Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt
zweimal so heftig auf den Kopf schlug, dass sie zusammenbrach. Darauf demolierte er das Fahrrad der Frau derart, dass man annehmen konnte, die Beschädigungen rührten von einem Sturz her.
Einen in gewisser Beziehung ähnlichen Fall, der gleichfalls vorerst von den Sachbearbeitern als reiner Verkehrsunfall bewertet wurde und erst durch die nachträglich aufgrund der Exhumierung durchgeführte Leichenöffnung als Mordfall durch Erschießen geklärt werden konnte, hatte ich während meiner Assistentenzeit in Münster zu beobachten und zu begutachten Gelegenheit. Wegen seiner besonderen Umstände und der äußerst raffiniert ausgeführten Tat und Tatverschleierung, nicht aber zuletzt wegen der gleichfalls unzulänglichen ersten Zusammenarbeit zwischen Polizei und Sachverständigen scheint mir der Fall auch im Hinblick auf die Seltenheit derartiger Verkehrsunfallvortäuschungen der eingehenden Mitteilung wert.
Nach dem ersten Gendarmeriebericht wurde am 24. November 1936 gegen neunzehn Uhr auf einer nicht sehr verkehrsreichen, etwas abschüssigen Straße eine weibliche Leiche aufgefunden. Sie lag schräg mit dem Kopf gegen den Straßenrand, mit den Beinen gegen die Straßenmitte zu, mehr auf der rechten Seite. Drei Meter von der Leiche entfernt, fand sich ein Damenrad, dessen Vorderrad einen Achter aufwies und auf dessen Speichen Blutspritzer und Blut- und Erdauflagerungen zu sehen waren.
Von den die Straße umsäumenden Prellsteinen zeigte der gegenüber der Leiche eingerammte knapp oberhalb des Bodens deutliche Blutspritzer, die aber eine deutliche Spritzrichtung von unten nach oben aufwiesen. Der in der Fahrtrichtung nächstfolgende Prellstein fehlte und lag etwa drei Meter entfernt im Dorngebüsch der Böschung. Er wies an zwei Seiten Blutflecken auf, von denen es den Anschein hatte, als wäre das Blut aufgeschmiert. Auf der schwarzen Wollmütze sowie im Kopfhaar der Leiche und in nächster Umgebung des Kopfes waren weiße Kalkplättchen zu sehen und am Boden um den Kopf herum eine größere Blutlache.
Bei seiner ersten Einvernahme gab der Ehemann an, er sei seit etwa neun Jahren verheiratet und habe zwei Kinder. IrgendwelcheDifferenzen in der Ehe seien nicht vorgekommen, außer kleinen Zänkereien, die in jeder Ehe zu verzeichnen wären. Am 24. November gegen dreizehn Uhr seien er und seine Frau mit den Fahrrädern von zu Hause weggefahren, um Hagebutten zu suchen. Gegen sechzehn Uhr dreißig seien sie zur Heimfahrt aufgebrochen. Am Ausgang des Dorfes L. habe er seiner Frau noch zugerufen – es herrschte zu dieser Zeit starker Nebel –, ob sie wohl komme, worauf seine Frau geantwortet habe: ›Ja, fahre nur zu!‹ Sie seien nämlich übereingekommen, dass er vorausfahren solle, um noch den Gerichtsvollzieher in S. aufzusuchen. Er sei dann auch vorausgefahren und habe seit dieser Zeit von seiner Frau nichts mehr gesehen und nichts mehr gehört, insbesondere auch keinen Schrei und kein Geräusch, die auf einen Zusammenstoß hindeuten konnten.
Zu Hause angekommen, habe er mit seinen Kindern die Hagebutten ausgesucht. Warum er nicht sogleich zum Gerichtsvollzieher gegangen sei, könne er nicht erklären. Auf die Frage der Kinder, wo denn die Mutter sei, habe er geantwortet, dass sie gleich nachkommen werde. Als sie nun doch längere Zeit nicht erschien, habe er beschlossen, seiner Frau entgegenzufahren.
Unterwegs habe er mehrere Kraftwagen angehalten und gefragt, ob sie nicht eine Frau gesehen hätten, worauf ihm ein Bekannter zurief, eine Frau liege da oben, aber es sei nicht so schlimm. Mit dem Ausruf: ›Es wird doch nicht etwa meine Frau sein!‹ sei er weitergefahren und habe dann seine Frau in der bereits geschilderten Lage aufgefunden. An die Leiche selbst sei er von den anwesenden Leuten nicht mehr gelassen worden, da es hieß, es müsse erst die Kommission kommen. Er habe keine Erklärung dafür, wie der Unfall geschehen sein konnte. Das zerstörte Fahrrad deute seines Erachtens darauf hin, dass die Frau von einem Kraftwagen überfahren worden sei. Wenn ihm vorgehalten werde, dass er trotz des Nebels seine Frau zurückgelassen hätte, so müsse er sagen, dassseine Frau immer sehr vorsichtig gefahren sei. Er selbst habe eine elektrische Beleuchtung an seinem Rad, seine Frau sei ohne Licht gefahren.
Der Ehemann wurde vorerst wegen dieses doch von vornherein recht merkwürdigen Verhaltens in Untersuchungshaft genommen, jedoch schon nach kurzer Zeit wieder auf freien Fuß gestellt, da sich Blutspuren an
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