Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mordskind: Kriminalroman (German Edition)

Mordskind: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Mordskind: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
Vom Netzwerk:
»Okay, wir kommen«, und legte auf. Schließlich war sie erwachsen. Sie konnte nicht verlangen, daß Lilli sie noch immer beschützte und alle ihre Probleme aus dem Weg räumte.
    »Paula!‹, tönte es vom oberen Stock.
    »Was ist?«
    »Wo finde ich denn ein Kindershampoo? Simon möchte baden.«
    »Nimm meins«, schrie Paula übertrieben laut. Sie schlug mit den Fäusten gegen die Wand, während sie die beiden da oben über irgend etwas lachen hörte.
    »Hast du ihr nicht das Band um die Ohren gefetzt?« fragte Lilli erbost, während sie ein Teil nach dem anderen in einem großen Koffer verschwinden ließ. Paula schloß die Augen und verneinte. Die Erinnerung an Doris’ Stimme auf dem Band, die diese schrecklichen Dinge über sie sagte, machte ihr noch immer zu schaffen.
    »Es erschien mir sinnlos«, erklärte sie. Sie saß umgekehrt auf einem Stuhl und beobachtete, wie Lilli im Schlafzimmer herumging und Sachen auf der handgewebten Tagesdecke ihres französischen Betts ausbreitete, um sie halbwegs ordentlich zusammenzufalten. Die Tätigkeit schien sie über Gebühr anzustrengen, denn ab und zu setzte sie sich schwer atmend auf die Bettkante. Trotzdem hatte sie Paulas Hilfe abgelehnt.
    »Ja, stimmt auch wieder«, gab Lilli zu. »Sie wird sich rausreden, und du kannst es ihr nicht beweisen. Ganz schön schlau von ihr. Ich habe sie glatt unterschätzt. Aber trotzdem hat der Tod der Schönhaar ihre Position erheblich geschwächt. Sie ist ihre schärfste Wate erst einmal los.«
    Es tat Paula gut, diese aufmunternden Worte zu hören.
    »Wer hat eine Waffe, Mami?«
    »Simon, geh noch ein bißchen auf die Dachterrasse. Du darfst die Pflanzen gießen.«
    »Was soll ich denn jetzt machen?« fragte Paula, als Simon wieder gegangen war.
    »Gut auf Simon aufpassen«, sagte Lilli. »Du kennst ihre Pläne, das ist doch schon ein Vorteil. Wenn sie dir wirklich mit Vito droht, dann komm du ihr mit ihrem Perückenzauber. Auch wenn man ihr das nicht beweisen kann, sie wird keinen Wert drauf legen, daß Jäckle davon erfährt.«
    »Komisch, daß sie mir das überhaupt erzählt hat«, meinte Paula.
    »Nicht so sehr. Es geschah zu einem Zeitpunkt, als sie absolut siegessicher war. Wenn du mich fragst, war es pure Eitelkeit. ›Schau her, Paula, wie klug ich bin, wozu ich fähig bin, mit mir willst du es aufnehmen?‹ Das wollte sie dir damit indirekt sagen. Und – so absurd es sich anhören mag – du bist die einzige, bei der sie sich mal darüber aussprechen konnte, wie sie wirklich zu ihrem Sohn stand.«
    Paula sagte nichts dazu. Eitelkeit. Das Thema hatten wir doch gestern schon mal.
    »Bist du noch immer entschlossen, nach den Theatervorstellungen wegzuziehen?« fragte Lilli.
    »Nun … auch wenn du mich für feige hältst, Tante Lilli, ja, eigentlich schon. Ich halte diese Atmosphäre nicht aus. Ich kann nicht länger neben Doris wohnen.«
    »Im Moment wohnt sie ja sogar in deinem Haus«, warf Lilli ein. »Das hättest du nicht zulassen dürfen.«
    »Ich weiß auch nicht, wie das alles so weit kommen konnte«, stöhnte Paula und hing dabei schlaff über der Stuhllehne wie ein abgelegtes Kleidungsstück.
    »Wenn man einmal den Anfang zuläßt, dann ist der Rest schwer aufzuhalten«, dozierte Lilli.
    Der Anfang, dachte Paula, was war der Anfang, wo mein erster großer Fehler? Ich hätte nach Max’ Tod mehr Abstand halten müssen. Immerhin habe ich selbst Doris gebeten, sich um Simon zu kümmern. Doch es schien alles so harmlos, so einfach und auch so bequem, ja, nicht zuletzt das. Doris hat genau gewußt, wie schwer es mir oft fällt, Simon zu beschäftigen.
    »Lilli, ich habe Angst. Was wird sie sich als nächstes ausdenken, um mich kleinzukriegen? Daß sie Phantasie hat, das hat sie bewiesen.«
    »Schmeiß sie aus deinem Haus raus und laß dich vor allen Dingen nicht einschüchtern, mehr kann ich dir nicht raten.«
    Als ob das so einfach wäre.
    »Es ist dein Haus, schmeiß du sie raus«, murmelte Paula in einem Anflug kindischen Trotzes.
    »Nein, es ist deins«, entgegnete Lilli, während sie eine knallrote Bluse aus dem Schrank holte. »Gräßliche Farbe«, sagte sie und stopfte sie lieblos zurück.
    »Wieso?« fragte Paula verwirrt.
    »Weil mir Rot nicht steht und weil ich dir das Haus überschrieben habe, vorgestern. Das Haus und ein paar Konten. Es wurde Zeit, sonst zahlst du dich nur dumm und dämlich an der Erbschaftssteuer. Du wirst diese Woche von meinem Anwalt und dem Notar Post bekommen.« Sie faltete, ohne

Weitere Kostenlose Bücher