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Mordsschnellweg: Kriminalstorys

Mordsschnellweg: Kriminalstorys

Titel: Mordsschnellweg: Kriminalstorys Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo P. Ard , Reinhard Junge
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Medikamentenfläschchen aus seiner Tasche, schaut auf seine Uhr und steckte es wieder ein.
    »Er macht wieder die Mitleidsmasche«, flüsterte Hannelore Krämer Friedchen ins Ohr, während sie die senfbeschmierten Messer einsammelte. »Guck mal, er schleppt die Flasche sogar mit aufs Fest! Irgendwas am Herzen, hab ich beim Friseur gehört. Und vorgestern torkelte er nur noch durch den Garten.«

    »Von wegen Herz – die Leber. Und die kriegt ihre Medizin nicht gerade tropfenweise …«
    Misstrauisch folgten die Blicke der beiden Frauen Drahle zum abseits stehenden Campingtisch, an dem das Lehrerehepaar Mürrmann Bowle schlürfte. Die beiden sahen überrascht zu ihrem neuen Tischnachbarn auf.

    »Wenn das man gut geht!«, seufzte Hannelore Krämer und sammelte die zerknüllten Papierservietten ein. Die Mürrmanns waren Vertreter einer pestizidfreien Naturdüngung, während Drahle so viel Chemie in seinem Garten einsetzte, dass ihm eigentlich eine VIP-Karte bei Bayer Leverkusen zustand.

    Auch an diesem Abend kam es offensichtlich zu keiner Verständigung mit ihm: Hannelore Krämer konnte beobachten, wie Drahle bei den Lehrern Platz nahm, seine Tropfenflasche unfallsicher aufbaute und auf die beiden Pädagogen einredete. Nach einigen Minuten sprang die Lehrerin empört auf und sah sich nach einem Platz bei den anderen um.

    Dennoch verliefen die nächsten Stunden zunächst recht friedlich. Philip Kroll zeigte ein paar neue Kartentricks, Ede Rodenstedt sang Seemannslieder zum Akkordeon und Fritz Schnell sackte noch vor dem Nachtisch neben dem Grill ins Gras und begann, laut zu schnarchen. Die Fußballer trugen ihn in seinen Garten, wo er auf der Hollywoodschaukel den Rausch ausschlafen konnte. Die Grillwache übernahm, Kummer gewöhnt, seine Frau.

    Um kurz vor acht präsentierten Friedchen Schnell, Hannelore Krämer und Eva Kroll unter großem Gejohle der Festbesucher eine Gemüsemodenschau: Kleider aus Rhabarberblättern, Petersilienschmuck im Haar, Halsketten aus Kartoffeln. Im Rumbarhythmus tänzelten sie über die Terrasse und lösten wahre Begeisterungsstürme aus. Erwin Farle, von einer brisanten Mixtur aus Underberg, Pils und Pfirsichbowle bereits schwer angeschlagen, stopfte sich zwei Fleischtomaten unters Hemd und schloss sich den drei Frauen an. Der Jubel kannte keine Grenzen.
    Für den meisten Gesprächsstoff aber sorgte Drahle, und das gleich aus mehreren Gründen: erstens, weil er sich mit jedem anlegte, zweitens immer wieder auf die Uhr schaute, um den richtigen Moment zum Einnehmen seiner Herztropfen nicht zu verpassen – und drittens, weil er genau um zwanzig Uhr achtzehn Minuten mitteleuropäischer Sommerzeit zusammenbrach.

     
    2
    An die Uhrzeit erinnerte sich Ede Rodenstedt später genau, weil er in diesem Moment merkte, dass Wetten, dass ..? schon angefangen und er vergessen hatte, den Rekorder zu programmieren. Aber Drahles Auftritt war besser als alles, was ARD, ZDF und sämtliche Private an diesem Abend zu bieten hatten.

    Drahle war gerade auf Motorrad-Klaus zugegangen, als er sich plötzlich ans Herz fasste. Dann taumelte er auf das Büfett zu und stürzte nach vorn. Mit der rechten Hand griff er voll in den Kräuterquark, mit der linken fegte er den Senf vom Tisch. Dann sackten ihm die Knie weg, sodass er mit dem Kinn auf die Schnittchenplatte knallte. Die Reste der Dekoration, zwei Cornichons und ein Tomatenviertel flutschten unter ihm weg und landeten auf dem Rasen. Schließlich krachte der ganze Tisch zusammen und Drahle fiel in ein weiches Ragout aus Kartoffelsalat, Grillwürstchen und Maissalat.

    Trude Farle schrie auf, Philip Kroll schüttelte entrüstet seine Locken und Klaus Drewniak rieb sich schadenfroh die Hände: »Alte Schnapsdrossel! Das habe ich ihm schon lange gewünscht!«
    Die Sauerei, die Drahle angerichtet hatte, war eine echte Herausforderung für die im Garten versammelten Frauen. Während das rechte Bein des Gestrauchelten noch einmal wild zuckte, gingen sie schon daran, die Unfallspuren zu beseitigen. Drahle selbst interessierte sie dabei nur insoweit, als er im Weg lag und ihnen die Arbeit erschwerte.
    »Hör mal – der steht ja gar nicht mehr auf!«, sagte Lewandowski schließlich.
    Metin Demir und Erwin Farle erbarmten sich. Sie packten den Reglosen unter den Achseln und zerrten ihn hoch. Doch sein sonst leicht wirkender Körper war schlaff und schwer geworden und sackte immer wieder durch. Schließlich hievten sie ihn in ihrer Not zu viert auf einen Stuhl und

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