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Mordsschnellweg: Kriminalstorys

Mordsschnellweg: Kriminalstorys

Titel: Mordsschnellweg: Kriminalstorys Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo P. Ard , Reinhard Junge
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zu, beschrieb eine exakte Kehrtwendung und marschierte zur Tür. Auf der Schwelle drehte er sich noch einmal ganz unvorschriftsmäßig um: »Falls Sie den Täter fassen, Herr Kommissar – einen schönen Gruß von mir! Bei mir hat er Dispens …«

     
    7

    »Sie heißen Nehl?«
    »Ja«, sagte der Mann mit den blauen Augen und dem kräftigen Schnauzbart. Er war fast so lang wie Feldhoff, aber vor allem in den Schultern eine ganze Ecke breiter. Der Trainingsanzug, in dem er wie viele Sportlehrer herumlief, betonte seine athletische Figur. Ungezwungen stellte er sich einen Stuhl zurecht und nahm Platz, sprang aber noch einmal auf, widmete der Tabakspfeife des Polizisten einen missbilligenden Blick und öffnete das Fenster.
    »Wie war das eigentlich mit dem Veilchen, das Sie Sommer verpasst haben?«
    Die blauen Augen lächelten amüsiert: »Dachte ich’s mir …«

    »Weswegen?«
    »Es gibt kaum einen Ort, an dem mehr geklatscht wird als an der Schule. Und an dem Mücken so schnell zu Elefanten werden …«
    »Aber diese Geschichte stimmt?«
    Der Schnauzbart nickte, die Augen lächelten noch immer: »Ausnahmsweise.«
    »Erzählen Sie …«
    Die breiten Schultern hoben sich: »Da ist nicht viel zu erzählen. Wir haben nach dem letzten Kollegiumsfest, das war Anfang Mai, bei mir zu Hause weitergefeiert. Rund zwölf Kolleginnen und Kollegen, von einigen waren die Frauen oder Männer dabei.«
    »Eine feste Clique?«
    »Ja!« Nehls Arm beschrieb einen Halbkreis durch die Rumpelkammer, in der sie saßen: »Das alte Raucherzimmer. Der Name stimmt nicht ganz. Hier trifft sich alles, was süchtig, amoralisch oder politisch unzuverlässig ist. Und wir hängen manchmal auch privat zusammen.«
    »Sommer gehörte dazu?«
    »Als Raucher. Ansonsten hat er sich mehr und mehr abgesondert. Er wollte ja Karriere machen.«
    »Das Veilchen …«
    Der Sportler nickte: »Ja. Also, wir haben noch gefeiert. Viel Wein und Sekt, zum Schluss fast nur noch Armagnac … Als ich mal Nachschub aus der Küche holte, hörte ich es im Schlafzimmer kichern. Ich rein, da sitzt Sommer mit meiner Frau auf der Bettkante. Heftige Knutscherei, aber alles spielte sich noch oberhalb der Gürtellinie ab. Ich habe ihn beim Schlafittchen gepackt und ihm eine getickt. Zielen konnte ich schon nicht mehr, das Auge war mehr oder weniger zufällig im Weg. Ich hab ihn dann vor die Tür gesetzt und ihm ein Taxi bestellt.«

    »Und Ihre Frau?«
    »Na ja, die war auch nicht mehr ganz nüchtern. Sie meinte, das alles wäre eigentlich nur ein Versehen gewesen. Nichts von Bedeutung. Wir … wir haben uns noch in derselben Nacht verziehen, wie das die Scheidungsrichter früher ausgedrückt haben.« Nehl sah Steigerwald an und breitete beide Arme aus: »Das ist alles. Und jetzt glauben Sie, ich hätte ihm deswegen den Hals umgedreht?«

    »Habe ich so etwas gesagt?«
    »Weswegen fragen Sie sonst danach?«, konterte der Sportler und ließ wieder seine blauen Augen leuchten.
    »Wer könnte denn noch ein Motiv haben?«
    »Alle – und keiner. Sommer hat es sich nach und nach mit fast allen verdorben. Aber ob das für einen Mord reicht?«
    »Vielleicht nicht«, meldete sich Feldhoff aus seiner Ecke. »Aber um ihn trauern wird wohl auch keiner?«
    »Nee. Glaube ich nicht. Wenn Sie mehr über Sommer wissen wollen – fragen Sie Brücken. Die beiden haben seltsamerweise einmal im Monat zusammen Schach gespielt.«

    »Wieso seltsamerweise?«
    »Vergleichen Sie doch: Brücken, der brave Ackergaul, ein wenig weltfremd, aber liebenswert, und auf der anderen Seite Sommer, der hochgezüchtete, bissige Renner. Außer Schach hatten die nichts gemeinsam. Doch – dass sie beide im Philologenverband sind. Beziehungsweise: waren.«

     
    8

    Feldhoff nutzte die Pause zwischen den Vernehmungen, um auf Kosten der Belegschaft des Kabuffs der Aussätzigen eine zweite Kanne Kaffee aufzubrühen. Steigerwald blätterte inzwischen in dem orangefarbenen Ordner, der die Tipps der Schulministerin zum Verhalten bei Amokläufen enthielt. Falls sie Schüsse hörten, sollten die Lehrer die Klassentür abschließen und den Schülern versichern, dass Hilfe unterwegs sei.

    »Mein Gott, sind die bescheue rt! «, stöhnte Steigerwald und klappte den Hochglanzkatalog wieder zu. Wenn ich Lehrer wäre, dachte er, würde ich nicht mehr ohne Colt zum Dienst gehen …

    Als Feldhoff endlich den Kaffee einschenkte, stapfte Brücken in den Raum. Schnaufend sank der Elefant auf einen der unbequemen Stühle und

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