Mordsschock (German Edition)
konservativen Politikeroutfits in meinem metallic-schwarz glänzenden Catsuit und den hohen Plateauclogs auf, aber ich fand mich nun auch wieder nicht so absonderlich. Trotzdem hatte ich das Gefühl, andauernd angestarrt zu werden.
Der Bürgermeister und sein Parteifreund Werner Prange, der Stacheldrahtvermieter, erzählten uns armen Journalisten anderthalb Stunden lang, was für großartige Aktionen man für das Stadtfest geplant hatte.
Ich wartete nur darauf, dass dieser eingebildete Huber wieder von sich selbst in der dritten Person sagen würde „Und sogar der Bürgermeister höchstselbst geruht persönlich zu erscheinen“.
Aber den Gefallen tat er mir nicht. Schwitzend fummelte er mit der einen Hand an seinem Vollponytoupet herum und führte mit der anderen Hand große Gesten aus. Er redete sich dermaßen in Eifer, dass sich auf seinem Hemd stetig wachsende dunkle Ringe unter den Achselhöhlen abzeichneten. „... und ist es uns gelungen, die bekannten Sweetwaters zu engagieren. Wir haben sie von den Vorzügen unserer schönen Stadt überzeugt. Wir ...“, schwallte Huber.
Der Kollege neben mir malte bereits das siebte Strichmännchen in seinen Stenoblock. Die Kollegin auf meiner anderen Seite vergnügte sich damit, die gesamten Kekse aufzufressen. Ich lugte heimlich alle zwei Minuten auf die Uhr, deren Zeiger festgenagelt auf der Stelle verharrten. Alle naselang ertönten leise Gähngeräusche der Journalisten.
Ich beschloss, den Laden mal ein bisschen aufzumischen.
Als Huber sich kurz räusperte, nutzte ich die Gelegenheit, mich zu Wort zu melden. „Entschuldigung, ich habe eine Frage. Wird während der Eröffnungsfeier des Stadtfestes die Verteilung der Gottesangergrundstücke bekannt gegeben? Es handelt sich um eine wichtige Angelegenheit für die Bürger der Stadt, vom Termin her würde es auch passen.“
Irritiert blickte mich Huber an.
Prange sprang ihm schmierig lächelnd bei. „Aber nein, das wäre nicht der geeignete Rahmen“, lavierte er sich aus dem Ungemach und kraulte selbstzufrieden seinen Schritt.
Mit meiner Frage hatte ich den Enthusiasmus der beiden zum Platzen gebracht, als ob aus einem Luftballon Luft entweichen würde. Sie beeilten sich, zum Schluss zu kommen.
Erleichtert räumten alle ihre Stühle und schnappten nach den Sektgläsern, die eine Rathausangestellte auf einem Tablett servierte.
Als ich ein Glas ergriff, bemerkte ich ihren Blick. Ja, meine Güte, wie hinterwäldlerisch waren denn diese Rosenhagener, dass sie meinen Aufzug derart bestaunten? Ich schlürfte Sekt und verschluckte mich vor Schreck.
Mein alter Widersacher Prange pflanzte sich direkt neben mich. Er griente ölig über meine verzweifelten Hustenattacken und den Sektschwall, den ich auf den ehrwürdigen Rathausteppich spie. „Verzeihung.“ Er fasste hinter meinen Rücken. Gott, er wollte mich doch nicht wie ein Baby beim Schluckauf abklopfen? Stattdessen zog er ein Papier hervor. „Sie erlauben? Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie Ihre Sympathie mit unserer Opposition absichtlich derart öffentlich zur Schau stellen.“
Verständnislos stierte ich ihn aus weit aufgerissenen Augen an.
Als Erklärung hielt er mir das Papier unter die Nase, das er hinter meinem Rücken hervorgeholt hatte.
Das Klebeband mit Ehrhardts Kärtchen: ‚Danke für den reizenden Nachmittag, Ihr ergebener Matthias Ehrhardt.‘ Offensichtlich hing es die ganze Zeit auf meinem Rücken. Als ich es vor Gundula vom Tisch verschwinden gelassen hatte, hatte ich mich dummerweise dagegen gelehnt, sodass es an meiner Rückseite festpappte.
„Oh, nein!“ Ich klapste mir mit der flachen Hand gegen die Stirn. Wie peinlich! Und noch peinlicher vor diesem widerlichen Prange!
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Leider war mein Vater nicht Mick Jagger, sondern Mr. Nobody, der erfolglos durchs Leben tingelte, sich
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