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Mordspech (German Edition)

Mordspech (German Edition)

Titel: Mordspech (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver G. Wachlin
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vorher explodierte. »Vielleicht war es eine Warnung. So nach dem Motto: Lehnt euch mal nicht zu weit aus dem Fenster, sonst knallt’s beim nächsten Mal richtig. Das würde auf jeden Fall erklären, warum der Zünder durch das Tür- statt durchs Zündschloss ausgelöst wurde. Denn so blöd«, da ist sich der ehemalige Kriminalmajor der Volkspolizei sicher, »sind wir Ossis nicht.«
    »Stimmt«, pflichtet ihm sein alter Kollege Matuschka bei, »und technikfeindlich war’n wir auch nie. Im Gegenteil, bei dem Mangel bei uns war Erfindungsgeist gefragt. Und wie!«
    »Vielleicht waren es ja auch gar keine Stasileute.« Hünerbein schiebt seinen leergegessenen Teller von sich. »Will noch jemand einen Schwedeneisbecher?«
    »Au ja«, freut sich Matuschka. »Das ist übrigens das einzige Lokal im Westen, in dem es den guten alten Schwedeneisbecher gibt. Und wem haben wir das zu verdanken?«
    »Na ja, es gab mal eine Zeit«, sinniert Beylich, »da waren die Jugoslawen unsere Waffenbrüder. Freunde im Kampf um den Sozialismus. In dieser Zeit muss Ulbrichts Lieblingseis über die Alpen gekommen sein.«
    »Quatsch«, winkt Matuschka ab, »das lag allein an mir. Ich bin hier mal zum Wirt und habe ihn gefragt: ›Sag mal, warum machst du eigentlich keinen Schwedeneisbecher?‹ Ich wusste doch nicht, dass es den nur bei uns gab. Ich dachte, das sei ein international anerkanntes Dessert. Aus Schweden. Wieso heißt es sonst Schwedeneisbecher?«
    »Weil während der Olympischen Winterspiele 1952 die schwedische Nationalmannschaft die westdeutsche im Eishockey besiegt hat«, erklärt Beylich. »Das hat Ulbricht damals so gefreut, dass er sich«, er fängt an, lautstark im Ulbricht’schen Duktus zu sächseln, »– nu – gesoocht hat, zur Ähre des schwädischen Volgges unsoweidrunsofordd, nänne isch mein Lieplingseis Vanille mit Appelmus gurrzerhand – nu – Schwädeneisbecher …«
    Matuschka und Beylich amüsieren sich köstlich, Hünerbein und ich dagegen gucken uns nur hilflos an. Da wird wohl noch viel Wasser die Spree hinunterlaufen müssen, bis sich unsere Brüder und Schwestern im Osten von ihrer DDR erholt haben.
    »Glaubt mir, es war nicht alles schlecht bei uns …«
    »… zum Beispiel eure effektive kriminalistische Ermittlungsarbeit«, unterbreche ich Beylich. »Hast du was herausgefunden?« Denn deshalb habe ich mich hierher in diese Balkan-Polka-Hölle begeben. »Irgendwelche bahnbrechenden Erkenntnisse?«
    »Na, ich habe mich mal über die mögliche Tatwaffe schlaugemacht.« Beylich zieht sein Notizbüchlein hervor und blättert darin herum. »Danach waren die achtundfünfzig gestohlenen Gewehre der Accuracy International für die SFOR -Truppe der Bundeswehr – Moment mal, hier hab ich es«, er schlägt eine Seite auf, »– leicht modifizierte Distanzwaffen des Typs AWM Strich  F , das heißt Arctic Warfare Magnum, das F steht für Folding Stock. Bei der Bundeswehr werden diese Waffen seit Anfang des Jahres unter dem Kürzel G 22 geführt.« Er steckt sein Notizbuch wieder weg. »Ein Großteil der entwendeten Waffen ist noch auf dem Balkan wieder aufgetaucht, leider in den falschen Händen. Zwei Gewehre konnten auf einer illegalen Waffenmesse in Sankt Petersburg von der russischen Miliz sichergestellt werden, der Rest ist tatsächlich im Schwarzmarkt versickert.«
    Er unterbricht sich, denn am Tisch steht der Kellner und räumt die leeren Teller ab.
    Hünerbein sieht mich fragend an. »Willst du auch was?«
    Ich winke ab.
    »Dann drei Schwedeneisbecher für drei wackere Kommissare«, ruft Hünerbein launig gegen das dramatische Orchester aus den Boxen an, »aber ordentliche Portionen, bitte!«
    »Drei Schwedenbecher«, brüllt der Kellner, »kommen sofort!« Er zieht wieder ab, und Beylich fährt, so leise es eben geht bei dem Lärm, fort:
    »Vor zwei Monaten wurde ein Iraker aus einer Distanz von mehr als tausend Metern in Köln erschossen. Die genaue Identität des Opfers ist nicht bekannt. Und im Hamburger Hafen starben kürzlich zwei russische Geschäftsleute, die im Zusammenhang mit der Plutoniumaffäre stehen, ebenfalls durch einen Scharfschützen. Beide Male könnte ein Artic Warfare benutzt worden sein, und in beiden Fällen ermittelt das BKA . Ich habe die Daten unseres Kalibers zum Abgleich an das Bundeskriminalamt nach Wiesbaden schicken lassen, vielleicht kommt dabei ja was heraus.«
    »Haben wir was über Berufskiller und Scharfschützen in den Archiven?«
    »Nicht viel«, winkt

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