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Mordspech (German Edition)

Mordspech (German Edition)

Titel: Mordspech (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver G. Wachlin
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amerikanischen Rockband No Doubt wurde schon den ganzen Sommer in den Radios rauf und runter gespielt. Nicht sprechen, das passte.
    »Don’t speak
    I know just what you’re saying
    So please stop explaining
    Don’t tell me ’cause it hurts
    Don’t speak
    I know what you’re thinking
    I don’t need your reasons
    don’t tell me ’cause it hurts.«
    Ein Wahnsinn, dachte Susanne Baier. Das Gute, es schien nur noch in winzigen Rudimenten zu existieren, in kleinsten Zellen, wie Siegbert Meyer. Ihr wurde schwindlig bei dieser Erkenntnis.
    Wie er da gelegen hatte, in seinem Krankenbett, zwischen medizinischen Geräten und Schläuchen: schmal und bleich. Nahezu rührend schwach und schwer getroffen. Und doch von einem unerschütterlichen Lebensmut erfüllt. Ein angezählter Kämpfer für das Gute auf völlig verlorenem Posten. Ohne Chance und dennoch voller Optimismus. Wie anmaßend war es von ihr gewesen, diesen Mann heilen zu wollen. Dieser Mann war Heil. Er wehrte sich. Er hatte erkannt, worum es ging. Und deshalb wollten sie ihn töten.
    Vier Stunden lang hatte er ihr alles erzählt. Wer er war, woher er kam. Vom Kindergarten bis heute. Wie er sein Leben lang an eine glücklichere, bessere Welt geglaubt hatte, in der jeder nach seinen Bedürfnissen und nach seinen Fähigkeiten leben konnte. In einer Welt ohne Zwänge, ohne Angst. Wie er sein Leben auf diesen Traum ausgerichtet hatte, und dabei auch mal über das Ziel hinausgeschossen war.
    Natürlich hatte auch er Fehler gemacht, war zu ungeduldig, wollte zwingend etwas erreichen. Aber das Glück lässt sich nicht zwingen. Das Glück braucht Zeit und Geduld. Meyer war sich dessen bewusst geworden. Er war ein Mann, der aus seinen Fehlern gelernt hatte, der sein Scheitern als eine wichtige Lehre, als Bereicherung begriff. Er hatte den Kampf aufgenommen, und nun wollten sie ihn vernichten. Das, so hatte er gesagt, sei der Preis. Wer es mit dem Bösen aufnimmt, hat kein leichtes Sein. Für sie bin ich ein Verräter. Sie werden mich immer bekämpfen. Mir bleibt nur die Wachsamkeit und der Widerstand.
    Finde Knoop!
    Mit kreischenden Reifen stoppte Susanne Baier den Wagen in der Keithstraße.
    »Der Polizeipräsident von Berlin« stand respekteinflößend auf einem Schild neben der Eingangstür, » LKA 1 , Delikte am Menschen« . Das Gebäude wirkte wie ein großes barockes Stadtpalais, viel Stuck und Putten. Wären nicht die grünen Schilder und die lange Reihe parkender Streifenwagen vor dem Haus, käme man kaum auf den Gedanken, vor einer Kriminaldienststelle zu stehen.
    Erst drinnen sah es aus wie in einer typischen Polizeibehörde: Absperrgitter, ausgetretene Linoleumböden, abgewetzte Geländer und Wände, die dringend mal wieder einen neuen Farbanstrich bräuchten. In einem grünen Kasten saß hinter Glas ein Uniformierter. Susanne Baier wandte sich hilfesuchend an ihn.
    »Knoop?« Er sah in einem dicken Hefter nach. »Kriminalhauptkommissar Knoop?«
    »Hans Dieter Knoop.« Susanne Baier versuchte, das nervöse Zittern in ihrer Stimme zu unterdrücken. »Den polizeilichen Titel oder Rang oder wie Sie das hier nennen, weiß ich nicht.«
    »Schon gut«, antwortete der uniformierte Pförtner beruhigend, »wir haben hier nur einen Knoop bei der Mordkommission. Ich ruf mal oben an.« Er griff zu einem Hörer und wählte eine kurze Nummer. Sie war höchstens vierstellig.
    Wahrscheinlich eine Hausleitung, dachte Susanne Baier angespannt.
    »Ja, Kampeter hier, die Pforte. Hier ist eine junge Frau, die den Kriminalhauptkommissar Knoop sprechen möchte. – Mhm. – Moment!« Er sah die Psychologin durch sein Fenster an und fragte: »In welcher Angelegenheit?«
    »D-das möchte ich lieber dem Herrn Knoop persönlich …«
    »Das will sie dem Knoop selber sagen«, krähte Kampeter in den Hörer. »Ist er …? – Ach so. Ja, dann … Soll ich Sie trotzdem raufschicken? – Jut, alles klar.« Er legte wieder auf. »Die Kollegen oben erwarten Sie. Zunächst bräuchte ich aber mal Ihren Ausweis.«
    Susanne Baier kämpfte mit einer Panikattacke. Gebe ihnen nicht den Ausweis, hatte Meyer ihr eingeschärft, damit sie keine Rückschlüsse auf deine Person ziehen können. Du offenbarst dich nur dem Knoop, sonst niemandem!
    »Ich …« Susanne Baier versuchte, ihre Atmung zu kontrollieren. »Ich h-habe keinen Ausweis …«
    »Na, nun hören Sie aber auf!« Kampeter sah sie vorwurfsvoll an. »Jeder Mensch hat einen Ausweis. Zumindest in Deutschland.«
    Ich nicht! Sie hätte

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