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Mordsonate

Mordsonate

Titel: Mordsonate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O. P. Zier
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der DI mit knappem Gruß und vor Atemnot fast röchelnd durch das Vorzimmer ruderte. Im Schlepptau hatte er einen jungen Mann mit reichlich Gel im Haar, der Gerlinde mit einem selbstgefällig und gönnerhaft in die Länge gezogenen »Maaaahlzeit!« bedachte, es aber offenkundig nicht mit seiner Würde zu vereinbaren wusste, die Tür hinter sich zu schließen, wo doch ohnehin sofort eine Sekretärin aufspringen und das für ihn erledigen würde.
    Als die Frau das aalglatte Bürschchen im marineblauen Maßanzug erkannte, bekam sie Herzklopfen: der neue Parteisekretär! Ein Termin, der nicht über ihre Planung gelaufen war, also später nirgendwo aufschiene. Beweis genug, dass Gerlinde Brunners Geheimnis verhandelt würde. Zumal auch der DI so auffallend kurz angebunden war: keine seiner üblichen Fragen nach dem Essen, welches Menü sie denn gewählt habe und so weiter. Geschweige denn eines seiner Scherzchen von der Art, ob er den Kantinenwirt feuern solle, weil ihm kein Anzug mehr passe. Schlimmer noch, er hatte sie doch nicht einmal richtig angeschaut, bei seinem atemlos ausgestoßenen Grußkeucher.
    Gerlinde sackte auf ihrem ergonomischen Bürostuhl ein wenig in sich zusammen. War es jetzt also vorbei? War dieser Bursche heute beim DI, um festzulegen, dass man Frau Brunner opfern würde? Weil Hans Weger Bescheid wüsste und sein Wissen auf alle Fälle ausspielen würde, in seiner aussichtslosen Lage. Und weil man dafür zu sorgen habe, dass diese Geschichte einzig an Gerlinde Brunner hängen bliebe. Diese beschränkte Schreibkraft aus der Parteizentrale, die aus falsch verstandener Loyalität keine Aussage bei der Polizei gemacht hatte, dass der Herr Landtagspräsident doch entsetzlich gewankt war, als er zu seinem Auto … ohne Chauffeur diesmal … oder weil sie sich in ihrer grenzenlosen Naivität gar nicht bewusst gewesen … Egal, sie hatte jedenfalls einen großen Fehler gemacht, den eine christlich-soziale Partei bei aller Nächstenliebe natürlich nie und nimmer tolerieren könne. Gerlinde war mit dem durch und durch zynischen und verlogenen Parteisprachschmus noch immer gut genug vertraut, um sich all das auszumalen.
    Sie atmete tief durch und war nahe daran, an der Verbindungstür zu lauschen, obwohl sie doch wusste, dass deren Innenseite mit einer dicken Lederpolsterung versehen war. Der Schweiß brach ihr aus, und sie lief auf die Toilette, um ihr Make-up wieder in Ordnung zu bringen. Und sofort musste sie daran denken, dass mit dem Blick aus dem Klofenster auf den Parkplatz der Parteizentrale ihr Glück angefangen hatte, das jetzt zu ihrem größten Unglück werden würde. Hätte sie diese verfluchte Rauschkugel von Landtagspräsident bloß nie gesehen – dann wäre sie aber auch niemals als Chefsekretärin in der ENAG gelandet.
    Kaum war sie zurück, meldete sich der DI über die Gegensprechanlage und bat knapp um zwei Espressi. Sonst öffnete er doch immer die Verbindungstür, um Gerlindejovial zu bitten, seinem Besuch und ihm doch eine Probe ihres berühmt guten Kaffees zuzugestehen. Was für eine distanzierte Förmlichkeit heute, mein Gott. Gerlinde versuchte nicht zu zittern, als sie gleich darauf mit dem kleinen Tablett das Chefbüro betrat. Die beiden Männer saßen noch nicht am Besprechungstisch, sondern standen so an der Fensterfront des großen Büros, als würden sie die Aussicht bewundern. Der junge Mann erweckte auf Gerlinde den Eindruck, als würde er ihr durch seine Art, sich zu bedanken, vermitteln wollen, dass er es gewohnt war, von der ganzen Welt bedient zu werden. Aufgeblasener Schnösel, dachte sie, während sie ihn anlächelte und er dieses Lächeln so mit einem abwesenden Kopfnicken quittierte, dass sogar einer beschränkten Sekretärin klar werden musste, dass er längst wieder mit der Lenkung des Weltgeschehens befasst war.
    Nachdem die Frau die Tür hinter sich geschlossen hatte, wies Diplomingenieur Himmelsauer mit einer knappen Bewegung zum Besprechungstisch: »Bitte.«
    Als der DI selbst schon saß und sich eine der kleinen Tassen und ein Wasserglas vom Tablett nahm, stand der Parteisekretär noch vor seinem Aktenköfferchen, ließ den Deckel aufspringen und entnahm ihm ein einzelnes Blatt Papier, mit dem er wie ein Lehrer hinter den Generaldirektor der ENAG trat, bevor er es mit übertriebenem Schwung vor ihn auf den Tisch legte; seine Hand ließ er platt darauf liegen. »Das ist der Spielplan«, sagte er bestimmt und hob seine Hand. »Die sind es. Bitte sich zu

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