Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mordsmöwen

Mordsmöwen

Titel: Mordsmöwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sine Beerwald
Vom Netzwerk:
dass sie meine Hinterlassenschaften nicht so leicht loswerden.
    »Eines Tages drehe ich einem dieser Viecher den Hals um!« Drohend hebt der Pizzabäcker den Arm, aber auf dem Dach bin ich in Sicherheit.
    »Reg dich nicht auf, Möwenscheiße soll Glück bringen. Was hast du mir denn Schönes mitgebracht?« Fietje deutet auf die Einkaufstüte, die der blonde Pizzabäcker mit sich herumträgt.
    Der nimmt einen in einen Lederlappen eingewickelten Gegenstand heraus.
    »Noch mal Beute fürs Zwischenlager?«, fragt Fietje.
    »Nein, Kumpel. Jetzt kommt Plan B. Eine Walther PPK mit abnehmbarem Schalldämpfer. Die ist klein, passt in jede Damenhandtasche und hat immerhin sechs Schuss im Magazin. Vollmantelgeschosse mit hoher Durchschlagskraft und ohne Mannstoppwirkung, das heißt, du kannst allein mit einer Kugel fünf hintereinander stehende Menschen durchlöchern. War ein gutes Angebot auf dem Schwarzmarkt. Diese ehemaligen Dienstwaffen sind genial, und du kannst dich damit gleich als Bulle fühlen – du hast ja schließlich eine wichtige Mission. Astrein, oder?« Wieder lachen beide.
    »Perfekt«, freut sich Fietje.
    »Jetzt haben wir Knuts Mutter gnadenlos in der Hand. Die können wir auspressen wie eine überreife Zitrone. Was meinst du, wie viel kriegen wir aus ihr raus? Hunderttausend?«
    »Jedenfalls hat die Alte genug Kohle, dass wir dieser Irreninsel den Rücken kehren können und irgendwo im Süden unter Palmen den Rest unseres Lebens nicht mehr arbeiten müssen.«
    »Darauf müssen wir anstoßen«, sagt der Pizzabäcker und legt den Arm um den hageren Fietje. »Lass uns auf der Whiskeymeile was trinken gehen, bevor Plan B verwirklicht wird.«
    »Die gute Frau isst immer um Punkt neunzehn Uhr zu Abend, das ist seit Jahrzehnten so. Sollen wir uns einladen? Ich weiß noch von früher, dass sie sehr gut kochen kann.« Fietje ist von seiner eigenen Idee Feuer und Flamme.
    »Guter Plan. Aber genieß du das Essen mal allein. Ich muss mich auf der Whiskeymeile sehen lassen, ich brauche ja ein Alibi.« Noch einmal dröhnt das Lachen des Pizzabäckers durch den Hafen.
    Es hallt mir noch in den Ohren nach, als ich Richtung Keitum fliege. Dieses Mal werden wir vorbereitet sein. Fietje wird zum Empfang ein wahres Möwenrollkommando erwarten.
    * * *
    Gilt eine einzelne Möwe als Rollkommando? Bin ich eigentlich nur von Dilettanten umgeben? Kann es so schwer sein, als ermittelnde Möwe in der Schoko-Crêpes auf dem zugewiesenen Posten zu bleiben? Ich könnte mit dem Schnabel auf den blanken Stein hauen vor Wut.
    Mein Plan war, Helgi vorzuwarnen, damit er am Haus von Knuts Mutter in Lauerstellung geht. Dann wollte ich nach Hörnum ins Basislager fliegen, um mit meiner Truppe im Rücken zurückzukehren.
    Nun kreise ich stattdessen über Keitum und schreie nach unserem Auswanderer. Wo zum Geier ist Helgi abgeblieben? Weit kann er in diesem kuscheligen Kapitänsdorf ja nicht gekommen sein.
    In Keitum ist die Zeit stehen geblieben. Das liegt wohl auch an der beschaulichen Wattlage des Ortes, fernab der meterhohen Nordseebrandung und des Westerländer Trubels. Der Geist unserer Vorfahren, die früher mit den Walfängern zur See fuhren, schwebt noch heute über Keitum. Wenn ich die schmucken Friesenhäuser betrachte, sehe ich förmlich die Kapitänsmöwen den Giebel entlangschreiten und huldvoll mit dem Flügel winken. Goldene Zeiten waren das, in denen unsere Vorfahren mit fetten Bäuchen nach Hause kamen. Oft genug aber blieben sie auch auf See zurück und galten als verschollen. Helgi wird doch nicht versucht haben, über das Watt zurück nach Helgoland zu kommen?
    Die Keitumer Möwen gleiten wie von einer unsichtbaren Hand gebremst in ruhigem Segelflug dahin, ich bin der Einzige, der mit seinem Geschrei und einem nervösen Kurvenflug die Idylle stört.
    Beim Landeversuch in der Ortsmitte breche ich mir auf dem Kopfsteinpflaster beinahe beide Beine und höre menschliches Lachen. An der Bushaltestelle warten die Touristen in Strandkörben – das ist für sie schon deshalb angenehm, weil die Wartezeit ziemlich lang werden kann, wenn man die Linie davor knapp verpasst hat. Tja, fliegen müsste man können, nicht nur lachen.
    Keitum ist wie Kampen ohne Whiskeymeile. Auch hier reihen sich teure Geschäfte aneinander. Es gibt glitzernden Schmuck, und die Menschen können sich edle Federkleider kaufen. Nur das Nachtleben sucht man vergeblich. Und ich Helgi.
    Dafür entdecke ich etwas anderes. Ich hüpfe näher an das heran, was da

Weitere Kostenlose Bücher