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Mordspech (German Edition)

Mordspech (German Edition)

Titel: Mordspech (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver G. Wachlin
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und die hieß in seinem Fall:
    MIT MIR STIMMT WAS NICHT !
    Mit anderen Worten: Ausgerechnet er, Siegbert Meyer, hatte die Orientierung verloren. Er kam nicht mehr klar, stolperte durch das Leben wie ein Blinder durch einen Irrgarten und fand sich nicht mehr zurecht. Deshalb war er hier. Wozu gab es schließlich Fachleute?
    »Ich gehe davon aus, dass alles, was wir hier besprechen, vertraulich ist?«
    »Aber natürlich, Herr Meyer. Bitte, setzen Sie sich doch!«
    »Gibt’s hier keine Couch?« Meyer hatte das so in Filmen gesehen. Woody Allen lag immer auf der Couch, wenn er bei seinem Analytiker war.
    »Der Sessel dort ist sehr bequem. Und er lässt sich verstellen. Sehen Sie? Fast eine Liegeposition, sehr angenehm und entspannt.«
    »Ich bin nicht entspannt!« Meyer setzte sich auf die vorderste Kante des Sessels. »Auch nicht, wenn ich liege. Können Sie die Lehne wieder steiler stellen? Dann kann ich mich wenigstens anlehnen.«
    »Aber natürlich. – Besser so?«
    »Ja.« Meyer atmete tief durch. Er saß jetzt im Sessel. Aufrecht, die Lehne im Rücken. Und jetzt? Wie weiter?
    »Erzählen Sie von Ihren Problemen!«
    Na, das ging ja gut los. Wenn er wüsste, was seine Probleme waren, hätte er nicht diese überaus reizende Psychologin aufsuchen müssen. Und wie jung sie war, noch keine fünfunddreißig. Er bezweifelte, dass sie über genug Lebenserfahrung verfügte, um ihm wirklich helfen zu können. Allein ihre Ausstrahlung. Wie ein junges Mädchen, das Ponys liebt. Aber das Leben war nun mal kein Ponyhof, wer wusste das besser als Siegbert Meyer? Das Leben, es war hart, verdammt hart, daran gab es nichts zu deuteln. Besonders seit der Wende.
    »Es ist kein Zuckerschlecken, sage ich Ihnen. Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.«
    »Vielleicht erzählen Sie erst einmal von sich, mhm?«
    »Mhm?«, echote Meyer irritiert. Was sollte dieses aufmunternde »mhm«? Er war schließlich kein Idiot, er brauchte kein »mhm«. Schon seit dem Kindergarten nicht mehr. Ratlos sah er die Psychologin an. Baier hieß sie, Dipl.-Psych. Susanne Baier – er war im Branchenbuch auf den Namen gestoßen und fand ihn passend: Siegbert Meyer und Dipl.-Psych. Susanne Baier. Ein hübscher Reim, jedenfalls ganz nett.
    »Mögen Sie Gedichte?«
    »Aber ja«, antwortete Dipl.-Psych. Susanne Baier lächelnd, »sehr gern. Hölderlin zum Beispiel.« Sie begann zu rezitieren: »Ihr holden Schwäne – Und trunken von Küssen – Tunkt ihr das Haupt – Ins heilignüchterne Wasser.«
    Meyer starrte sie an. »Aber das reimt sich nicht.«
    »Stört Sie das?«
    »Nein.« Meyer klammerte sich an den Sessellehnen fest. »Nein, gar nicht. Ich finde es nur interessant, denn Hölderlin würde heute wahrscheinlich auch zu Ihren Kunden gehören. Der Kerl war vollkommen wahnsinnig.« Er wedelte sich mit den Händen vor dem Gesicht herum. »Geistige Umnachtung hieß es damals.«
    »Halten Sie sich denn«, die Psychologin überlegte einen Moment, »für wahnsinnig?«
    »Nein. Sie?«
    Susanne Baier schüttelte lächelnd den Kopf. Sie wollte etwas sagen, doch Meyer kam ihr zuvor.
    »Aber Sie interessieren sich dafür. Der Wahnsinn ist Ihr Metier. Das haben Sie studiert.«
    »Psychologische Probleme haben nichts mit Wahnsinn zu tun«, stellte Dipl.-Psych. Susanne Baier klar, »sondern eher mit …«
    »Verlorenheit?«, fragte Meyer. »Ist es das? Die Leute kommen nicht mehr klar mit der Welt? Sie haben sich sozusagen geistig verirrt?«
    »Das gibt es sicher auch«, wich die Psychologin aus und schlug – sehr reizvoll, wie Meyer fand – die Beine übereinander. »Aber sprechen wir von Ihnen. Fühlen Sie sich verloren?«
    »Moment!« Meyer hob die Hand. »Ich muss erst ganz sichergehen, dass nichts, aber auch gar nichts von dem, was hier besprochen wird, nach draußen geht. Das ist allein eine Sache zwischen uns beiden, abgemacht?«
    »Das versteht sich von selbst.«
    »Das sagen Sie so dahin …«
    »Aber nein!« Die Psychologin beugte sich vor und strich beruhigend über seinen Unterarm. »Sie müssen mir vertrauen. Wenn Sie mir nicht vertrauen, ist alles umsonst. Und außerdem gibt es eine ärztliche Schweigepflicht …«
    »… an die Sie sich halten?«
    »Natürlich. Ich muss mich daran halten.«
    »Auch wenn Sie gefoltert werden? – Nein!« Meyer sprang entschieden auf und wedelte mit dem Zeigefinger. »Sagen Sie jetzt nicht, dass Sie eine Folter überstehen würden. Das würde ich Ihnen nämlich nicht abnehmen. Niemand übersteht eine Folter,

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