Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mordstheater

Mordstheater

Titel: Mordstheater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
Vom Netzwerk:
Meinung, weigerte sich aber, mir die Informationen zu
geben, auf die sie sich gründen konnte. Wenn sie eine Nachricht hinterlassen
hätte, wäre es dann nicht offensichtlich gewesen, daß sie unglücklich war?
Vielleicht fragte er eben deswegen, weil es keinen Brief gab. Ob oder ob nicht,
ich empfand es als respektlos, Agathas vermutliche Motive nur Stunden nach
ihrem Tod mit jemandem zu diskutieren, der ihr nie begegnet war.
    »Wir haben das hier gefunden.« Er hielt mir ein
kleines, gelbes Stück Papier hin. »Auf einem Kissen neben ihrem Bett. Sagt
Ihnen das irgend etwas?«
    Ich nahm ihm den Zettel aus der Hand und sah,
daß er von einem selbstklebenden Notizblock stammte. Darauf war in Blockschrift
gekritzelt »SOPHIE B. A.«.
    Es war Agathas krakelige Schrift.
    Ich betrachtete den Zettel lange Zeit, als ob
irgendeine Bedeutung aus dem Papier hüpfen würde.
    »Vielleicht wollte sie, daß ich die Briefe
ablege, die sie mit nach Hause genommen hat. Oder es heißt >Broadway
anmahnen<; sie hat dringend auf einen wichtigen Vertrag aus Amerika
gewartet. Ich weiß es wirklich nicht. Wie ich sagte, sie rief mich am Samstag
an, als ich gerade weggehen wollte, aber ich konnte nicht verstehen, was sie
wollte.«
    »Sie war betrunken?«
    »Ja. So hat es sich angehört. Woran ist sie
gestorben?«
    »Das wird die Autopsie ergeben. Einstweilen
glaube ich nicht, daß ich zuviel verraten würde, wenn ich sage, daß sie
anscheinend eine Menge Alkohol und Schmerztabletten im Blut hatte.«
    »Arme Agatha«, sagte ich.
    Wir saßen schweigend da, während er meine
Aussage protokollierte. Ich las sie durch und unterschrieb. Dann bedankte er
sich bei mir und ging. Er war noch nicht am Fuß der Treppe angelangt, als es
erneut an der Haustür klingelte.
    »Wer um Himmels willen war denn der Zombie?«
sagte Martin eine Minute später.
    Ich lachte, erleichtert, ein vertrautes Gesicht
zu sehen.
    »Das war Mr. Middlemarch, der
Untersuchungsbeamte vom Leichenbeschauer.«
    »Was zur Hölle ist los, Soph? Du siehst aus wie
ein komplettes Wrack. Du hinterläßt mitten in der Nacht eine Nachricht,
wenigstens glaube ich, du warst es, weil du noch nicht mal deinen Namen
dazugesagt hast, dann bist du in Tränen aufgelöst, wenn ich anrufe, und
obendrein lädst du einen Untoten zum Frühstück ein. War wohl eine schwere
Nacht, wie?«
    »So kann man es auch ausdrücken«, sagte ich und
fing mit dem Erklären von vorne an.

  Die Ereignisse zum zweiten Mal zu berichten, schien ihnen eine Art
Realität zu geben, die sie vorher nicht gehabt hatten. Martin bekam nicht die
überarbeitete Version zu hören, sondern wurde einem minutiösen Abriß
ausgesetzt. Es wurde Mittagspausenzeit, noch bevor ich fertig war, und ich
konnte sehen, daß er ein wenig unruhig wurde.
    »Ich habe denen in der Bank lediglich gesagt,
ich würde den Vormittag frei nehmen«, erklärte er. »Wir verhandeln in einem
sehr wichtigen Verkaufsgespräch. Ich sollte besser zurückfahren.«
    »Aber das kannst du nicht machen.« Ich merkte,
daß ich wieder den Tränen nahe war, wie schon vereinzelt während meines
Berichts.
    »OK, OK. Gib mir mal dein Telefon, ich rufe sie
an.«
    Ich fühlte mich unwohl, zuzuhören, wie er seinem
Chef sagte, daß er sich verspäten würde. Ich wußte, wie unnachgiebig Jerry sein
konnte, und Martin erklärte die Situation nicht besonders gut, da er versuchte,
meinen Namen zu vermeiden.
    »Ich lade dich jetzt zu einem schönen
Mittagessen ein«, sagte Martin, als er den Hörer auflegte.
    »Ich habe keinen besonderen Hunger.«
    »Ich schon. Und du solltest etwas essen. Jedenfalls
wird es dir guttun, vor die Tür zu gehen.«
     
    Ich merkte, daß ich doch ziemlich hungrig war,
als ich die Holzkohle- und Gewürzgerüche des Cajun-Restaurants in Hampstead
roch. Als ich einen Salat mit geräuchertem Huhn und fritierte Süßkartoffeln
bestellte, fiel mir ein, daß ich seit Samstag nichts Richtiges gegessen hatte.
Wir saßen an einem Fenstertisch und tranken schweigend Tomatensaft mit viel
Tabasco.
    »Was ich nicht verstehe«, sagte ich schließlich,
»ist, warum jemand — besonders Agatha, die nicht gerade penibel im Haushalt
ist... war — seine Küche saubermachen sollte, bevor er sich umbringt.«
    »Wie meinst du das?«
    »Na ja, du weißt doch, ich habe dir erzählt, wie
es kam, daß ich in der Wohnung war? Nun, das Küchenlicht war an, und als ich
hineinging, um es auszumachen, war die Küche nicht mehr wiederzuerkennen im
Vergleich zum Mal

Weitere Kostenlose Bücher