los mit dir? Du schweigst seit mindestens zehn Minuten. Dabei warte ich auf eine detaillierte Schilderung vom Derby.“
Lena
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