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Mordskerle (German Edition)

Mordskerle (German Edition)

Titel: Mordskerle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Renate Schley
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konnte es im wahrsten Wortsinn nicht riechen, denn sie war nun einmal - wie bereits erwähnt - sensibel gegenüber Gerüchen aller Art. Für sie gab es nichts an der Tatsache zu deuteln, dass ein Pferd roch, und viele Pferde auf einem Haufen verursachten Gestank.
    Das stellte Lena auch heute wieder fest, nachdem sie auf der Tribüne den eigentlich für Annelie reservierten Platz endlich gefunden hatte. An diesem Tag kam hinzu, dass bei der großen Nachmittagshitze die Luft förmlich stand und der Geruch der Pferde sich mit dem Parfüm unzähliger Frauen verbrüderte – ein Zustand, der für Lena kaum auszuhalten war.
    Natürlich hatte Annelie nicht aufgehört, Lena zu quälen, bis die nachgab. Jawohl, hatte die irgendwann resigniert erklärt, sie würde zum Derby gehen, um ihre Familie angemessen in der Öffentlichkeit zu vertreten. Aber mehr durfte man nun wirklich nicht von ihr erwarten.
    Annelies größte Sorge, man könnte glauben, sie seit tot oder immerhin so schwer verletzt, dass sie das Haus nicht verlassen durfte, sollte Lena so zerstreuen, wann immer sich die Gelegenheit dazu bot. Es war nun einmal eine Tatsache, dass Annelie noch kein einziges Derby in Klein Flottbek während der letzten dreißig Jahre versäumt hatte. Ihre Hüte hatten immer für Gesprächsstoff gesorgt, ganz zu schweigen von ihren Kleidern, und alles das musste sie in diesem Jahr ausfallen lassen: Es war ungeheuerlich!
    Lena hatte sich von ihrer Mutter keinen Hut aufschwatzen lassen. Sie hasste Hüte, weil sie nicht der Typ war, der mit einem Hut zu beeindrucken verstand. Sie fand sich zu klein, zu kantig und verzichtete auch deshalb lieber auf ein sensationelles Outfit.
    In ihren Jeans, natürlich von einem prominenten italienischen Designer, und einer Seidenbluse fühlte sie sich bequem und gleichzeitig adäquat angezogen. Ganz bestimmt adäquater als manch` andere Frau, die der Versuchung nicht hatte widerstehen können und deshalb jetzt unter einem Wagenrad ähnlichen Hut stöhnend vor sich hin schwitzte.
    Aber selbstverständlich war das „Dörby“ gleichzeitig wunderbar geeignet, Menschen zu begegnen, denen man sonst ohne zu zögern aus dem Weg ging. Hier tat man plötzlich so, als freue man sich halb tot, die Anderen zu sehen. Man küsste und umarmte sich, tauschte Nettigkeiten aus, um zwei Minuten später weiter zu schlendern und mit zusammengepressten Zähnen über jene zu lästern, in deren Armen man eben noch gelegen und denen man mit strahlendem Lächeln Zuneigung vorgegaukelt hatte.
    „Lena? Du? Bist du krank, dass du neuerdings zum Derby gehst?“ Das war Sylvia Herzig, in rosa Seide gewickelt, auf dem Kopf ein lächerliches rosa Hütchen, das aussah wie eine zu groß geratene Pillendose.
    Sylvia war von der Hitze bereits restlos derangiert, dennoch eisern um Haltung bemüht. Lena öffnete eben den Mund, um ihre Anwesenheit zu erklären, doch das wurde gar nicht von ihr erwartet, denn Sylvia sprach am liebsten mit sich alleine und erwartete kaum einmal, dass ihr Gegenüber antwortete.
    „Du siehst gut aus, meine Liebe… Axel? Wo bist du? Das ist Axel Lentz, Ehemann von Inken. Kennt ihr euch eigentlich, Kinder? Nein? Das ist fein, dann habe ich das hiermit erledigt und der Tag war nicht ganz umsonst. Wir haben Inken übrigens im Gewühl verloren. Axel, kannst du sie irgendwo sehen? Sie wollte unbedingt auf irgendein Pferd 100 Euro setzen, aber wir hatten dazu keine Lust und da…“
    „Champagner?“, fragte Axel Lentz, während er sich leicht zu Lena hinab beugte, die er mit seinem Lächeln und dem Funkeln in seinen unglaublich blauen Augen so verwirrte, dass sie einen Moment lang nicht wusste, was er sie gefragt hatte.
    „Champagner?“, wiederholte der junge Mann seine Frage, machte jedoch nicht den Eindruck, als ob ihm das emotionale Chaos, das er mit seinem Blick in Lena verursachte, überhaupt bewusst wäre. Es passierte ständig, dass erwachsene Frauen in seiner Gegenwart anfingen, zu stammeln wie 14-jährige Schulmädchen, die zum ersten Mal einem heimlichen Schwarm gegenüber standen.
    „Ja, bitte, sehr gerne“, flüsterte Lena, inzwischen rot wie der eben erwähnte Teenager und obendrein wider besseres Wissen, denn bei dieser Hitze Champagner zu trinken, würde ihren Untergang bedeuten. Doch wer wollte sich mit so profanen Gedanken belasten, wenn ein Mann wie Axel Lentz bereits einen Eiskübel mit einer Flasche Champagner buchstäblich aus dem Nichts zauberte?
    Sylvia erkundigte sich selbstverständlich

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