Mordsviecher
zur Verantwortung ziehen. Das sind ja alles verwilderte Hauskatzen von verantwortungslosen Besitzern. Das sind keine wilden Löwen, die plötzlich aus Afrika zugewandert sind! Eine wilde Katze überlebt im Durchschnitt maximal zwei Jahre, eine gepflegte Hauskatze achtzehn Jahre. Rund 8,2 Millionen Stubentiger leben nach Schätzungen des Tierschutzbunds bundesweit in privaten Haushalten. Hinzu kommen rund zwei Millionen wilde Katzen – und es werden Tag für Tag mehr. Allein FUF fängt im Jahr 150 bis 200 Katzen ein und sterilisiert sie. Das sind im Jahr Kosten von 25 000 Euro. Wir stehen absolut an der Wand – finanziell und personell.
Nach dem Einsatz in Krün zweifelte Irmi keine Sekunde mehr daran, dass die finanzielle und personelle Situation katastrophal war. Trenkle wartete auf die nette Oma, die FUF ihr Hab und Gut vererbte. Was sollte er sonst tun?
Mittlerweile war Sonja Ruf mit zwei Teetassen zurückgekommen.
»Und das haben alles Sie geschrieben?«, sagte Irmi. »Sehr eindrucksvoll!«
»Danke, ja, ich mach die Pressearbeit und versuche aufzuklären. Das geht nur ein wenig plakativ und polemisch. Wir haben dieses Jahr tatsächlich mehr Bauern als je zuvor dafür gewinnen können, die Katzen auf ihrem Hof kastrieren zu lassen. Natürlich auf unsere Kosten. Wer Abertausende an Subventionen einstreicht, hat natürlich keine fünfzig Euro für eine Katze übrig.«
Eigentlich hätte Irmi nun doch eingreifen müssen, einen etwas differenzierteren Blick auf die Subventionspolitik fordern müssen – sie, die Bauerstochter. Aber sie war hier, um endlich Licht in den Fall Stowasser zu bringen, und irgendetwas sagte ihr, dass sie hier richtig war.
Sonja Ruf fuhr fort: »Ich kenne eine Biobäuerin in Franken, auf deren drei Hektar großem Getreidefeld ein Feldhamster entdeckt wurde. Der ist vom Aussterben bedroht. Wenn sie nun bis in den November hinein ein bisschen Getreide stehen lässt, dann bekommt sie fünfzehnhundert Euro pro Hektar für den Hamsterschutz. Macht bei drei Hektar viertausendfünfhundert Euro. Sie lacht sich darüber halb tot und sagt immer: Den letzten Urlaub hat mal wieder der Hamster bezahlt.«
»Aber das müsste Ihnen als Tierschützerin doch gefallen!«
»Schön für den Hamster, aber warum muss da so viel Geld fließen?«
»Weil der Hamster sonst ausgehamstert hätte?«, sagte Irmi und versuchte ein Lächeln, das ihr misslang. Diese Frau entzog ihrem Gegenüber die Energie. Ihre Schwingungen waren so negativ, dass Irmi sich müde fühlte, obwohl sie durchaus beschwingt und ausgeschlafen aufgestanden war.
»Nichts ist mehr verhältnismäßig«, sagte Sonja Ruf. Irmi registrierte ein leichtes Zittern ihrer Hand, die die Teetasse hielt.
»Und deshalb hassen Sie auch Stowasser?«
»Ich hasse ihn nicht. Ich halte ihn für verachtenswert.«
»Und seine Frau? War es nicht unerträglich, dass ausgerechnet diese Frau dann auch noch Pferde in Ihren Stall stellt?«
»So was entscheidet immer noch der Stallbesitzer.« Sonja Ruf hatte sich wieder auf diesen Roboterton verlegt.
»Frau Stowasser war schuld am Tod Ihres Pferdes!«
»Schuld – Sie sind doch Gesetzeshüterin? Reden Sie von der Vorwerfbarkeit einer Straftat? Ist das ihre Schuld? Oder reden wir von Sünde im religiösen Sinn? Oder geht es um ethische Fragen? Wie schuldfähig war Frau Stowasser?«
»Mit Verlaub, Frau Ruf, ich bin nicht gekommen, um eine moraltheoretische Diskussion über Schuld mit Ihnen anzufangen. Was zweifellos zwar interessant wäre, aber ich hab’s gerne etwas konkreter. Also: Frau Stowasser brachte ihre neuen Pferde in Ihren Stall. Wie hat sich das angefühlt?«
»Liliana war so eine, die es gut meinte. Sie war leichtgläubig. Sie hat in einer Parallelwelt gelebt. Sie hatte immer Geld im Überfluss und einen Mann, der im Zweifelsfall noch ein paar Tausender ins Spiel geworfen hätte. Sie hat diese Pferde doch auch geliebt. Und dass sie andere Tiere gefährdet hat, das hat sie ja nicht gewusst. Ihre Pferde mussten auch gehen. Sie hat dann auf dem Markt in Miesbach neue geholt und vorm Schlachter gerettet. «
Irmi war wieder irritiert, doch sie setzte auf Schweigen. Das wirkte.
Sonja Ruf fuhr fort: »Wenn schon Schuld, dann liegt die bei dieser ganzen Pferdeschieber-Mafia. Bei den Leuten, die solche Tiere ins Land bringen. Bei den skrupellosen Pferdehändlern.«
»Frau Stowasser stand schon vor den rumänischen Pferden im Fokus des Veterinäramts im Ostallgäu, wegen ihrer schlechten
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