Mordswiesn: Der fünfte Fall für Max Raintaler (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
eigentlich auch Schwule, die in normalen Wohnungen lebten? Mit einer Wohnzimmercouch von der verstorbenen Tante und einem Bett von IKEA? Wie zum Beispiel pensionierte Exkommissare? Es sah nicht danach aus.
»Erschrecken Sie nicht, Herr Raintaler«, beruhigte ihn Bernie, der Max’ erstaunte Blicke bemerkte. »Aber mir gefällt es nun einmal in exklusiver Umgebung zu leben, und meinen Freunden gefällt es auch.« Voller Besitzerstolz zeigte er in den Raum hinein.
»Wirklich beeindruckend, Herr Schweitzer. Aber Ihre Einrichtung erschrickt mich nicht, sie verwundert mich höchstens ein wenig. Mich interessiert im Moment ehrlich gesagt nur der Mörder von Schorsch Huber.« Max lächelte freundlich, aber distanziert.
»Verstehe. Aber bitte, nehmen Sie doch Platz.«
Bernie deutete auf das nächststehende kaminrote Sofa.
»Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten? Ein Bier vielleicht? Ich hätte einen Doppelbock da. Sie sehen nach einem Mann aus, der einen kräftigen Doppelbock vertragen kann.« Der immer noch traurig schniefende Bernie sah Max lang und tief in die Augen. Dann holte er ein großes kariertes Taschentuch aus seiner Hosentasche und schnäuzte kräftig hinein.
»Keinen Doppelbock, danke«, erwiderte Max, als sein Gegenüber fertig war. »Ich muss nachher noch auf die Wiesn. Da gibt es dann genug Bier. Wenn Sie erlauben, würde ich Ihnen einfach gern ein paar Fragen stellen, und dann bin ich auch schon wieder verschwunden.« Das glaubt mir doch alles wieder keiner, wenn ich es erzähle, dachte er. Gestern stehe ich noch mit zwei Halbitalienerinnen auf dem Campingplatz und lasse mir erklären, wozu man zwei Flaschen Schnaps an einem Abend austrinken muss. Dann werde ich im Garten meines Freundes fast abgestochen, und jetzt sitze ich hier in einem regelrechten Palast am Gärtnerplatz, und der schwule Gastgeber meint, dass ich einen kräftigen Doppelbock vertragen könnte. Schon merkwürdig. Da denkt man, dass man die schrägsten Sachen bereits erlebt hat, und auf einmal kommt wieder etwas daher, was das Bisherige noch weit in den Schatten stellt.
»Dann fragen Sie bitte, Herr Privatdetektiv. Ich hoffe, ich kann Ihnen bei Ihrer Mördersuche behilflich sein.«
Jeder gibt sich immer nur hilfsbereit in diesem Fall. Sind die alle so verlogen oder hatte ich den wirklichen Täter noch gar nicht vor mir? »Das hoffe ich auch. Sie kannten Herrn Huber gut. Wissen Sie vielleicht, ob er irgendwelche Feinde hatte?«
»Jede Menge. Schorsch hat alle Leute, mit denen er zu tun hatte, beleidigt, erniedrigt, beschimpft oder über den Tisch gezogen. Er konnte sehr charmant, aber auch ein regelrecht boshaftes Ungeheuer sein. Viele haben ihn deswegen gehasst. Aber ich habe ihn trotz allem immer nur geliebt.« Bernie brach in lautes Schluchzen aus.
»Aha«, meinte Max. »Und gab es vielleicht jemanden, der ihn besonders gehasst hat?«
»Das weiß ich leider nicht. Keine Ahnung.«
»Wo waren Sie selbst eigentlich vorgestern Abend? Gegen 20 Uhr?«
»Ich war hier. Mit zwei Freunden aus der Nachbarschaft. Wir hatten einen gemütlichen Sushi-Abend.«
»Aha, Sushi. Kein Ausflug auf die Wiesn?«
»Aber Sie glauben doch nicht, dass ich etwas mit Schorschs Tod zu tun haben könnte? Gut, als er sich von mir getrennt hat, war ich eine Weile lang ganz schön am Boden. Aber ich würde doch niemanden töten, den ich liebe.«
»Wieso nicht? In sämtlichen Klassikern wurden Morde aus Leidenschaft begangen.«
»Ja, schon. Aber ich könnte wirklich niemanden töten. Ich hätte gar nicht die Nerven dazu. Außerdem bin ich ein friedlicher Mensch, der die anderen Menschen liebt. Ich war schon als Kind so. Da können Sie jeden fragen, der mich kennt.« Bernie schluchzte erneut. Laut und lang.
Dieses jämmerliche Häufchen Elend war wohl wirklich nicht zu einem Mord in der Lage. Selbst Max, der als erfolgreicher Kriminaler bereits zahllose Lügner überführt hatte, war versucht, ihm zu glauben.
»Was hatte es eigentlich mit Ihnen und Schorschs Schwester, dieser Hildegard, auf sich?« Er blickte seinem Gegenüber forschend in die tränennassen Augen.
»Ach, das. Ich hatte Mitleid mit ihr, weil sie immer so oft allein war. Das war weiter nichts Ernstes. Ich glaube, sie hat ihren Bruder vergöttert. Aber Schorsch hat sie mehr oder weniger links liegen lassen. Zu mir hat er einmal wörtlich gesagt, das ihm der stocksteife Blaustrumpf gewaltig auf den Wecker gehen würde.«
»Aha. Und sonst haben Sie nichts, was mir helfen könnte?«
»Im
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