Mordskerle (German Edition)
stibitzte.
Schließlich stellte er sachlich fest: „Natürlich kann man nicht zulassen, dass Breidbachs Buch erscheint. Er weiß zuviel, verstehst du? Über Bernhard. Über mich. Über uns alle.“
Lenas linke Gesichtshälfte war angeschwollen von seinem Schlag und leuchtete feuerrot. In ihrem linken Wangenknochen klopfte der Schmerz. Mit schwacher Stimme fragte sie: „Was hat denn Inkens Vater damit zu tun?“
Da schnaubte Axel erbittert. „Lena, wenn ich geahnt hätte, dass du eigentlich nichts weißt, wäre das hier gar nicht nötig. Aber ich dachte, du weißt Bescheid. Lass es dir erklären, okay? Bernhard brachte Max Breidbach vor etwa fünfzehn Jahren an einem Wochenende mit in dieses Haus.“
Sie konnte nur kraftlos nicken.
„Warum hat er das wohl getan, der große Bernhard?“, wurde Axel verächtlich. „Weil er so ein selbstloser Mensch, ein fürsorglicher Mäzen war? Nein. Ich sage es nur einmal, Lena, und dann wirst du alles verstehen. Bernhard war scharf auf Breidbach.“
„Wie?“ Lena starrte ihn entsetzt an.
Da schlug der junge Mann sich fröhlich auf die Schenkel. „Das haut dich um, was? Ich hatte nichts anderes erwartet. Es würde jeden umhauen, der davon erfährt. Bernhard Beer war schwul, Lena. Er war es schon, als er die bedauernswerte Sofie ehelichte. Neben seiner Ehe mit ihr hatte er dauernd Affären mit irgendwelchen Jungs, aber gleichzeitig brachte er das Kunststück fertig, seine Ehe und seine Familie absolut vor jedem schmutzigen Verdacht zu schützen. Es blieb sein Geheimnis, wie er das geschafft hat, aber ich vermute, dass er nie jahrelange Beziehungen hatte, sondern immer nur Liebeleien, die zu kurz waren, um publik zu werden.“
Lena fuhr sich mit der Zunge über die heißen, trockenen Lippen. „Kann ich… kann ich etwas zu trinken haben?“, flüsterte sie kaum hörbar.
Axel goss etwas Whisky in ein Glas, und während er ihr dabei zusah, wie sie trank, fuhr in einem so unverbindlichem Plauderton fort, als spräche er über die Wetteraussichten für den kommenden Tag.
„Breidbach stand auch auf Bernies Abschussliste. Aber Max war nicht für solche Sachen, wenn du weißt, was ich meine. Er liebte die Frauen, und er mochte Inken, denke ich. Aber er konnte sich vor Bernhards Annäherungsversuchen nicht retten. Während Inken bereits von der Hochzeit mit Dr. Max Breidbach träumte, trat der völlig schockiert den Rückzug an, weil Bernhard es nicht hatte lassen können, indem er sich ihm – hm – ziemlich eindeutig näherte.“
„Das ist nicht wahr“, sagte Lena kaum hörbar.
„Doch, es ist wahr, jedes einzelne Wort“, widersprach Axel ihr gelassen, und sie wusste, dass er Recht hatte. „Ob Inken etwas ahnte, kann ich nicht sagen. Ich weiß auch nicht, ob sie überhaupt von der Homosexualität ihres Vaters ahnte. Ich glaube aber, dass es unbewusst immer in ihrem Hinterkopf gewesen ist. Und eine Stimme in ihrem Innern, die ihr manchmal etwas zuflüsterte, denn warum sollte sie sonst herum laufen wie ein Junge, mit kurzen Haaren, in Anzügen und mit einer Figur, die besser zu einem Fünfzehnjährigen passt als zu einer Frau von Mitte Dreißig?“
„Ich glaube, mir wird schlecht“, stöhnte Lena, inzwischen mit Schweiß überströmtem Gesicht.
Axel reichte ihr wieder das gefüllte Glas. „Trink noch was, Lena, dann geht´s dir gleich besser.“
„Ich mag keinen Whisky“, stieß sie hervor.
„Das solltest du aber, denn du wirst ihn nachher nötig haben“, empfahl Axel freundlich.
Ihr war, als zöge ihr jemand ein scharfes Messer durch den Körper. Plötzlich konnte sie nicht mehr atmen, während gleichzeitig ihr Herzschlag für eine Sekunde aussetzte.
„Axel…“, ihre Stimme klang geborsten.
Er beugte sich zu ihr und flüsterte, den Mund widerlich nahe an ihrem Ohr. „Weißt du was, Lena? Inken weiß gar nicht, dass du hier bist. Sie weiß auch nicht, dass ich her gefahren bin. Sie hat deine Nachricht nämlich nie erhalten. Das Fax war von mir. Als ich Inken und ihre Geschäftsfreunde heute Abend in Travemünde zum Essen traf, war sie sehr entspannt und ahnungslos. Ich habe ihr aber trotzdem ein leichtes Schlafmittel in den Rotwein getan, nur, um sicher zu gehen. Du verstehst? Ich vermute, sie schläft jetzt tief und fest und ahnt nichts Böses.“
Annelie! durchzuckte es Lena in wilder Panik. Mutter! Warum bist du nie da, wenn ich dich brauche? Warum lässt du mich schon wieder alleine, so, wie du mich immer alleine gelassen hast, wenn es
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