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Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt

Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt

Titel: Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Benecke
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werden, da er in der Nacht vom 22. auf den 23. Juli 1970 in Südfrankreich tot am Fuß eines Felsens gefunden wurde. (Repro: M. Benecke)
    Auch von seinen anderen Briefpartnern forderte Bartsch immer wieder Hilfe, Unterstützung und Aufmerksamkeit. Dabei zwang schon seine winzige Handschrift zur höchsten Konzentration; viel mehr forderte aber noch der intensive Inhalt der Briefe.
    Einige Beispiele sollen dies im Folgenden zeigen. Wie schon gesagt, handelt es sich um unveröffentlichte Dokumente, und die Person, mit der Bartsch hier korrespondierte, möchte derzeit ungenannt bleiben. Daher sind die Textstellen, die sich auf das Leben der Person beziehen, gestrichen; Bartsch nahm aber sehr wohl Anteil an den Berichten seiner Briefpartner. Man kann sich aber auch ohne diese persönlichen Bezüge ausmalen, welche Wirkung die Briefe damals auf die Empfänger gehabt haben müssen.
    Damals gab es keinerlei Orientierung für die Briefpartner – das Wissen um unheilbare Wesenszüge (Paraphilien) gab es damals schlichtweg nicht. Umso mehr ist ihnen anzurechnen, dass sie versuchten, Bartsch ein aufrichtiges Gegenüber zu sein, auch als er den von fast allen Menschen als sinnlos empfundenen und gesetzlich problematischen Vorstoß zur Kastration wagte.
    Die Kastration war damals längst verboten und stand besonders in Deutschland immer noch im Ruch des nationalsozialistischen Missbrauchs – Bartsch nimmt darauf auch Bezug (vgl. S.  213 ).
    Ich habe bewusst Briefe aus den letzten beiden Jahren seines Lebens gewählt, weil sie zeigen, mit welchem Ernst und Stolz Bartsch daran glaubte, geheilt werden zu können. Er mimte keineswegs den kaltblütigen Täter wie später Charles Manson oder Nico Claux (vgl. S.  117 – 120 ), sondern bemühte sich verzweifelt darum, ein normaler Mensch zu werden. Dasses weder damals noch heute ein Heilmittel gegen Paraphilien gibt, konnte er nicht ahnen. Darum hoffte er auch auf die Hypnosebehandlung, von der gleich die Rede ist, und darum erfocht er sich auch die Erlaubnis zur Kastration, die er zuvor mit Händen und Füßen abgelehnt hatte. Sie war für ihn nach fast zehn Jahren erfolgloser Behandlung (abgesehen von den dämpfenden Medikamenten) die letzte Hoffnung.
    Ob sich seine Fantasien in der Psychiatrie wandelten, weiß niemand. Vor seiner Verhaftung war Bartsch mehrfach in Bordellen gewesen, hatte sich dort im Wesentlichen aber nur mit den Prostituierten unterhalten und ihnen einige Aktfotos abgekauft. Sexuell empfand er Frauen als unbefriedigend, und ob er wirklich eine geschlechtliche Beziehung zu seiner Ehefrau (die Schwesternhelferin Gisela Deike heiratete ihn am 2. Januar 1974 in der Psychiatrie) hätte aufbauen können, ist fraglich. Sicher ist, dass Bartsch mit Tricks versuchte, an eine »Sexualgeschichte« zu gelangen. Als der Richter das Buch kassierte, behauptete Bartsch, er habe den Buchtitel missverstanden und gedacht, es handle sich um ein Geschichtsbuch. Zu seinen sadistischen Fantasien machte Bartsch zuletzt keine Angaben mehr, was aber angesichts seines Wunsches, wieder freizukommen, verständlich ist.
    Unabhängig davon argumentierte Bartsch aber vollkommen zu Recht, dass man ihm zumindest die Chance auf Heilung und Rückkehr in die Freiheit geben müsse, da dies ein grundsätzliches Recht aller Menschen sei. So abwegig sich das für manche Leser anhören mag: Bartsch folgte hier einem rechtlichen Grundsatz, der es verbietet, einen Menschen in Deutschland wirklich ein Leben lang in Haft zu belassen: Niemandem darf in Aussicht gestellt werden, das Gefängnis nie mehr verlassen zu können. Erst mit vermehrter Anwendung der Sicherheitsverwahrung in den letzten Jahren änderte sich das teilweise. Juristisch und vielleicht auch ethisch folgte Bartsch also einer anerkannten Linie und war keineswegs größenwahnsinnig, wie man sonst meinen könnte.
Das letzte Gefecht
    Dass die folgenden Briefe einen stark drängenden Unterton haben, ist nicht verwunderlich. Bartsch und seine Briefpartner wussten erstens, dass ihnen die Zeit davonlief, und zweitens, dass das Gericht alles gegenlas. Daher enthielt jeder Brief auch immer versteckte Aufrufe und Beschwerden, die sich an die Behörden richteten.
    Bartschs Briefpartner und Kontaktpersonen sind dabei sehr interessant. Dazu gehörten unter anderem der Journalist und Krimiautor Friedhelm Werremeier (er veröffentlichte 1968 das Buch über den Fall
Bin ich ein Mensch für den Zoo?
), der Sexualforscher Hans Giese sowie der

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