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Mordspech (German Edition)

Mordspech (German Edition)

Titel: Mordspech (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver G. Wachlin
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Demokratie, die zu einer Wertegemeinschaft skrupelloser Arschlöcher verkommen sei.
    »Ich komme nicht mehr klar«, wiederholt er und trinkt seinen Whisky aus. »Nicht mehr nur mit dem Wandel nicht, mit dem Zusammenbruch der DDR , nein, es ist schlimmer – noch einen?« Er winkt mit der Whiskyflasche.
    »Na gut.« Ich schiebe ihm mein Glas hin. Auf einem Bein kann man schließlich nicht stehen.
    »Was ich sagen will, ist«, Siggi schenkt ein, »ich sitze zwischen allen Stühlen. Gefangen in alten Loyalitäten. Ich sehe zu, wie die Dinge aus dem Ruder laufen, und bin wie erstarrt.« Er hebt sein Glas, trinkt aber nicht. »Die Dinge stinken, aber ich rieche nichts mehr. Ich will nichts mehr riechen, obwohl ich kotzen könnte. – Alles klar?«
    Nicht wirklich. »Du kommst mit dir selbst nicht mehr zurecht«, vermute ich und werfe noch einen verstohlenen Blick auf die Uhr. »Das ist das Problem.«
    »Das ist mir noch nie passiert!« Siggi springt wieder auf. »Und weil es mir noch nie passiert ist, war es mir auch nicht klar. Ich habe lange gebraucht, um das endlich zu begreifen. Ja, ich bin das Problem. Und ich werde es lösen! Deshalb habe ich es getan!« Er lehnt am Fenster, sieht hinaus. »Ich habe es wirklich getan! Schöne Scheiße!«
    Allmählich beginne ich, mir Sorgen zu machen. »Was hast du getan, Siggi?«
    »Ich mach den Woody Allen!« Siggi lacht bitter auf. »Unglaublich, was? Aber ich sehe für mich keinen anderen Ausweg mehr. Du, die haben da auch keine Couch, sondern nur einen Sessel. Den man in Liegeposition schieben kann.«
    Ich verstehe kein Wort. Er macht den Woody Allen? Was soll das denn heißen?
    »Analyse«, hilft mir Siggi auf die Sprünge, »ich gehe jetzt zum Psychologen! Ich weiß nicht, ob’s hilft, aber ein Versuch kann nicht schaden …«
    Jetzt falle ich vor Lachen wirklich fast vom Stuhl. Siggi geht zum Psychologen, das ist ja nicht zu fassen! Ausgerechnet der! Da bin ich ja mal gespannt, wer dann am Ende wirklich mit den Nerven fertig ist. Doch wohl eher der Psychodoktor – ich schmeiß mich weg!
    »Ja, jetzt lachste! Hahaha«, macht Siggi enttäuscht, »ich will dir mein Herz öffnen, meine verletzte Seele, und du lachst. Hätte ich mir ja denken können. Du bist und bleibst eben ein oberflächliches Arschloch. Statt dass du mal darüber nachdenkst, was für ein großer Schritt das für mich war. Dass du mal honorierst, dass ich an mir arbeiten, dass ich mich womöglich verändern will …«
    »Toll«, wiehere ich, »doch, find ich gut. Ganz großartig finde ich – hihihi – das …« Ich kann nicht weitersprechen, da mein blödes Handy drauflospiept. Kichernd ziehe ich es hervor und halte es mir ans Ohr: »Kn-hihihi-hoop?«
    »Hihihi-Hünerbein«, kommt es schroff aus dem anderen Ende der Leitung, oder muss man heute sagen, vom anderen Ende der Funkwelle? »Was ist denn so spaßig? Geht’s Melanie besser?«
    Das will ich hoffen. »Sie hat mir von einem Ludger erzählt. Der könnte ein Motiv haben. Sie hat ihm einen Korb gegeben.«
    »Klar, ich hab auch immer alle Mädels erschossen, die nicht so wollten wie ich. Das ist eine ganz normale Reaktion. Dass ich da noch nicht drauf gekommen bin.«
    Den Spott kann er sich sparen, denn: »Vielleicht ist der Kerl nicht normal?«
    »Durchaus nicht. – Ludger, sagst du?«
    »Genau.«
    »Gut, dann vergiss den jetzt mal! Wir treffen uns im Restaurant Wartburgstraße 19. Und zwar subito!«
    »Ich hab schon gegessen, Harry. Außerdem will ich zu Melanie, Monika ist jetzt ganz allein da mit ihr im Krankenhaus, und ich will nicht …«
    »Herrgott, da wird kein Killer kommen!« Hünerbein scheint mies gelaunt. »Das hat mir Palitzsch vorhin sehr nachdrücklich ausgeredet. Deine Tochter ist aus der Schusslinie. Sie wird nicht bedroht. Und nun komm aus der Hüfte, ich warte!« Damit legt er auf. Widerspruch zwecklos.
    »Musst du weg?« Siggi überlegt, ob er sich einen dritten Whisky genehmigt.
    »Ja«, nicke ich, »leider. Dabei war es gerade so interessant mit dir.«
    »Um nicht zu sagen lachhaft.« Er ist beleidigt. »Kannste mir ruhig sagen: Du findest mich lachhaft. Lächerlich. Albern.«
    »Nein, gar nicht«, beteuere ich, »es kommt nur so überraschend.« Ich nehme meine Jacke. »Wir reden morgen weiter, okay? Und pass auf die Kinder auf! Die müssen nachher noch mal aufs Klo. Leihste mir deinen Wagen?«
    »Wieso? Ist deiner kaputt?«
    »Das nicht. Aber vielleicht will ich auch mal James Bond spielen.«
    »Besser nicht. Der

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