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Mordsviecher

Mordsviecher

Titel: Mordsviecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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schlicht, kein Oktoberfest-Aufreißkleidchen. Die junge Frau war dezent geschminkt und trug das Haar im Nacken zusammengebunden. Lässig und doch gepflegt. Selbst wenn es das Dirndl in Irmis Größe gegeben hätte, was sie bezweifelte, hätte sie es nie mit dieser Noblesse tragen können. Auch die schlanke Kathi nicht – deren trampeliger Gang hätte das Gesamtbild empfindlich gestört.
    Das Mädchen begrüßte die Damen mit einem freundlichen »Willkommen bei KS -Outdoors – Daunenträume werden wahr«. Irmi fragte sich, ob sie wohl jedes Mal diesen Sermon von sich geben musste, auch am Telefon.
    »Wir würden gerne mit Herrn Stowasser sprechen.«
    »Haben Sie einen Termin?«
    Irmi zeigte ihre Polizeimarke. Sie hätte auch einen Kronkorken hochhalten können, meistens schauten die Leute gar nicht richtig hin. Nur selten wollte jemand auch noch den Dienstausweis sehen, den Irmi meist im Auto hatte statt im Geldbeutel.
    »Oh, ich bedaure. Ich habe ihn heute noch nicht gesehen.« Die junge Frau blickte aus dem Fenster. »Sein Wagen steht auch nicht drüben. Moment …« Sie führte ein kurzes Telefonat und erklärte dann: »Frau Faschinger, seine Assistentin, weiß leider auch nicht, wo er ist. Er hat wohl Außentermine.«
    Ja, so konnte man das auch nennen. Er hatte einen Außentermin gehabt, draußen in Krün, nur leider seinen letzten.
    »Dann würden wir gern mit Frau Faschinger sprechen«, sagte Irmi. »Welches Zimmer?«
    »Das dritte rechts.« Obwohl sie vermutlich vor Neugier platzte, blieb die Dame am Empfangstresen freundlich-professionell.
    Kathi und Irmi gingen den Gang entlang. Die Wände waren gepflastert mit Auszeichnungen: Unternehmer des Jahres. Ein Tierschutzpreis. Ein Innovationspreis der IHK . Lobeshymnen von Landräten und vom Ministerpräsidenten.
    Die Tür zu Frau Faschingers Zimmer stand offen. Sie traten ein, und Irmi zog die Tür von innen zu. Auch hier gab es diese hochwertigen Holzmöbel. Eine Doppeltür führte ins Büro von Frau Faschingers Chef. Ein schöner Raum: Holzböden, ein Schreibtisch in klaren Linien, ein paar Farbakzente, wieder Tuffstein, Glas und Holz. Über dem Schreibtisch hing ein wahrhaft hinreißendes Bild einer Gans.
    Frau Faschinger war ihrem Blick gefolgt: »Das hat eine bekannte Tiermalerin aus Seestall bei Landsberg gemacht. Ich finde, diese Gans schaut so seelenvoll, so zufrieden.« Ja, ganz anders als die Augen jener Tiere, in die sie vergangene Nacht geblickt hatten.
    »Frau Faschinger, Sie haben Ihren Chef heute noch nicht gesehen?«
    »Nein.«
    »Das ist nicht ungewöhnlich?«
    Eine leise Irritation durchzog das Gesicht der Assistentin. »Nein, um die Zeit hat Kilian immer seinen Golfvormittag, sein erster Termin ist um vierzehn Uhr eingetragen. Er spielt jeden Mittwochvormittag Golf, so lange, bis Schnee liegt.«
    Aha, man spielte Golf, klar. Was für eine heile Welt!
    »Wann haben Sie ihn gestern denn zuletzt gesehen?«, wollte Irmi wissen.
    Wieder blickte Frau Faschinger ein klein wenig irritiert. »Gestern, er war morgens kurz da und hat sich dann verabschiedet. Warum fragen Sie?«
    »Frau Faschinger, sagt Ihnen Krün etwas?«
    »Krün? Ja, sicher, das liegt auf dem Weg nach Mittenwald. Wieso fragen Sie?«
    »Sie haben da aber keinen weiteren Firmenstandort, oder?«
    »Nein, aber was sollen denn Ihre ganzen Fragen?« Frau Faschinger wurde etwas lauter.
    »Herr Stowasser wurde gestern tot in Krün aufgefunden, inmitten einer unüberschaubaren Zahl von Tieren, die in erbärmlichem Zustand waren«, schaltete sich Kathi ein. »Tiere, die teils vor Ort eingeschläfert werden mussten. Können Sie mir dazu irgendwas sagen?«
    Frau Faschinger starrte abwechselnd Irmi und Kathi an. Dann sagte sie mit zitternder Stimme: »Tot? Ja, warum denn?«
    Weil sich die Tiere zusammengerottet haben. Weil sie die Coloradokröte zum Mord angestiftet haben. Weil die Pfeilgiftfrösche die Revolution ausgerufen haben. Solche Sätze hatte Irmi im Kopf. Stattdessen sagte sie: »Wir können Ihnen momentan gar nichts Konkretes sagen. Auch nichts über die Todesursache. Was hat Herr Stowasser in Krün gemacht?«
    »Ich weiß es wirklich nicht«, flüsterte Frau Faschinger. Irmi hatte keine Ahnung, ob sie das glauben sollte.
    »Hat Herr Stowasser Angehörige?«, fragte Kathi forsch.
    Frau Faschinger säuselte immer noch leise wie ein Espenblättchen: »Liliana, also Frau Stowasser, ist 2009 verstorben. Kinder gibt es keine. Kilian hat einen Bruder, der momentan in Australien lebt oder

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