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Mordsschnellweg: Kriminalstorys

Mordsschnellweg: Kriminalstorys

Titel: Mordsschnellweg: Kriminalstorys Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo P. Ard , Reinhard Junge
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ich sie in Sicherheit gebracht …«
    Steigerwald brauchte ein paar Atemzüge, bis er den letzten Satz halbwegs verdaut hatte. Dann setzte er seine Pfeife wieder in Brand. »Und bei dieser Rettungsaktion«, sagte er fast beiläufig, »hat Ihr Kollege Sommer Sie beobachtet.«
    »Sie dürfen hier nicht rauchen«, begehrte Holtmann auf.
    »Mord ist schlimmer«, grinste der Polizist und sah den Lehrer an.
    Holtmann schwieg. Aber seine Kiefer zermahlten ein paar unsichtbare Kiesel.
    »Egon Sommer! Haben Sie eine Erklärung dafür, dass Sie Ihre Bewerbung um den Stufenleiterposten eine Woche vor der Lehrprobe zurückgezogen haben? Dieselbe Stelle, auf die auch Sommer scharf war? Was war damals mit Ihnen? Nicht mehr interessiert an dem Job? An der Gehaltserhöhung? Bei drei Kindern und den Zinsen für das Haus?«

    Holtmann hob die Arme und zeigte dem Polizisten seine Handflächen.
    »Hier!«, keifte er und spreizte die Finger. »Mit diesen Händen habe ich die Bude hochgezogen!«
    »Stimmt!«, nickte Steigerwald. »Aber in derselben Zeit haben Sie sich viermal einen Krankenschein geholt, damit Sie schneller fertig wurden. Ein Maurer mit A 14. Toll, was mit meinen Steuern alles finanziert wird!«
    Der Oberstudienrat knurrte wie ein gereizter Schlachterhund. Seine blauen Augen musterten den Hauptkommissar mit unverhülltem Hass.
    »Und Ihr Kollege Sommer hat alles aufgeschrieben. Für den Fall, dass Sie sich auf dieselbe Stelle bewerben wollten wie er. Stimmt’s?«
    Holtmann sprang auf und beugte sich, die Fäuste auf der Platte, über den Tisch: »Wenn Sie glauben, ich hätte irgendetwas mit dem Tod dieses Schweinehunds zu tun, dann sind Sie aber schiefgewickelt. Fragen Sie lieber den sau beren G ewerkschaftskollegen Maeder. Ihm hat Sommer doch mit einem schmutzigen Trick die letzte A-14-Stelle weggeschnappt. Der Maeder hat ein viel besseres Motiv!«

    Er schlug die Tür hinter sich zu, ohne dass ihn jemand entlassen hätte. Feldhoff wollte aufspringen, aber Steigerwald stoppte ihn mit einem kurzen, heftigen Kopfschütteln: »Lass. Bin gespannt, auf wen der Herr Maeder die Schuld schiebt …«

     
    5

    Der Trick, mit dem Sommer seinen Kollegen ausgebootet hatte, war denkbar einfach. Als der GEW-Mann seine Unterlagen für die Bewerbungslehrprobe kopierte, schaute ihm der Konkurrent über die Schulter. Und stellte zu seiner Freude fest, dass Maeder Hitlers Propagandarede vom 1. Mai 1933 als Musterbeispiel der Demagogie analysieren lassen wollte – ein Text, d er sich mit anderen Fragestellu ngen genauso gut als geschichtliche Quelle bearbeiten ließ.

    »Und das tat die Sau dann auch«, erzählte der Mann mit der Hornbrille und dem leicht zerknitterten Fischerhemd. »Am selben Morgen, als ich meine Lehrprobe hatte. Nur: zwei Stunden früher als ich. Im selben Raum, in derselben Jahrgangsstufe und in einem Geschichtskurs, der zur Hälfte aus Schülern bestand, die ich in Deutsch hatte. Er verteilte so viele Texte, dass einige übrig waren und unter den Bänken liegen blieben.«
    Er rümpfte die Nase, blickte auf die Pfeife des Polizisten und begann damit, sich freihändig eine Zigarette zu rollen. Geschickt verteilte er den Tabak auf dem Blättchen, pfrie melte an dem Papier herum, bis es sich zu einem torpedoähn lichen Gebilde verformt hatte, und leckte behutsam über die Gummierung. Das Feuer ließ er sich von Steigerwald geben.
    »Meine eigene Stunde lief dann wie geschmiert. So gut, dass sich die Dezernentin hinten in der Klasse fragte, ob ich ihr eine eingeübte Show mit bekanntem Text vorführte. Und das fragte sie nicht nur sich selbst und den Chef, der neben ihr saß, sondern auch einen Schüler aus der letzten Reihe. ›Haben wir schon behandelt‹, bestätigte der Knilch. Mehr wollte die Tante gar nicht wissen …«
    Maeder verstummte und betrachtete prüfend die Glut seiner Zigarette.
    »Sommer, diese karrieregeile Sau«, wiederholte er seine Würdigung des Verblichenen und sah den Polizisten plötzlich offen an: »Und jetzt wollen Sie wissen, ob ich es war, der hier eine Planstelle freigeschossen hat.«

    »Falsch«, sagte Steigerwald und grinste. Der Mann hatte mit seinen Vermutungen wenig Glück. »Ich will wissen, wer es war …«
    Der Bebrillte grinste zurück: »Da gibt es bestimmt mehrere Kandidaten …«

    »Und wer ist Ihr heißester Favorit?«
    »Au Backe …« Maeder wurde ernst. »Ein hervorragendes Motiv hat Kollege Basten: Sommer hat letztes Jahr nach dem Schulfest versucht, Bastens Nichte

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