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Mordsonate

Mordsonate

Titel: Mordsonate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O. P. Zier
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oder richtigen Stelle zum Einsatz kam und die menschliche Fähigkeit zu denken (nicht selten auch Dinge zu erspüren) keineswegs ersetzen konnte.
    Diese Grundüberzeugungen Dr. Labers waren denn auch in seine kleine Begrüßungsansprache vor seinem Team mit eingeflossen, in der er mit größtmöglicher Offenheit und Sarkasmus auch die politischen Hintergründe seiner Bestellung angesprochen hatte, von deren Kenntnis er ohnehin ausgehen durfte, wie ihm sicher auch mehr oder minder übertriebene Berichte über die Schrullen des mit 46 Jahren noch ledigen neuen Chefinspektors vorausgeeiltwaren. Abschließend hatte er es nicht verabsäumt, eindringlich darauf hinzuweisen, dass er zwar vollen Einsatz erwarte, ihm aber auch das Lob für gute Arbeit, das sich in Beurteilungen und Beförderungen niederschlagen müsse, sehr wichtig sei, zumal er aus eigener Erfahrung nur zu genau wisse, dass gerade dieses Lob im Arbeitsstress oft zu kurz komme. Selbst dieser letzte Teil seiner Rede, dem sicher viel von dem Applaus geschuldet war, mit dem seine Leute ihn empfangen hatten, hatte den Kollegen Koller nicht aus seiner Abwehrhaltung gelockt – und auch heute lümmelte Sigismund »Sigi« Koller, 35, etwas abseits von den anderen mit vor der Brust verschränkten Armen auf seinem Stuhl und musterte seinen neuen Vorgesetzten mit finsteren Blicken.
    Nun, Erich Laber, der von manchen seiner Widersacher auch schon mit dem Etikett des »unverbesserlichen Gutmenschen« versehen worden war, verspürte überhaupt keine Lust, sich von einem Sigismund Koller auf dem Kopf herumtanzen zu lassen. Vielmehr war er entschlossen, dem Gruppeninspektor eine angemessene Frist einzuräumen, um von seinen Vorbehalten abzulassen, dem Mann allerdings bei Fortdauer seiner Haltung unmissverständlich zu zeigen, wer in der Abteilung das Kommando führte. Allenfalls würde er auch Mittel und Wege finden, ihn loszuwerden. Insgeheim ging er jedoch davon aus, dass auch Koller bald mit den anderen an einem Strang ziehen werde. In der Regel wurde so etwas nach zwei, drei Wochen bei einem Bier nach Dienstschluss besiegelt.
    Die Hierarchie im Polizeiapparat war nicht von ungefähr durch militärische Dienstgrade gekennzeichnet. Auch ein entschiedener Pazifist wie Chefinspektor Laber hatte sich im Laufe der Jahre in sie hineingefunden und vor allem in Zeiten hoher Arbeitsbelastung durchausauch die Vorteile dieser Organisationsform kennen gelernt.
    Da er in der Mozartstadt noch weitgehend ortsunkundig war, kam es Erich gerade recht, dass kurz vor seinem Dienstantritt mit dem Revierinspektor Josef »Joe« Harlander ein gebürtiger Stadt-Salzburger zur Ausbildung ins Team übernommen worden war, der nun für ihn sozusagen auch den Fahrer abgab. Harlander stand vor seinem 25. Geburtstag und erinnerte Erich an sich selbst in jungen Jahren, auch wenn sie über unterschiedliche Wege zu diesem Beruf gekommen waren. Der Revierinspektor, so entnahm Erich dem Personalakt, hatte nach Matura und Präsenzdienst den zweijährigen Grundausbildungslehrgang für die Verwendungsgruppe E2b absolviert, war dann vier Jahre auf einer Polizeiinspektion in der Stadt Salzburg im Exekutivdienst tätig gewesen und dort durch besondere Leistungen im Kriminaldienst aufgefallen, weshalb er nun, seinem Wunsch entsprechend, befristet zur Ausbildung dem LKA dienstzugeteilt worden war. Da die Stelle gerade jetzt frei geworden war, hatte der Revierinspektor den an sich üblichen einjährigen zusätzlichen Grundausbildungslehrgang für dienstführende Beamte noch nicht absolviert, sondern war dabei, nebenher für das Auswahlverfahren E2a zu büffeln, um danach auf Dauer eine Planstelle zu erhalten. Jedenfalls konnte Dr. Laber davon ausgehen, dass ihn Josef Harlander stets auf kürzestem Weg an jedes Ziel in der Stadt und ihrer Umgebung bringen würde; überdies war ihm der junge Mann auf Anhieb sympathisch gewesen, so wie er seinem neuen Chef begegnet war – offen und ohne Berechnung. Schon bei der zweiten Ausfahrt mit seinem Assistenten, der sich mit Koller eines der üblichen Zweierbüros teilte, hatte Erich von diesem den möglichen Hauptgrund für Kollers Abwehrhaltungerfahren: Der Gruppeninspektor war geradezu ein fanatischer Anhänger ebenjenes inzwischen zurückgetretenen Innenministers, als dessen offener Kritiker Dr. Laber in Polizeikreisen weit über Oberösterreich hinaus bekannt geworden war – erst recht, als er jenen Entschluss gefasst hatte, der kopfschüttelnd als beruflicher Selbstmord

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