Mordsschnellweg: Kriminalstorys
Vorstandsmitglieder mit kühlem Bier und heißen Würstchen.
Auf seiner Terrasse genossen sie die Maisonne: der ehemalige Stahlarbeiter Fritz Schnell, der Metzgermeister Erwin Farle (Farle – wenn’s um die Wurst geht), der Kriegsveteran Ede Rodenstedt, der Lehrer Werner Mürrmann und der Ex-Hoesch-Feinmechaniker Philip Kroll.
Klaus Drewniak hatte sich aus Langeweile dazugesellt. Der leidenschaftliche Motorradfahrer war als Vertreter der jungen Generation stets willkommen.
»Verschiedenes!«, verkündete Mürrmann und zwirbelte seinen Oberlippenbart. Im Vorstand rotierte man – heute war der Pauker Schriftführer.
»Das Geschenk für Hasselbrink«, knurrte Ede Rodenstedt und fünf Männerkehlen gaben brummende Geräusche von sich.
»Ohne mich!«, sagte Lewandowski. »Keine zehn Pferde kriegen mich zu diesem Satan!«
»Er ist unerträglich«, bestätigte Farle. »Gestern habe ich mir einen Vortrag über Tiefkultur nach Prinzipien eines Tommys namens Kackfick anhören müssen …«
»Chadwick«, verbesserte Mürrmann, dem biodynamischer Anbau nicht fremd war.
»Zwanzig Minuten hat er mich vollgelabert«, fuhr Farle fort. »Zum Schluss wusste ich nicht mehr, wie herum man einen Spaten anpackt!«
Der dicke Kroll öffnete seinen Gürtel und ließ den kugelrunden Bauch herausspringen. »Mich will er anzeigen!«
»Was?«
»Wegen meiner zwei Tauben!«
»Das gibt’s doch nicht!«
»Die Haltung von Tauben im Schrebergarten sei genehmigungspflichtig, meint er.«
»Der spinnt doch!«
»Zwei Jahre habe ich Emma und Trude schon. Und niemand hatte etwas dagegen …«
Ede Rodenstedt schüttelte empört den Kopf. »Die beiden sind doch lieb.«
»Mir hat er die Bullen auf den Hals gehetzt!« Klaus Drewniak stützte die Arme in die Seiten. »Nächtliche Ruhestörung. Ich habe vor drei Wochen mit vier Freunden eine kleine Party gemacht. Um halb elf war die Polizei da!«
»Das ist ja unerhört. Das klärt man doch untereinander!«
Erwin Farle schlug mit der Faust auf den Tisch. »Der ist ja schlimmer als Drahle!« Einmütiges Kopfnicken.
»Können wir dem nicht kündigen?«, fragte Mürrmann und die Augen der anderen blitzten vor Freude.
Lewandowski schüttelte den Kopf. »Ich habe die Verträge studiert. Wenn er sich nichts zuschulden kommen lässt, gilt der Nutzungsvertrag für fünf Jahre.«
»Fünf Jahre?!« Ede Rodenstedt schlug die Hände über dem Kopf zusammen. »Das überlebe ich nicht!«
Vom Gartenzaun näherte sich Friedchen Schnell. Sie machte ihrem Nachnamen alle Ehre. Abgehetzt und wutschnaubend baute sie sich vor der Männergesellschaft auf. »Ich will mich beschweren!«
Lewandowski schob ihr einen Korbstuhl hin. »Was ist passiert?«
»Psychoterror! Hasselbrink …«
Bei dem Namen warfen sich die Männer vielsagende Blicke zu. Drewniak köpfte eine neue Flasche Bier.
»Hasselbrink will uns anzeigen, weil wir unseren Komposthaufen nicht sechs Meter entfernt von der Grundstücksgrenze errichtet haben. Es stinkt, meint er …«
Friedchen Schnell nahm Klaus Drewniak das Bier aus der Hand und stürzte einen großen Schluck hinunter.
Mürrmann kicherte plötzlich in sich hinein. »Wir beraten gerade über das Geschenk für Hasselbrink …«
»Gift!«, zischte Friedchen Schnell.
Es wurde still in Lewandowskis Garten. Man hörte das Gurren von Krolls Tauben und das Schaben einer Harke in einem benachbarten Garten. Ein Cabriolet, in dem offensichtlich neue Lautsprecherboxen ausprobiert wurden, fuhr die Wellinghofer Straße entlang. Irgendwo ertönte die Erkennungsmelodie der Tagesschau.
»Nein!«, sagte Mürrmann und senkte den Blick. »Ich habe nach unserer letzten Aktion ein paar Wochen nicht ruhig schlafen können. Der tote Masseur hat mich in meinen Träumen aufgesucht.«
Friedchen Schnell wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Ich habe es nicht so gemeint.« Die Männer atmeten auf.
Vom Kiesweg hörte man schlurfende Schritte.
»Wenn man vom Teufel spricht«, flüsterte Klaus Drewniak.
Das bleiche Gesicht Hasselbrinks erschien an der Gartenpforte. »Gehe ich recht in der Annahme«, dozierte der Biologie-Experte, »dass es sich hier um eine Vorstandssitzung handelt?«
Lewandowski nickte.
»Handelt es sich etwa um eine öffentliche Sitzung?«, bohrte Hasselbrink nach.
Ede Rodenstedt schoss einen giftigen Blick ab. »Was wollen Sie?«
Hasselbrink lehnte sich auf die Pforte. »Nach meinen Informationen gehören Frau Schnell und dieser Motorradrowdy nicht zum
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