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Mordskind: Kriminalroman (German Edition)

Mordskind: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Mordskind: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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ihr hatte. Wir sind dabei, die anderen Fälle zu prüfen. Es gibt eine Menge Leute, die Grund gehabt hätten, sie die Treppe runterzuschubsen.«
    »Finanzbeamtin«, sagte Paula, »das wäre das Richtige für sie gewesen. Steuerfahndung.«
    Jäckle sah jetzt wieder sehr ernst aus. »Paula«, sagte er mit einer seltsam brüchigen Stimme, »ich muß dich auch was fragen.«
    »W… was?«
    »Glaubst du, daß Bosenkow wirklich die Kinder umgebracht hat?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Kürzlich war ein Herr Piepenbrink bei mir und nahm Einsicht in die Vernehmungsprotokolle.« Jäckle hatte einen lockeren Plauderton angeschlagen. »Ein sympathischer junger Mann. Sehr ambitioniert. Warum bezahlst du Bosenkow eigentlich den Anwalt?« Die Frage war ein Schuß ins Blaue gewesen, und Jäckle beobachtete, wie sich Paulas Wangen rot färbten.
    Weil ich ihm was schulde, dachte Paula. Bosenkow hatte bis heute niemandem von ihrer nächtlichen Wanderung im Garten erzählt. Paula schämte sich insgeheim für ihre Zweifel an seiner Unschuld, die sie noch immer von einem Besuch bei ihm abhielten. Mit einem guten Anwalt ist ihm mehr geholfen, sagte sie sich immer wieder, und beschwichtigte so ihr Gewissen. Zu Jäckle sagte sie: »Weil er eine faire Chance verdient. Gegen Monz und alle anderen, die einen Sündenbock brauchen. Vor Gericht wird sich die Wahrheit schon herausstellen.«
    Jäckle verzog gequält das Gesicht. »Du redest Stuß, Paula, und das weißt du auch. In einem Gerichtssaal bekommt man weder Wahrheit noch Gerechtigkeit, sondern ein Urteil.« Er stützte den Kopf auf seine Hände. »Wenn ich damals nicht so übereilt zur Ziegelei rausgefahren wäre …«
    Paula berührte ihn vorsichtig an der Schulter. »Jetzt redest du Blödsinn, aber wie! In der Situation konntest du beim besten Willen nicht anders handeln. Bosenkow hat sich das selber eingebrockt. Auch wenn er Simon nur zufällig im Wald getroffen hat – warum hat er ihn dann nicht sofort zurückgebracht? Er kennt ihn doch! Er mußte doch wissen, daß ich nur um ihn Sorgen mache. Jeder normale Mensch würde das tun.«
    »Die Frage ist nicht, ob Bosenkow normal ist, sondern ob er ein Mörder ist.«
    Jäckles Worte bestätigten Paulas Vermutung, daß sein müdes, graues Aussehen nicht mir das Ergebnis der letzten Nacht war.
    »Bin ich Jesus, oder du?« seufzte Paula.
    »Nein. Aber Monz hält sich dafür, und der hat mehr Einfluß, als man glaubt.«
    »Jäckle, mach dich nicht fertig! Niemand hat schuld an der Sache, du am allerwenigsten.«
    Er nickte ohne viel Überzeugung.
    »Jetzt muß ich gehen. Danke … für alles.« Paula leerte ihre Tasse mit kaltem Kaffee und stand auf. Ein Sonnenstrahl verwandelte die Trompeten nebenan in pures Gold. »Jäckle?«
    »Hm?«
    »Warum ausgerechnet Trompete?«
    »Weil ich meinem Vater auf die Nerven fallen wollte.«
    »Warum denn das?«
    »Er war Schriftsteller, so nennt er sich wenigstens. Heimatdichter, würde man heute sagen. Er war den ganzen Tag zu Hause, und doch nie richtig da, verstehst du, was ich meine? Du redest mit ihm, und er ist in Gedanken gerade irgendwo. Da mußte ich mich bemerkbar machen.«
    »Jetzt wird mir klar, warum Simon neuerdings ein Schlagzeug möchte.«
    »Erst wollte ich Geige spielen, aber in der Woche, als ich das meiner Mutter eröffnet hatte, stand gerade eine Trompete günstig in den Kleinanzeigen. Wir mußten immer aufs Geld schauen. Eigentlich hat meine Mutter den Lebensunterhalt mit Nähen und Bügeln bei anderen Leuten verdient, während der Herr Schriftsteller sich der Muse hingab.« Er lachte kurz auf. »Jetzt sitzt er sabbernd in einem Pflegeheim und wird bald neunzig.«
    »Ich wußte nicht, daß er noch lebt.«
    Seine Mundwinkel zogen sich nach unten. »Fast jeden Sonntag treibt mich irgend was zu ihm hin, frag mich nicht was.«
    Paula fragte nicht, und Jäckle brachte sie zur Tür. Die Hand schon auf der Klinke, sagte er: »Paula, wann hast du eigentlich diesen Vito von eurer Theatergruppe zum letzten Mal gesehen?«
    Die Frage war in ganz neutralem Ton gestellt worden. Paula wurde heiß. Hatte dieses Miststück Doris … »Warum?«
    »Sag mir erst, wann.«
    »Ist schon Monate her. Bei einer Theaterbesprechung, der ersten nach den Weihnachtsferien. Danach ist er nicht mehr erschienen.«
    »Ging es dabei etwas turbulent zu?«
    »Du bist widerlich, Jäckle, weißt du das?«
    »Ja. Das ist mein Job.«
    »Wenn du schon bestens informiert bist«, sagte Paula giftig, »was fragst du dann? Ich bin

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