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Mordspech (German Edition)

Mordspech (German Edition)

Titel: Mordspech (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver G. Wachlin
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nicht einmal eine Abmahnung bekommen hat? Und trotzdem die Kündigung kriegt, nur weil sich der Musikstudent Karl besser verkaufen kann!
    »Damit kommst du nicht durch«, verspreche ich ihm. »Mit dieser Nummer kommst du nicht durch!«
    Karl grient mich nur an. Abwarten, Alter, sagt sein Blick. Abwarten.
    »Stimmen wir ab!« Hugo, der Richter, wippt auf seinem Hüpfball. »Wer ist dafür, Uta zu kündigen und dafür Karl zu behalten?«
    Die Arme von Klaus und Bea, Maren und Sabine Goltermann gehen hoch. Und auch Monika gibt ihr Votum für Karl. Ich fasse es nicht!
    »Wer will Uta behalten?«
    Ich hebe meinen Arm, Carlos Lederer und Jana Heidenreich.
    Hugo sieht fragend zu Claudine Stamm. »Was mit dir?«
    »Ich enthalte mich.«
    Das ist kein Wunder. Claudine Stamm enthält sich immer.
    »Gut«, sagt Hugo. »Ich enthalte mich auch. Damit hätten wir dann drei Enthaltungen …«
    »Wieso drei Enthaltungen? Ich sehe nur zwei.«
    »Du musst dich mitzählen, Dieter«, erklärt mir Hugo, der Richter. »Denn deine Frau ist für Utas Kündigung, du aber dagegen. Da ihr aber nur eine Stimme habt, werte ich das als Enthaltung.« Er erhebt sich und verkündet in die Runde: »Ich stelle also fest: Wir haben drei zu zwei Stimmen bei drei Enthaltungen, somit ergibt sich ein klarer Mehrheitsbeschluss für Utas Kündigung. Ich bitte das zu protokollieren und beende unseres Sitzung um …« Er schaut auf die Uhr. »… dreiundzwanzig Uhr vierzig. Vielen Dank!«
    »Habe ich’s nicht gesagt«, stellt Jana Heidenreich fest, als wir draußen wieder eine rauchen. »Karl setzt sich durch.«
    »Ja, weil du …«, bei »du« sehe ich finster Monika an, »… für diesen Idioten gestimmt hast.«
    »Ich habe nicht für den Idioten gestimmt«, erwidert Monika, »sondern für die Jugend. Ich denke, man muss den jungen Leuten auch mal eine Chance geben.«
    »Das war aber eine üble Intrige«, sagt Jana Heidenreich.
    »Genau«, bekräftige ich, »dieser supernette Karl hat noch nicht einmal den Arsch in der Hose gehabt, sich Uta zu stellen. Er hat die direkte Konfrontation immer gescheut und stattdessen hinterrücks ihre Entlassung betrieben. Dass er damit durchgekommen ist, ist eine Schande für uns und überhaupt!«
    »Was hast du erwartet, Dieter?« Jana Heidenreich zieht abgeklärt an ihrer Zigarette. »Neunzig Prozent der Menschheit ist verkommen und saudoof. Dass die bei ihrer schier grenzenlosen Blödheit trotzdem bis heute überlebt hat, liegt einzig und allein an den restlichen zehn Prozent, die den Karren bislang immer wieder aus der Scheiße gezogen haben. Hoffen wir, dass die nicht irgendwann mal die Lust verlieren.« Sie sieht uns an. »Gehen wir einen trinken? Ich habe meinen Babysitter bis eins.«
    Na denn. Ich hake meine abtrünnige Monika rechts und Jana Heidenreich links unter. »Auf geht’s, Mädels. Ertränken wir die Schande dieses Abends in Alkohol.«

44    NIEMAND WUSSTE genau, wie lange der Hund dort schon saß.
    Am frühen Morgen hatten sich einige Anwohner von dem ewigen Gekläffe gestört gefühlt und die Fenster geschlossen. Einige erzählten später, sie hätten von heulenden Wölfen geträumt.
    Als der Gemüsehändler Süleyman Birdal gegen fünf Uhr am Kottbusser Damm seinen Stand aufbaute, fiel ihm der an einen Laternenpfahl angebundene Hund auf, weil er ihn erwartungsvoll ansah und ein wenig winselte. Birdal vermutete, der Kampfhund gehöre zum Wachpersonal des Automatenkasinos gegenüber, und achtete nicht weiter drauf.
    Später machten sich einige Schulkinder einen Spaß, indem sie den Hund mit Steinen bewarfen, was der mit Jaulen und wütendem Gebell quittierte.
    Süleyman Birdal scheuchte die Kinder weg und wollte sich im Automatenkasino nach dem Besitzer des Tieres erkundigen. Doch das Casino hatte noch geschlossen.
    Am späten Vormittag fiel der weiße Kampfhund erneut auf, weil er sich mit einem vor einem Friseurladen wartenden Königspudel ein lautstarkes Bellduell lieferte.
    Gegen Mittag schlief der Hund fest und wachte nicht einmal auf, als ein Student, der im »Moviemento« die Filmvorführtechnik wartete, sein Fahrrad an der Laterne anschloss.
    Nachmittags betrachteten sich die Betreiber des Kasinos den Hund fachmännisch, doch als sich einer der Männer zu sehr näherte, wurde er mit grimmigem Geknurre wieder auf Abstand gebracht. Die übrigen lachten.
    Später beschwerte sich eine Aktivistin der Tierschutzorganisation PETA bei Süleyman Birdal über den Hund. Es sei inhuman, das Tier den

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