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Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt

Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt

Titel: Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Benecke
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findet sich von seiner Hand auf der Rückseite folgende Aufzeichnung in gleicher Sprache:
    ›Gefundene Nähnadel und ein ausgerauftes Haar von einem Weibsbild – das Haar durch diese Nähnadel einfädeln und draußen auf einer Baumlaube verknüpfen – dann kann man sie haben, solange man will, dann wird sie selber nachkommen, um denjenigen zu suchen.‹
    Auf einen Zettel hatte er folgendes Rezept geschrieben:
    ›Kamillen, Brennnessel, Knochenmehl, Himmelbrand (heute als »Königskerze« bekannt; M. B.) und Minze – im NamenGottes müssen wir uns um diese Blumen bemühen und sie jetzt im Monate Mai sammeln, damit man dieselben als Arzneimittel habe.‹
    Über einschlägige Fragen, die nach seiner Begnadigung zu lebenslangem schwerem Kerker, also zu einer Zeit, in der ein Grund zur Verhüllung der Wahrheit oder Entstellung derselben fehlte, an Franz Bratuscha gerichtet wurden, hat derselbe angegeben, dass er das Fleisch seines Kindes ohne Fett briet, jedoch salzte und ohne Brot verzehrte, weil er solches bei seiner großen Armut nicht besaß, dass das Fleisch ähnlich wie Kalbfleisch schmeckte, dass er seinen Hunger zwar stillte, aber aus einer gewissen Scheu dennoch nicht mit dem gewöhnlichen Appetit speiste.
    Mit Rücksicht auf die kriminalistischen Erfahrungen wurde er insbesondere gefragt, ob er je davon gehört oder gelesen hätte, dass Übeltäter des Glaubens seien, sie könnten tun, was sie wollen, ohne dafür zur Verantwortung gezogen zu werden, wenn sie das Fleisch unschuldiger Mädchen essen, dass sie nach dem Genuss des Fleisches eines getöteten Kindes stehlen können, so viel sie wollen, ohne entdeckt zu werden, dass sie dann auch ihrer Untaten nicht mehr gedächten und vor ihrem Gewissen in Ruhe gelassen würden, dass sie dem Aberglauben huldigen:
    1. Essen von Hirn und Knochenmark übertrage die Kraft des Gegessenen auf den Essenden;
    2. Essen von Herz, Leber, Fett erteile übernatürliche Fähigkeiten wie Fliegenkönnen, Unsichtbarwerden und so weiter.
    3. Essen von gebratenem Menschenfleische schütze vor Verfolgung durch Feinde und Behörden.
    Alles dieses war dem Franz Bratuscha unbekannt, und er hatte auf diese Fragen nur diese eine Antwort:
    ›Ich habe an sonst nichts gedacht, als meinen großen Hunger zu stillen.‹ Damit gibt er der Auffassung Andrées, ›dass Menschenfresserei eine allgemein auf Hunger zurückzuführende Kinderkrankheit ist‹, eine überraschende Bestätigung.
    Das Weib des Franz Bratuscha, welches nur wegen Vorschubleistung zu dreijährigem schwerem Kerker verurteilt wurde, bestätigte nach anfänglichem Leugnen nach Ablegen der Beichte die ganze Verantwortung ihres Gatten, nur das Essen des Fleisches wollte sie nicht gesehen haben.«
    So weit die Ausführungen des Staatsanwalts.
    Später hieß es, Bratuscha sei bloß einer »Erinnerungsfälschung« aufgesessen. Im Jahr 1903 war nämlich eine Diebin festgenommen worden, die behauptete, Bratuschas angeblich verspeiste Tochter zu sein. Sie saß im Bezirksgericht Gurkfeld in Krain ein, und da ihre Identität damals nicht per DNA geprüft werden konnte, kam es tatsächlich zur Freilassung Bratuschas. Er hatte damit zuerst in der Todeszelle gesessen, war dann zu lebenslanger Kerkerhaft begnadigt und nun freigesprochen worden. Auf die Frage, warum er dem Gericht ein derartiges Lügenmärchen aufgetischt hatte, antwortete Bratuscha: »Ich dachte mir, ›ein Mann, ein Wort‹, und habe deshalb das vom Gendarmen mir abgepresste und damit einmal abgelegte Geständnis nicht zurückgenommen.«
    Mir scheint eher, man wollte keinesfalls wahrhaben, dass ein Vater seine Tochter aufgegessen hatte, und ließ Bratuscha daher lieber frei, als einzusehen, dass ein Mensch zu solch monströsem Verhalten fähig ist.
Menschen als Medizin (1911)
    An einem kalten und dunklen Abend im Februar 1911 ging der Jungbauer Franz Putz in die Apotheke in Pöllau (bei Graz), um ein Medikament zu kaufen. Der Apotheker Franz Kobernauer öffnete die Tür. Elektrisches Licht gab es dort nicht, sodass Kobernauer einen Leuchter mit Kerzen in der Hand hielt. Als er Franz Putz die Medizin überreicht hatte, ging er mit ihm zur Tür und stieß ihn dabei aus Versehen an. Dochdas hätte er besser nicht getan. Der Bauer war sofort davon überzeugt, dass der Apotheker ihn töten wollte, und rannte entsetzt davon. Durch den Schreck erlitt er einen auch ärztlich festgestellten »Nervenschock«, der ihn mehrere Tage ans Bett fesselte. Es dauerte nicht lang, und die

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