Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt
beim Studenten David.
Zwei Wochen später war auch diese Affäre vorbei, und Carol kam erneut nach Hause. Sie fragen sich vielleicht, warum ich das alles mitgemacht habe. Ich war überzeugt, dass wir vieles hatten, was für unsere Ehe sprach: drei Kinder, die ihre Mutter brauchten, gute Jobs und ein nettes Häuschen. Und ich liebte Carol noch immer. Es gab zwar viele Wunden, die verheilen mussten, aber ich dachte, wir könnten das schaffen.
Als sie dann das nächste und letzte Mal verschwand, tat ich nur noch, was nötig war. Für Selbstmitleid hatte ich keine Zeit mehr. Ich musste arbeiten und die Kinder versorgen. Mein Leben bestand nur noch aus Arbeit und Schlaf. Ich war ein Wrack, aber ich wollte auf keinen Fall, dass die Kinder in ein Heim gesteckt wurden. Ich mobilisierte also alle Reserven, um durchzuhalten. Wenn die Kinder fragten, wo ihre Mutter sei, sagte ich, sie sei gegangen, weil sie wohl unglücklich gewesen sei. Ich habe die Affären nie erwähnt. Kinder sollen ein gutes Bild von ihrer Mutter haben, damit ihr Selbstbewusstsein keinen Knacks davonträgt.
Die Polizei wurde allerdings stutzig, weil ich Carols Verschwinden nicht gleich gemeldet hatte. Man schickte erfahrene Beamte, die mich befragten. Sie durchsuchten die Kühltruhe und den Dachboden und fragten, welche Kleidungsstücke Carol zuletzt mitgenommen hatte. Die Kinder fragten sie, ob sie ihrer Mutter Adieu gesagt hätten. Das ging sechs Monate lang so weiter.
Dass Carol tot sein könnte, war mir überhaupt nicht in den Sinn gekommen. Die Polizei sagte mir aber, dass man mich für den Täter hielt und dass sie mich, falls die Leiche auftauchen würde, als Ersten im Visier hätten.
Drei Jahre später wurde die Scheidung genehmigt; später heiratete ich noch zweimal.
Eines Tages, ich war gerade im Urlaub, rief mich mein Sohn Jeremy an. Er berichtete, dass sie eine Leiche gefunden hätten und davon ausgingen, es sei Mami, und dass die Polizei mich sprechen wolle. Damit begann ein Albtraum. Die Presse schrieb damals, ich hätte mich versteckt und würde schon von der französischen Polizei gesucht; dabei brauchten meine Frau und ich mit dem Auto einfach nur zwei Tage für die Rückreise nach England.
Als ich zu Hause ankam, traf mich der Schlag. Die Polizei hatte von den Kindern die Hausschlüssel bekommen und alles durchsucht. Weil das Schlafzimmer verriegelt gewesen war, hatten sie die Tür einfach eingetreten. Alles hatten sie mitgenommen: zwei Computer, alle Disketten, Kontoauszüge, Rechnungen und Krankenkassen-Unterlagen. Sie hatten jedes Stückchen Seil, das sie finden konnten, eingesammelt, selbst ein Seilende, das ich zum Abdichten um ein Abflussrohr gewickelt hatte. Es fehlten auch alle Hämmer, ein altes Nummernschild, ein Außenbordmotor, sogar die Schwimmflossen von meinem Sohn.
Nach meiner Verhaftung habe ich, so gut es ging, mit der Polizei zusammengearbeitet. Ich dachte, dass sie mich gehen lassen würden, wenn ich alles gesagt hätte und sie merken würden, dass sie einen Fehler gemacht hatten. Stattdessen fand ich mich, aus dem warmen Frankreich kommend, neben Vergewaltigern und Mördern in Untersuchungshaft wieder. Ich habe mich zu Tode gefürchtet, obwohl ich allerdings nie bedroht wurde. Im Gegenteil, die Lebenslänglichen unterstützten mich sagenhaft.
Es stimmt natürlich, dass ich auf dem Coniston Water, in dem Carol gefunden wurde, gesegelt bin. Aber als sie verschwand, hatte ich überhaupt kein Boot; meine Rennjolle hatte ich ein paar Wochen zuvor verkauft. Die Polizei glaubt mir das einfach nicht und meint, nur weil ich mich auf Coniston Water auskenne, müsste ich auch der Täter sein.
Den Verdacht kann ich verstehen, aber nicht die völlige Überreaktion. Die Polizisten waren geradezu besessen davon, meine Schuld zu beweisen. Ihre Befragungen waren mörderisch und dauerten zwei Tage und Nächte. Erst steckten sie mich in eine Einzelzelle, dann nahmen sie mich wieder mit zwei Leuten in die Mangel. So ging das die ganze Zeit. Sie wollten mir wohl das Rückgrat brechen.
Zu Anfang war die Befragung noch recht zivilisiert. Dann wurde es aber immer intensiver und am Ende regelrecht aggressiv. Mein Anwalt musste dreimal dazwischengehen. Ich wusste aber, dass die Polizei keinen direkten Beweis gegen mich hatte, weil es keinen geben kann. Ich habe die Tat ja nicht begangen.
Ich hatte aber trotzdem dauernd Angst, denn irgendein schleimiger Anwalt könnte ja genügend Geschworene in der Jury überzeugen, dass ich
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