Mordsviecher
einschleusen, oder?«
»Tat er auch. Es fuhr auch immer mal wieder ein Firmentransporter nach Krün. Verdunkelte Scheiben, es war nicht mal zu erkennen, wer der Fahrer war. Wahrscheinlich Stowasser selbst«, mutmaßte Tina Bruckmann. »Letztlich bin ich nicht weitergekommen.«
»Und was ist mit Max Trenkle und dem Verein FUF ?«
»Die haben auch was anderes zu tun. Momentan führen sie ein groß angelegtes Katzenkastrationsprojekt durch. Wir sind halt alle an Stowassers Mauern gescheitert. Aber das Leben geht weiter. Wer hat das mal gesagt? Das ganze Leben ist ein ewiges Wiederanfangen. Ich glaube, das war Hugo von Hofmannsthal.«
»Um nochmals auf diesen ganzen Unterschleif zurückzukommen: Das schafft doch nie einer alleine, oder? Da muss doch in der Produktion jemand Bescheid wissen?«
»Ja, das war auch mein Gedanke. Der Produktionsleiter vielleicht? Sie können leichter überprüfen, ob der zum Beispiel zusätzliches Geld erhält. Und ich könnte mir vorstellen, dass diese Rosenthal Bescheid weiß. Frau Mangold, ich spekuliere, ich kann einfach nichts beweisen.« Das klang nun doch frustriert.
»Sind Sie denn wie Trenkle überzeugt, dass er immer noch betrog?«
»Ja, natürlich. Seine eigenen Daunen reichten für seinen Ausstoß niemals, er gab ja auch zu, dass er zukaufte, aber eben nur saubere Ware. Angeblich kann man auf seiner Website über die Seriennummer den genauen Produktionsverlauf nachvollziehen und sogar den Testbericht des Testlabors lesen. Seine Schlafsäcke sind natürlich nicht billig, aber sie sind zu preiswert dafür, dass er angeblich so einen Aufwand treibt.«
»Hat ihn darauf denn noch keiner angesprochen?«
»Doch natürlich. Ich übrigens auch. In einem Interview, das ich mit ihm gemacht habe, hat er seinen Preis damit begründet, dass er eben günstig einkauft. Warten Sie mal.«
Tina Bruckmann nestelte in ihrem Rucksack und holte ein Smartphone heraus. Sie fingerte ein wenig daran herum, lud dann einen Artikel hoch und hielt Irmi das Gerät hin.
Die begann gleich zu lesen. Tatsächlich hatte Stowasser auf jede Frage aalglatte Antworten.
»Sie werden mir nicht glauben, dass Enten in China viel glücklicher sind als ungarische Gänse. Ich weiß schon, beim Stichwort China drängen sofort Bilder heran von schlecht gehaltenen Tieren, dabei geht es dem Geflügel in Europa tatsächlich oft viel schlechter. In China werden Tiere meist in kleinen Familienunternehmen gehalten, aufgrund von Geldmangel werden hier keine Tier- KZ s gebaut, sondern die Tiere einfach auf dem eigenen Grund und Boden laufen gelassen. Unsere Daune mit 675 CUIN – das ist der Wert für die Bauschkraft, in Kubikzoll gemessen – stammt aus Nordchina, und zwar von freilaufenden Enten, die in erster Linie der Eierproduktion dienen. Da diese Enten in einer kälteren Klimazone leben, produzieren sie Daunen mit phantastischen Eigenschaften. Wenn die Enten nach zwei Jahren keine Eier mehr legen, werden sie geschlachtet und anschließend erst gerupft. Die Daune wird an anderer Stelle gereinigt und sortiert. Auch hier erfolgt die Reinigung auf Wasserbasis ohne den Zusatz von Lösungsmitteln. Wir kaufen diese Daunen sehr günstig ein und geben den Preis an unsere Kunden weiter.«
Irmi unterbrach ihre Lektüre. »Klingt alles sehr griffig«, kommentierte sie.
»Ja, klar, aber Stowasser produziert auch Schlafsäcke mit 750 CUIN Daunen. Das sind die für die extremen Temperaturen, echte Expeditionsschlafsäcke. Und diese Daunen stammen aus Osteuropa und werden in Taiwan gereinigt. Und da stimmt irgendwas nicht. Solche Schlafsäcke müssten mindestens sechshundert Euro kosten, seine kosten dreihundertfünfzig oder noch weniger.«
Irmi las weiter.
» KS -Outdoors verwendet nur Daunen höchster Qualität, sie stammen alle von Tieren aus der Nahrungsgewinnung, die ethisch korrekt getötet worden sind. Lebendrupf oder Harvesting sind absolut ausgeschlossen. Die Tiere werden nicht zwangsgemästet, sondern leben artgerecht mit Freilauf, haben einen Unterschlupf und Zugang zu Wasser und frischer Nahrung. Die Menge der Tiere pro Quadratmeter liegt unter der empfohlenen Anzahl. Jede einzelne Daunencharge wird von internationalen Labors getestet.«
»Bis auf die, die er illegal druntermengt, wenn ich Ihrem Gedankengang folgen darf«, sagte Irmi. »Aber ist das nicht riskant, was er da treibt?«
»Ach, seien wir doch mal realistisch.« Tina Bruckmann klang müde, und Irmi war fast versucht, sich zu entschuldigen, dass sie
Weitere Kostenlose Bücher