Mordsmäßig fit
während des restlichen Trainings und in der Dusche nicht mehr los.
Erst als sie nach Hause kam und sich mit einem Glas Saft und einer Tasse Tee auf ihr Doppelsofa setzte, versuchte sie, sie mit Hilfe von Papier und Bleistift zu ordnen. Sie schrieb langsam. Draußen heulte ein später Februarwind durch die Straßen. »Dawns erste Theorie«, schrieb sie: Angenommen, Zack hat niemanden umgebracht. Angenommen, Eloise und Nicole waren ertrunken. Und nur Chantelle war umgebracht worden. Dann... Eine Person odereine Gruppe von Leuten hatte etwas gegen Chantelle Carson gehabt, und der Killer würde bald gefaßt sein. Das war eine Möglichkeit. Mehr oder weniger einfach.
»Dawns zweite Theorie«, schrieb sie: Angenommen, Zack hatte niemanden getötet. Angenommen, alle Frauen sind umgebracht worden. Sie alle hatten etwas gemeinsam, für das sie sterben mußten. Dann... Da sie tot waren, würde es keinen weiteren Ärger mehr geben. Nicht so simpel, aber erträglich.
Sie überlegte einen Moment. Dann schrieb sie weiter. »Dawns dritte Theorie«: Die drei Frauen hatten nichts gemeinsam, außer daß sie Clubmitglieder waren. Das wirkliche Motiv für die Morde hatte nichts mit ihnen zu tun. Sie waren die Opfer, aber SHAPE war die Zielscheibe. Wenn es so war, warum? Und wer steckte dahinter? Nicht simpel. Ominös, mit offenem Ende; vielleicht folgte viel Schlimmeres. Wer? Sie fing an zu zittern. Sie wußte, warum. Sie hatte einen Namen gefunden.
Detective Morgans Arbeitszimmer befand sich nicht einmal im Hauptgebäude, sondern im Anbau; eine teilweise modernisierte Grundschule, einen Häuserblock entfernt. Am nächsten Morgen um neun Uhr wartete Dawn schon auf ihn, als er pfeifend zur Tür hereinspaziert kam, eine Tasse Kaffee in der Hand. »Ich muß mit Ihnen sprechen«, sagte sie. »Aber nur unter vier Augen.« Er führte sie in einen kleinen Konferenzraum. Nachdem sie ihm eröffnet hatte, sie wolle über die Todesfälle in SHAPE sprechen, sagte er, dann müsse er den Rekorder laufen lassen. Dawn verzog das Gesicht. »Das ist alles - wirklich persönlich, Sie wissen, was ich meine?« Er grinste. Bis jetzt sein bester Versuch. Der störrische Gesichtsausdruck verschwand, wurde freundlicher. Wenn er immer so aussehen würde, dachte sie, stiege seine persönliche Ausstrahlung ums Zehnfache.
»Heiß, hm Dawn?« fragte er. »Gott sei Dank hat der Schreibtisch eine Schreibunterlage, die mein Gesabber aufsaugt.« Sie wußte, daß er sie aufzog, versuchte, sie aufzulockern. Trotzdem war sie gereizt.
»Heutzutage endet alles in den Zeitungen«, sagte sie.
»Alles Schlechte endet in den Zeitungen.« Er stellte seinen Rekorder an. »Erfreuliches wird vergessen.« Er blickte ihr direkt in die Augen. »Konzentriert man sich nur auf die Medien, dann fragt man sich, wie die menschliche Spezies überhaupt Tausende von Jahren überstanden hat. Noch schlimmer ist, man fragt sich, warum.«
»Ich fürchte nicht nur um meinen Ruf. Auch um den eines anderen.«
»Ich tue, was ich kann, um kein großes Aufsehen zu erregen.« Er zuckte mit den Schultern. »Aber wir reden von Mord. Sie könnten im Zeugenstand enden. Vor der ganzen Welt.« Sie schluckte. Wie simpel ihr Leben einmal gewesen war. Und jetzt drohte es, außer Kontrolle zu geraten. Er lächelte, sein Finger auf dem Startknopf. »Wollen Sie immer noch losschießen?«
Sie wollte und fragte sich, warum. Es mußte einen guten Grund geben. Der Club! Egal, was all dieser Ärger für sie bedeutete. Auf jeden Fall machte er ihr ihre Prioritäten deutlich - klärte sie. »Fangen Sie an. Nehmen Sie auf«, sagte sie.
Er saß da und schlürfte Kaffee. Der Rekorder lief. Sie erzählte von Hector und sich. Redete um den heißen Brei herum, wenn es um intimere Details ging. Das war unwichtig. Er verstand. Es dauerte eine Weile. Sie brachte ihn auf den neuesten Stand, bis hin zu ihrer letzten Unterhaltung mit Hector, in der er ihr noch einmal nahegelegt hatte, ihre Clubanteile zu verkaufen. »Kurz bevor Eloise St. Martin starb, war er aus Asien zurückgekommen. Seitdem ist sein Interesse brennender und er noch fordernder geworden. Ich habe ihn noch nie so gesehen. Und dann noch die Sache, daß er sich von seiner Frau scheiden lassen will...« Sie wußte, daß sie in der letzten Stunde in allen Schattierungen errötet war. Jetzt wollte sie die Sache einfach nur hinter sich bringen. »Er begehrt mich - für immer - mehr, als ich es je vermutet hätte. Er ist außer Rand und Band, so daß
Weitere Kostenlose Bücher