Mordspech (German Edition)
und plötzlich … Alter, ey!« Er schüttelt noch immer fassungslos den Kopf.
»Ja, was denn?«
»Die hat den Fidschi jemacht«, sagt der Jüngere, »voll die Kung-Fu-Nummer, so mit’m Fuß. – Zack! Weg war’n wa.«
»Und dann hat sie Sie angezeigt?«
»Quatsch! Anjezeigt hat uns die Schwuchtel.«
»Und wo ist die …« Ich suche ein anderes, korrekteres Wort für Schwuchtel und entscheide mich für: »… Frau?«
»Frau! Pfff …« Der ältere der Skinheads tippt sich gegen die Stirn. »Det war’n Kerl, Mann! ’n Kerl im Weiberfummel.«
»’ne Tunte eben«, nickt Hünerbein verständig.
»Total pervers, ey! Da konnten wa nich einfach vorbeijehn.«
»Weil Sie den Kerl geil fanden? Anziehend?«
Die Bomberjacken starren mich entgeistert an.
»Oder sind Sie nicht schwul?«
»Wat?« Die beiden können es kaum fassen. »Sehen wir etwa schwul aus, Alter, oder was?«
»Total«, erwidere ich, »schwuler als schwul. In ›Toms Bar‹ wären Sie beide die absoluten Kings. Waren Sie da schon mal im Darkroom? Tolle Sache, was?«
Die beiden glotzen mich nur noch irritiert an.
»Na, lassen wir das«, lenke ich ein, »zurück zum Thema: Wo befindet sich denn der Mann, an dem Sie nicht vorbeigekommen sind, jetzt?«
»Den ha’mse wegjebracht.«
»Wer und wohin?«
»Der Rettungswagen hat ihn abgeholt«, sagt einer der Uniformierten. »Der musste ins Krankenhaus.«
»Verstehe«, nicke ich, »deshalb die Anzeige. – Und diese ältere Dame«, wende ich mich wieder an die Jungs, »wo ist die?«
»Keene Ahnung.« Die Jungs zucken die Schultern. »Abjehauen wahrscheinlich.«
»Die Oma ist abgehauen.« Hünerbein schüttelt den Kopf. »Die haut erst diese Nazis hier um und türmt. – Na, wer’s glaubt …«
Er beugt sich zu den beiden vor wie eine verärgerte Bulldogge und schnauzt drauflos.
»Ich will euch mal sagen, wie das hier gelaufen ist: Ihr habt Ärger miteinander gehabt. Ihr zwei«, er zeigt erst auf die Jungs und dann zum Waggon, »und der da drin. Kleine Schlägerei, und plötzlich ist einer tot. Tja, so ist das manchmal, und dafür werdet ihr euch verantworten müssen.«
Er wendet sich angewidert ab und befiehlt den Polizisten: »Abführen, aber zügig!«
Die Polizisten machen die beiden Skinheads los und verlassen mit ihnen den Bahnsteig.
»Eine Oma!« Hünerbein schüttelt den Kopf. »Halten die uns für bescheuert oder was?«
»Ist der Fall so klar?«, frage ich ihn.
»Sonnenklar.« Hünerbein ist außer sich. »Und wegen so was holen die uns aus dem Bett!«
Ja, da will uns jemand beschäftigen, denke ich. Damit wir nicht weiter in heikleren Dingen ermitteln. Wer will was warum vertuschen? Das ist die Preisfrage. Ich sehe Hünerbein an.
»Was hältst du von einem kleinen Ausflug ins Oderbruch?«
»Was? Jetzt?«
»Ist doch noch früh. Und wir haben schöne Stullenpakete dabei.«
»Sardsch!« Hünerbein zeigt mir mahnend seinen Zeigefinger. »Du weißt, wir sind raus aus dem Fall.«
»Wahrscheinlich aus gutem Grund«, nicke ich. »Und genau das interessiert mich.«
»Mhm.« Hünerbein nickt nachdenklich. »Mich auch.«
»Privater Ausflug«, locke ich ihn. »Guck mal, da kommt sogar die Sonne raus.«
»Ja«, pflichtet er bei, »heute soll es mal nicht regnen.«
»Das richtige Wetter für ein Picknick.«
»Picknick.« Ich wusste, dass Hünerbein begeistert darauf einsteigen würde. »Du, da brauchen wir noch Obst und ein bisschen Wein. Gebratene Hähnchenkeulen und so.«
»Vom mir aus.« Zufällig kenne ich eine Hähnchenbraterei auf dem Weg dorthin. Ein Tipp vom Kollegen Beylich. Der wohnt in der Gegend. »Am Bahnhof Lichtenberg gibt’s noch richtige Ost-Goldbroiler.«
»Das ›Ost‹ kannste dir sparen. Goldbroiler sind Osten pur.«
»Und sehr lecker! Da bekommen wir auch Hähnchenkeulen en masse.«
»Und Obst kriegen wir im Biomarkt. Ich esse nämlich nur noch Biogemüse, weißt du?«
Es sei denn, es ist keines greifbar, denke ich. Wenn er Hunger hat, isst Hünerbein alles.
Ich strecke meinen Kopf wieder in den S-Bahn-Zug. »Beylich, Matuschka? Kommt ihr hier allein zurecht?«
»Aber klar doch«, rufen die unisono zurück.
»Bestens!« Ich sehe Hünerbein an. »Dann können wir los!«
»Das Oderbruch«, doziert er, »soll eine wirklich hübsche Gegend sein.«
Wenn es nicht gerade überflutet ist, sicher. Mal schauen, wie weit wir kommen.
27 DER WEG durch die Stadt ist mühsam. Weil Hünerbein unbedingt sein Bioobst kaufen will und Mitglied in einer
Weitere Kostenlose Bücher