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Mordsmöwen

Mordsmöwen

Titel: Mordsmöwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sine Beerwald
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immer tus …«
    »Verbeiß dich jetzt sofort in dem Netz und halt den Schnabel!«
    Ich ziehe und zerre, und es gelingt mir tatsächlich, eine Masche nach der anderen aufzubeißen. Endlich ziehe ich Balthasar an den Flügeln aus seiner Gefangenschaft.
    »Danke«, grummelt er, nachdem er wieder festen Boden unter den Füßen hat. Es wurmt ihn sichtlich, dass er, der schlaue Balthasar, sich vom beschwipsten Ahoi helfen lassen musste.
    Wenigstens bin ich schon wieder so weit zurechnungsfähig, nicht noch mehr an seinem angegriffenen Ego zu kratzen, und frage stattdessen: »Un woissas Säckchen jetzt?«
    »Keine Ahnung. Das müssen wir bei Tageslicht suchen. Jetzt fliegen wir besser zurück in unser Hauptquartier. Dass ich in der Falle saß, bleibt aber unter uns, ja?«
    »Abgemacht. Kannich meinen Schnabel halten – nur aaiiins noch …«
    »Ja?«, fragt Balthasar.
    »Fliegdu voraus, bitte. Un kein Wort suu unserem Scheff, oookay?«

DREI
    Am nächsten Morgen sitze ich mit Blick auf den Leuchtturm auf dem Dach des Crêpes-Standes am Südzipfel von Sylt und schaue übers Meer der aufgehenden Sonne zu.
    Verdammt, das blendet … Ich stecke den Schnabel wieder unter den rechten Flügel. Das wird ein Scheißtag, denke ich und verzichte darauf, selbiges meiner Bande zuzurufen, weil jedes laute Wort unangenehm in meinem Schädel widerhallen würde. Wie bitte, Sie meinen, das sei kein Wunder nach dem gestrigen Abend? Was war denn gestern? Ich habe Kopfweh vom Ostwind. Sie erinnern sich doch, was ich Ihnen eingangs erzählt habe? Ostwind. Davon bekommen Möwen Kopfschmerzen – und von nichts anderem. Wehe, Sie erzählen meinem Scheff, dass ich betrunken geflogen bin. Bei Alki drückt er ja beide Augen zu, aber mir rupft er bestimmt alle Federn aus. Ich würde fortan zum flugunfähigen Bodenpersonal gehören. Und damit wäre ich chancenlos bei Suzette. Suzette … Sie ist nicht nach Hause gekommen, hat die Nacht wahrscheinlich in den Flügeln ihres Liebhabers verbracht. Mein leidlicher Trost ist, dass im Moment nicht die Zeit zur Eiablage ist. Seit dieser Mogulis aufgetaucht ist, merke ich erst richtig, wie sehr ich in sie verliebt bin. Ich denke andauernd darüber nach, wie ich sie von meinen Qualitäten als Dauerbrutpartner überzeugen könnte.
    Soll ich vielleicht doch nach Hallig Hooge fliegen? Es wäre ja nicht schlecht, wenn ich ihr ein großes Jagdrevier im Watt bieten könnte.
    Andererseits habe ich keine Lust, mich ums Erbe zu streiten. Natürlich wäre ich im Recht – mir stünde ein Anteil am Jagdgebiet zu, sofern mein Bruder auf dem Nest hocken bleiben will – und das wird er wollen. Aber Recht hin oder her, er würde es mir keineswegs freiwillig geben, weil das wiederum mit großen Nahrungseinbußen für ihn verbunden wäre.
    Ach, was soll ich nur machen? Wie soll ich gegen diesen Mogulis ankommen, wenn ich Suzette nichts außer einem kriminellen Leben bieten kann? Eine Möwe wie Suzette denkt logischerweise zuerst an die zukünftigen Kinder. Wobei aus meinen Kindern bislang immer was geworden ist – auch wenn sie in alle Winde verstreut leben. Nur mit den Weibchen hatte ich bisher Pech. Aber soll ich mich deshalb um einen Nistplatz auf meiner Heimatinsel streiten? Meinen Ruf als bester Späher von Sylt habe ich mir außerdem hart erarbeitet, hart genug jedenfalls, um jetzt nicht im Watt vor Hallig Hooge Würmer aus dem Sand zu ziehen. Würmer. Allein schon beim Gedanken daran wird mir schlecht.
    »Ahoi?«, höre ich die Stimme von Baron Silver de Luft fragen.
    »Darf ich bitte noch ein bisschen schlafen, Scheff?
    »Ahooooi …«
    »Es ist noch so früh, und ich hab so Kopfweh. Der Ostwind, Scheff«, nuschle ich in meine Achsel.
    Ein Flügelschlag trifft mich und haut mich von den Füßen.
    Ich rapple mich auf und gucke hoch. Oha, der Scheff hatte eindeutig schon mal bessere Laune.
    »Es ist Nachmittag, du Schnarchschnabel! Und der Pizzabäcker macht gerade seinen Stand zu, am helllichten Tag. Das ist noch nie da gewesen. Flieg ihm nach und berichte mir, was er so Wichtiges zu tun hat.«
    Ich gähne und strecke erst den einen, dann den anderen Flügel. Ist wirklich schon Nachmittag? »Kann das nicht sonst wer aus unserer Truppe machen?«
    »Siehst du irgendwen? Die sind längst alle auf ihren Posten … außer Suzette. Sie scheint wohl kein Mitglied meiner Truppe mehr sein zu wollen.«
    »Aber warum sind die anderen auf ihren Posten?« Meine Güte, fällt mir das Denken schwer. Hoffentlich sage ich

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