Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt
schon vorher (!) in des Zuschauers Tasche befanden, aus einem Buch (oder drei Büchern) ein beliebiges Wort wählen lassen, auf einer Tafel ein gezeichnetes Zuschauerbild duplizieren (obwohl ich das Bild nie gesehen habe) und so weiter. Es ist heute die Art der Zauberei, die Art der Zauberei, die von den Zuschauern am allerhöchsten anerkannt wird. Darum habe ich mich ganz darauf spezialisiert. Es bringt den meisten Erfolg, und je intelligenter das Publikum, je größer die Reaktion.
Ihr Bild wird einen Ehrenplatz erhalten. Ich bin da noch am Überlegen. Was sagt Ihre Frau zu uns? Akzeptiert sie unserenBriefverkehr? Entschuldigen Sie, es fällt mir gerade momentan ein.
Lassen Sie mich nun Ihre Fragen beantworten, vielleicht sehen Sie dann auch, dass nicht alles, nicht alle Welt so human ist wie Sie. Sie können sich nicht vorstellen, dass das negative Gefühl mir gegenüber (von wegen Fall) auch bei einem Arzt mal durchschlagen kann. Tun Sie es! Stellen Sie es sich vor. Sie werden sehen, das geht. Damit will ich nicht sagen, dass dies hier geschieht. Und der Betreffende hätte auch seinen Beruf verfehlt. Verantwortung, sagen Sie. Gut. Aber Verantwortung darf nicht in lediglich reiner Angst ausarten. Sie darf auch nicht in Gar-nichts-tun ausarten, aber eben das geschieht, und das ist Ihnen bekannt. Darum nichts mehr davon. Verantwortung gekoppelt mit Hilfe – müsste es nicht so sein? Da bin ich sachlich und rede mich, steigere mich in nichts rein.
Aber zu Ihren Fragen endlich: Eine Hoffnung nach der anderen zerplatzt wie eine Seifenblase. Ihre Worte. Warum wollte von drei Operateuren keiner? Aus Angst vor Verantwortung. Es könnte einen Rückfall geben. (Theoretisch), es könnte etwas schiefgehen (ein Patient blind, einer tot.) 2. Es geht diesen Fachleuten um irgendein Risiko, das sie eingehen müssten . Aber eben das wollen sie nicht eingehen. Die Pflicht zu helfen tritt dann zurück. Sie… vermuten pro Ablehnung eine detaillierte Begründung. Die gibt es nicht. Jedes Mal nur einen Wisch, wo vom zu großen Risiko die Rede ist. Sie werden sagen » kein Rückfall, medizinisch anerkannte Methode, wo ist da dieses horrende Risiko?« Sie haben recht. Ein großes Risiko betreffs Erfolg besteht gar nicht. Man denkt »da oben« mehr an sich selber, punktum . Beweisen Sie mir das Gegenteil.
Die Anstalt ist u. bleibt hundert Prozent für diese Operation. Da ist es sehr gut, dass es nun wohl doch noch geschehen wird. Meine Eltern haben drei (!) neue Fachleute gefunden. Bossi hat sie schon angeschrieben (nein, er besucht mich nicht persönlich), und es wird privat bezahlt. So (schade, dass es so sein muss) werden wir doch wohl jetzt noch einen gutenFachmann finden, sodass es dieses Jahr noch so weit sein kann. Ja, ich habe wieder ein wenig Hoffnung. Wie sollte man sonst auch leben? Aber diese Hoffnung ist in keiner Weise Verdienst der Anstalt. Meine Frau hat extra dafür einen Kredit aufgenommen! Hätten Sie das erwartet? Ich nicht! Ich dachte, mich tritt ein Pferd.
Ersehen Sie bitte, wie sehr meine Frau mich liebt. Es muss die Hölle für sie sein. Ich war ehrlich erschüttert ob dieses Liebesbeweises. Ich habe auch allen Grund dazu. Sie versorgt mich so gut, fast als ob ich bei ihr sei.
Ihre Sorge: Ob ich, falls ich jemals frei sein würde, weiter zu ihr stehen würde. Diese Sorge ist unnütz, da ich sie nicht weniger liebe als sie mich (außerdem wäre ich dann ein Schwein, und das bin ich nicht).
So, nun möchte ich… langsam für heute Schluss machen. Seien Sie bis zum nächsten Mal vielmals gegrüßt von Ihrem
ANIMAL Jürgen
∗ ∗ ∗
12. September 1974
Wie geht es Ihnen? Bei der Beschreibung Ihres Ausflugs ins Bergland könnte man ja neidisch werden.
Die ganze Zeit danach habe ich sehr gut ausgehalten, da muss ich mir ein Lob ausstellen. Unter den strengen Bedingungen hier, zweiundzwanzig Monate in diesem Haus, bedeutet das schon was. Den Haftkoller bekomme ich nur periodisch, etwa jedes halbe Jahr. Bei den meisten anderen wirkt Unterbringung sich seelisch als Aggression aus. Bei mir wirkt es sich als vegetativer Zusammenbruch aus (immer noch besser als Mobiliar zu zerschlagen). Platzangst, damit fängt es an. Als Nächstes kommen die Wände auf mich zu, zittern, kann weder sitzen noch liegen, nicht mehr sprechen, der Kehlkopf schließt sich immer wieder, Vernichtungsgefühl, Todesangst (unmotiviert) u. das Gefühl des Erstickens, durch die Kehlkopf-Lähmung.(Die Psychiater haben ein sicher
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