Mordspech (German Edition)
eigentlich ganz nett aus.«
»Momentan gehen wir von einer Notwehrsituation aus. Die Frage ist, ob wir eine Anzeige in der Presse schalten, dass sie sich melden soll.«
»Der Chef ist aber strikt dagegen«, wandte Matuschka ein. »Er fürchtet, dass die Frau dann von der Presse als Heldin gegen Neonazis hochgejazzt wird.«
»Das kann passieren.« Hünerbein klappte die Akte wieder zu.
»Was den Hund angeht, haben wir die Tierheime befragt. Da ist nichts. Aber sie werden sich melden, wenn sie einen solchen Hund reinbekommen.«
Die Tür öffnete sich, und die Kommissare sahen auf. Palitzsch kam wieder herein. Zutiefst demoralisiert, wie es schien.
»Ich kann die Kollegen Goerdeler und Paulsen nicht erreichen«, sagte er kraftlos. »Nichts klappt.«
»Vielleicht sollten wir einfach Feierabend machen«, schlug Hünerbein vor. »Neuer Tag, neues Glück, mhm?«
»Ich glaube, ich brauch erst mal einen Cognac.«
»Wir haben hier nur Wodka.« Beylich holte eine entsprechende Flasche aus dem Kühlschrank.
»Meinetwegen. Passt zu den russischen Flugzeugen.« Palitzsch sah Hünerbein an. »Meinen Sie, die fliegen heute wieder?«
»Da bin ich mir sicher.«
»Die muss man doch stoppen können.« Palitzsch schüttelte hilflos den Kopf. »Das gibt’s doch gar nicht! Wieso protestiert die Bundesregierung nicht? Das ist eine Verletzung unseres Hoheitsgebiets. Im Kalten Krieg hätte das mindestens eine politische Eiszeit bedeutet!«
»Der Kalte Krieg ist vorbei.« Beylich schenkte dem Kriminaloberrat Wodka ein. »Und das ist auch gut so.«
»Wo ist eigentlich unser Kollege Knoop?«
»Der«, so erklärte es Hünerbein, »erholt sich mit einer schönen jungen Frau von den Strapazen unserer Ermittlungen.«
»Tatsächlich?«
»Na, seine Monika ist mit den Kindern in den Ferien.« Hünerbein lachte kernig. »Das muss man dann auch ausnutzen, nicht wahr?« Er hob sein Glas. »Prost! Auf unsere kämpferische Oma!«
Die Gläser klirrten.
40 IM ERNST - VON - BERGMANN - KLINIKUM hat die Postdamer Kripo unter Oberkommissar Thomas Hain das Kommando übernommen. Seine Kriminaltechniker suchen schon seit einer Stunde Siggis Krankenzimmer ab.
»Hören Sie!« Nervös renne ich im Gang auf und ab. »Ich kann auch meine Spurensicherung in Berlin verständigen!«
»Glauben Sie, unsere Leute kriegen das nicht hin?« Thomas Hain sieht mich feindselig an. »Weil wir dumme Zonis sind?«
»Das habe ich nicht gesagt.« Ich bleibe stehen und erwidere seinen Blick. »Aber diese Killerin hat in Berlin schon zwei Leute umgebracht. Ich ermittle in dem Fall!«
»Nicht hier«, wiegelt der Potsdamer Oberkommissar ab. »Sie befinden sich im Land Brandenburg. Hier ermitteln wir. Und wenn Ihre Mörderin«, er zeigt auf Siggis Krankenzimmer, »irgendwelche Spuren hinterlassen hat, werden wir sie finden.«
Na hoffentlich, denke ich und wende mich an Susanne Baier, die sich bei den Ärzten nach Siggis Befinden erkundigt hat. »Und? Wie geht’s ihm?«
»Sie haben ihn in ein künstliches Koma versetzt.« Die Psychologin sieht ziemlich aufgelöst aus. »Wir können jetzt nur warten.«
»Wenn Sie was tun wollen«, mischt sich Oberkommissar Thomas Hain wieder ein, »können Sie die Frau ja mal anständig beschreiben.«
»Circa eins siebzig groß, grauer Pagenschnitt«, fauche ich. »Aber das kann eine Perücke gewesen sein. In Berlin hatte sie die Haare jedenfalls anders.«
»Alter?«
»Anfang sechzig.« Ich zucke mit den Schultern. »Vielleicht auch älter, aber ziemlich gut in Schuss.«
»Ganz sicher. Sie ist Ihnen ja davongelaufen.« Hain grient schadenfroh.
»Leider. Sonst noch was?«
»Wissen Sie, was sie wollte?«
»Ihn umbringen wahrscheinlich!« Ich denke angestrengt nach. Ich weiß nicht, wo es ist, hatte Siggi zuletzt gesagt, ich weiß es wirklich nicht. »Die suchen etwas.«
»Wer?« Hain sieht mich fragend an. »Und was?«
»Keine Ahnung!« Die suchen was, und Siggi weiß nicht, wo es ist. Obwohl die Killerin glaubt, dass er es weiß.
Mir fällt Enzo ein. Er hatte erzählt, das Kawelka ein Dossier verfasst hatte, um sich abzusichern. Und er hatte gesagt, dass sie es suchen. Alti papaveri. Große Mohnblumen. Hat Siggi das Dossier?
»Okay!« Ich wende mich von Thomas Hain ab und schnappe mir die Psychologin. »Sie erzählen mir jetzt alles, was Sie wissen!«
»Aber das kann ich nicht.« Susanne Baier macht sich los. »Ich habe eine ärztliche Schweigepflicht.«
»Wollen Sie mich verarschen?« Ich platze gleich.
Weitere Kostenlose Bücher