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Mordspech (German Edition)

Mordspech (German Edition)

Titel: Mordspech (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver G. Wachlin
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eine Laterne über dem Eingang verbreitet rötlich schummriges Licht. Darunter gibt es eine schmale Klingel. Drückt man sie, öffnet sich eine kleine Klappe in der Tür, und eine etwas verlebt wirkende Blondine nicht genau definierbaren Alters schaut heraus. Natürlich identifiziert sie uns sofort als Bullen.
    »Ihr seid doch hoffentlich nicht dienstlich hier?«
    »Leider doch, Daisy.« Ich hebe bedauernd die Hände. »Wir müssten uns mal unter deinen Gästen umschauen.«
    »Unmöglich, Männers!« Daisy schüttelt entschieden den Kopf. »Meine Existenz ist die Diskretion. Wenn ick da nicht pingelig bin, kann ick den Laden dichtmachen.«
    »Dagmar«, werde ich dienstlich, indem ich sie mit ihrem richtigen Vornamen anrede, »es geht um Mord. Du musst uns einlassen!«
    »Mord? Das ist ja furchtbar!« Daisy macht große Augen und entriegelt die Tür. »Aber nur, weil du’s bist, Didi.«
    »Vielen Dank, Daisy.« Wir leben im selben Kiez, da kennt man sich. Oberflächlich nur, wie man Nachbarn eben kennt. Man trifft sich auf der Straße, beim Einkaufen oder abends in der Kneipe. Und ich erinnere mich nicht, ihr jemals berichtet zu haben, bei der Kripo zu sein. Aber wer ein Geschäft wie Daisy führt, muss vermutlich eine Nase für so was haben. Neugierig mustert sie Hünerbein.
    »Ist der Dicke dein Chef?«
    »Der Dicke ist mein Partner. Rein beruflich natürlich.«
    »Wieso haste mir den noch nich vorjestellt?« Daisy erwidert die Blicke des glückselig grienenden Hünerbein und reicht ihm galant die Hand. »Bonne nuit, Monsieur le Commissaire.«
    »Danke gleichfalls«, stammelt Hünerbein, »bin erfreut, Ihre Bekanntschaft zu machen, Madame. Sehr erfreut.«
    Das hätte ich mir denken können: Daisy ist genau sein Typ. Blondiert und sehr mütterlich, ein altersloses Berliner Nachtgewächs, und auf ihre Art durchaus attraktiv.
    »Wer wurde denn ermordet?«, erkundigt sie sich besorgt. »Etwa jemand aus der Nachbarschaft?«
    »Sagt dir der Name ›Kawelka‹ was?«
    »Fritze Kawelka? Der Reporter?«
    »Genau der.« Ich sehe mich in Daisys Laden um. Kunstvolle Rosen auf schwarz getünchten Wänden, dezent beleuchtet von mit viel Strass und Glasperlen behängten Stehlampen zwischen Fauteuils und Sitzgruppen aus türkisfarbenem Samt. Aus unsichtbaren Boxen strömt dezente Musik, Easy Listening der sechziger und siebziger Jahre, Songs wie »Here I Am« von Dionne Warwick und »Tryin’ To Get The Feeling Again« von Barry Manilow.
    Ein paar rothaarige Mädchen in Hotpants und knappen Bikinis schäkern kichernd mit japanischen Geschäftsleuten, und eine hübsche Mulattin verschwindet gerade mit einem Freier im Obergeschoss. Die indirekt beleuchtete Bar neben der Treppe ist in verschiedenen Rottönen gehalten. Am Tresen füllt ein blutjunges thailändisches Mädchen mit langen schwarzen Haaren Sekt in schlanke, zerbrechlich wirkende Champagnerflöten.
    »Nun guck nich so skeptisch, Didi. Meine Mädels sind alle volljährig und sozialversichert.« Daisy hockt sich auf einen der Barhocker. »Also, was ist denn nun mit dem Fritze? Isser wirklich tot?«
    »Mausetot«, nicke ich bekümmert. »Er wurde umgebracht.«
    »Umjebracht?« Daisy starrt uns betroffen an. »Wer macht denn so wat?« Sie schüttelt den blondierten Kopf. »Mann, det war doch’n Witz: Fritze, hab ick zu ihm letztens noch jesacht, Fritze, du oller Angeber, wennde imma so rumwühlst in fremder Leute Jeschichten, machense dir noch kalt. Und jetzt kommt ihr mit so’m Ding!«
    »Ja, schlimme Sache.« Ich zünde mir eine Zigarette an. »Sieht nach Auftragsmord aus.«
    »Ick kann det jar nich … – Ick brauch erstma’n Schnaps!« Sie winkt ihrer Bardame und sieht uns fragend an: »Wollt ihr ooch wat trinken? Eher nich, wa? Ihr seid ja im Dienst.«
    »Ach, ein Bier kann nicht schaden.« Ich sehe Hünerbein an. »Nicht wahr, Harry?«
    Der starrt noch immer unverwandt auf Daisy und ist nur schwer zu wecken.
    »Harry!«
    »W-was?«
    »Bier?«
    »Oh ja, gern. Vielen Dank.«
    »Mach uns mal zwei Bier und für mich’n Cognac, Schätzchen«, sagt Daisy zu ihrer thailändischen Bardame und wendet sich uns wieder zu. »Der arme Fritze. Wisst ihr schon, wer’s war?«
    Natürlich nicht. »Wären wir sonst hier?«
    »Woher soll ick wissen, wo ihr sonst wärt. Jefällt’s euch?«
    »Sehr schön«, sagt Hünerbein, »wirklich sehr nett.«
    »War Kawelka öfter hier?«
    »Mehrmals die Woche. War’n Stammgast, sozusagen.« Daisy wartet, bis die Thailänderin uns die Biere

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