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Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt

Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt

Titel: Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Benecke
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Lebensentscheidungen anbetrifft. Jeder.
    Es gilt also für jeden. Aber auch hier muss man eine sachliche Einschränkung machen: Ich stehe da wohl »alleiner« als jeder andere Gefangene hier. Mein bester Kamerad hier bekam einen Brief von einem Verwandten, in dem stand (im Brief, nicht im Verwandten), »der, mit dem Du da zusammen bist, müsste, käme er jemals heraus, am nächsten Laternenpfahl aufgehangen werden!« So was erlebe ich im Monat etwa fünfbis sechsmal.
    Und, gedankenlos, ein anderer: »Auf Abteilung 3 A gebe ich Dir eine Stunde.« – »Und dann?« – »Dann bist du tot.« – Ist es so? Ich kann es Ihnen nicht sagen. Zumindest muss man es für möglich halten. Verstehen Sie, dass mich so was über Jahre hinweg fertig macht? Verstehen Sie also, dass meine Lebensentscheidungen einsamer Natur sind, schwermütiger sind, als die Ihren oder anderer? Ich weiß doch nie , was wirklich kommt.
    Aber zu Ihrer Frage: Nein , ich werde die Flinte nicht ins Korn werfen. Noch nicht. Geht die Kastration auch noch schief, erwarte ich allerdings Verständnis von Ihnen für alles , auch Suizid. Es gibt eine Grenze dessen, was ein Mensch ertragen kann. Diesen Gedanken sollten Sie ganz nüchtern mittragen. Ich weiß schon, was kommt: An meine Frau denken. Richtig.
    Aber ein derartiger Verzweiflungszustand bedingt einen Ausnahmezustand, und der lässt keinen nüchternen logischen Gedanken zu. Das ist keine Ausrede, ich weiß, wovon ich rede – damals, in Duisburg-Hamborn, dreißig Schlaftabletten, drei Tage im städtischen Krankenhaus, nicht wach geworden, »der kratzt uns ab«, Gefängnispfarrer ans Bett gesetzt usw.
    Na, anderes Thema: Ich will Ihnen kurz sagen, was sich getan hat, seit Sie… hier waren: Ein von meinen Eltern angeregtes Gespräch mit dem Arzt über diese Problematik kam nicht zustande. Vom Kastrations-Ausschuss habe ich noch nichtsgehört. Inzwischen habe ich das mir immer wieder empfohlene Fachbuch durchgelesen. Es behandelt nur dies Thema. Negativ: Entsetzlich , wegen welcher Dinge Menschen zwangsweise kastriert wurden (Exhibitionismus), erschreckend, wie die Nazigräuel »versachlicht« werden: »Der Täter sollte wegen einer Hasenscharte aufgrund des Erbgesundheitsgesetzes sowieso sterilisiert (!) werden. So würde beides in einem erledigt.« – »Patient in Mauthausen [ein KZ in Österreich; M. B.] verstorben.« – »Patient wurde 1942 der Polizei übergeben. Seitdem keine Nachricht mehr.« – Ein Patient: »Man hat mir mit Gestapo u. Vergasung gedroht.« – Weiter redet der Autor des Öfteren freimütig von Menschen als Material usw. Das sagt doch nichts über den Wert der Sache u. nichts über heute.
    Was an Positivem zu lesen ist, ist WEIT ÜBERWIEGEND. Hier nur ein paar Beispiele: »Kinderschänder«, »Gewalttäter«, »Sadisten« werden als sehr gut behandelbar bezeichnet. Den stärksten Erfolg hat der Eingriff bei Freiwilligkeit (»Ich will davon loskommen«). Zweitausendfünfhundert Überprüfte. Zeitraum: bis zu dreißig Jahren Abstand. Quote (Rückfall) am Geringsten: ein bis drei Prozent.
    Folgen: Potenz u. Libido erhalten: nur zehn Prozent; stark abgeschwächt: fünfundvierzig Prozent; abgetötet: fünfundvierzig Prozent. In sehr engen Grenzen GV mit der Frau noch möglich: Ein Drittel der Patienten, aber nur unter Mithilfe der Ehefrau. Haarkleid: So geringe Änderung, dass für mich ohne Belang . Gewicht: fünfzig Prozent keine Gewichtsveränderungen, fünfundzwanzig Prozent bis zu 19,5 Kilogramm Über- oder Unter -Gewicht (fünfundzwanzig Prozent).
    Zwei Drittel der Operierten erleben eine Beruhigung des Nervenkostüms (im Fachjargon Wallachisierung [ ärztliche Bezeichnung!] genannt). Verweiblichung: noch erträgliche Veränderungen wohl unvermeidbar: Mehr Haupthaar, leichte Brustentwicklung, Fett in (auf) der Hüftgegend. (Was beileibe nicht in jedem Fall eine Verunschönerung ist.)
    Am Sonntag habe ich Gisela (sie macht ab Montag anderthalb Wochen Urlaub, will mich jeden zweiten Tag besuchen. Ist das nicht klasse!? – Ob ich sie verdient habe…?) einen DIN-A4-Block zum Abtippen mitgegeben. Ein weiterer Block ist zur Hälfte fertig. Und bald soll’s weitergehen… Hauptsache, man schmiert geistig nicht ab…
    Zur Magie: Schön, das es Ihnen gefallen hat. Mehr? Gerne. Ich werde für Sie ein Programm vorbereiten… Karten, ein wenig Hellsehen oder Telepathie. Oder ein im Buch gewähltes Wort »fernlesen«? Mir fällt schon genug ein. Ich mache dann mal einen Zettel

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