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Mordsmöwen

Mordsmöwen

Titel: Mordsmöwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sine Beerwald
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sitzt ein schwarzes Federvieh und schreit mit der Stimme von Helgi: »Das ist der Knaller hier drin!«
    »Wie bist du denn da reingekommen?«
    Er ruft etwas, was nur unverständlich bei mir ankommt.
    »Ich kann dich nicht verstehen, der Wind …« Ich beuge mich weiter nach vorn. Zu weit. Eine Windböe erwischt mich am Hintern, und ich sause den Kaminschacht hinunter. Ungebremst lande ich auf meinem Kinn, die Beine noch in der Luft, dann knalle ich auf meinen Bauch und bleibe platt wie eine unter die Räder gekommene Möwe liegen. Einen dämlichen Augenblick lang bin ich froh, dass es meinen Schnabel nicht noch einmal erwischt hat, bis mir klar wird, dass ich anstelle von Helgi nur Sternchen vor mir sehe. Ich blinzle, bis das Bild vor meinen Augen wieder klar ist. Ich bin – dem Möwenhimmel sei Dank – erstaunlich weich auf den erkalteten Kohlen inmitten einer gemauerten Feuerstelle gelandet. Einer Feuerstelle, die sich in einem dieser Räume befindet, in denen Menschen meines Wissens nach ihre Beute zubereiten. Zumindest hängen Schinkenkeulen von der Decke, und Töpfe mit Körnern stehen in einer Nische. Nur Helgi sehe ich nicht.
    »Geh schofort mit deinem Arsch von meinem Geschischt runter!«
    »Sorry, Kumpel.« Ich rapple mich auf und trete einen Schritt beiseite.
    Helgi schüttelt sich. »Um deine Frage zu beantworten: So in etwa bin ich auch hier reingekommen – nur bin ich nicht so weich gelandet wie du.«
    »Machst du mir jetzt etwa Vorwürfe? Du hast doch deinen Posten verlassen und bringst uns in Schwierigkeiten. Was hast du hier drin überhaupt zu suchen?«
    »Meine Wurzeln.«
    »Deine … bitte was?«
    »Ich arbeite meine Vergangenheit auf. Im angrenzenden Stall hat mein Urgroßvater zusammen mit Kühen, Schweinen und Ziegen gelebt. Ich habe das Haus nach den Erzählungen meiner Tante wiedererkannt und mich auf die Spuren meiner Vorfahren begeben. Hat mich einer von euch mal gefragt, wer meine Eltern sind? Ich weiß es nämlich nicht. Sie haben das Nest verlassen, als ich noch ein Ei war. Sie haben mich im Stich gelassen und sind von Helgoland abgehauen, weil sie auf dem senkrecht abfallenden Brutfelsen dort eine scheiß Höhenangst hatten. Hast du diesen Wahnsinn jemals gesehen? Die Nester sind wie an die Wand geklebt, unter einem die tosende Nordsee. Das ist echt nur was für Möwen, die auf Hardcore stehen. Meine Tante hat mich auf einem Felsvorsprung ausgebrütet, auf dem gerade mal das Nest Platz hatte, und mir Geschichten von meinem Urgroßvater erzählt, der mit den Sylter Walfängern zur See gefahren war und in genau diesem Haus in Keitum gelebt hat. Es ist alles noch so, wie sie es beschrieben hat.«
    »Bist du des Menschen fette Beute? Du bist einfach so durch das Haus gehüpft und hast dir alles angeschaut? Ist hier drin keiner?« Mir bleibt der Schnabel offen stehen.
    »Hältst du mich echt für so blöde? Nicht nur du kannst die Lage checken. Das hier ist ein Museum, in dem die Menschen alte Dinge sammeln und aufbewahren. Ich kenne das von Helgoland. Ich habe gewartet, bis der Letzte gegangen war und jemand die Tür abschloss. Dann habe ich mich durch den Kamin ins Innere gestürzt und mich ein wenig umgesehen. Als ich durch den Kamin wieder hinauswollte, habe ich festgestellt, dass es nicht klappt. Der Schlund wird nach oben hin viel zu eng, als dass man noch mit den Flügeln schlagen könnte.«
    Ich kann es kaum glauben. »Ja, ich halte dich für blöd!«, kreische ich. »Saublöd sogar! Wenn das hier ein Museum ist, in dem nur tagsüber Menschen sind, dann kommen wir hier vor morgen Vormittag nicht wieder raus. Müssen wir aber, weil der Pizzabäcker und sein Kumpan planen, Knuts Mutter zu überfallen. Fietje hat sogar eine Waffe.«
    »Und dich da einzumischen, hältst du für schlau? Nee danke, da übernachte ich lieber in diesem Museum.«
    »Wir müssen den Typen das Handwerk legen. Womöglich haben sie Mensch-Knut auf dem Gewissen und werden die arme alte Frau jetzt auch noch umbringen. Das müssen wir doch verhindern.«
    »Wir zwei? Bist du von allen guten Geistern verlassen?«
    »Nein, nur Suzette und Jonathan fehlen. Und wenn ich dich nicht hätte suchen müssen, wäre ich längst in Hörnum und hätte die übrige Bande zusammengetrommelt. Wenn Harry mit seiner Spannweite den Fietje angreift und wir in Formation hinterherfliegen, haben wir eine echte Chance. Und jetzt lass uns einen Ausgang suchen.«
    Unmotiviert watschelt Helgi hinter mir her. Wir gelangen in einen Raum mit

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