Mordswiesn: Der fünfte Fall für Max Raintaler (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
seinen Ausweis und lächelte zurückhaltend.
»Bitte, meine Herren.« Sie hielt ihnen die Tür auf und ließ sie in den kleinen Flur dahinter eintreten.
Max fiel auf, dass sie fast so lang wie ihr Bruder war und ihn selbst damit ein gutes Stückweit überragte. Ihre braunen Haare hatte sie zu einem Dutt aufgetürmt, was sie noch größer erscheinen ließ, und die Brille, die normalerweise wohl auf ihren Nasenrücken gehörte, hatte sie auf ihre Stirn hochgeschoben. Man hätte nicht sagen können, dass sie eine ausgesuchte Schönheit war. Aber hässlich war sie genauso wenig. Nur der kleine Franz zum Beispiel hätte bestimmt nicht viel mit ihr anfangen können. Er hätte ihr gerade mal bis unter die Brust gereicht.
»Hier geht es ins Wohnzimmer.« Sie zeigte auf die Tür links von ihnen.
Max und Franz traten ein und nahmen, auf ihre Aufforderung hin, in der kleinen geblümten Polstergarnitur vor dem Fernseher Platz.
»Möchten Sie einen Kaffee?« Trotz ihres verquollenen Gesichts wirkte Hildegard gefasst. Sie blickte sie fragend an.
»Kaffee wäre gut. Was meinst du?« Franz sah zu Max hinüber, der ihm schräg gegenüber saß.
»Gerne.«
»Ich bin gleich zurück. Habe gerade einen durchlaufen lassen.« Sie verschwand durch die Tür und überließ die beiden Ermittler sich selbst.
»Sieht nicht gerade nobel aus«, raunte Max, während er sich in dem ärmlich eingerichteten Raum umsah. Sicher, das Nötigste wie ein alter Fernseher ein abgeramschtes Sofa und ein kleiner Esstisch samt Stühlen war vorhanden. Aber von Luxus wie bei ihrem Bruder Schorsch konnte hier wahrlich nicht die Rede sein.
»Kann man so sagen«, erwiderte Franz. »Ob sie neidisch auf das Geld ihres Bruders war? Der war doch anscheinend so großzügig. Warum hat er ihr denn nichts abgegeben?«
»Das frage ich mich gerade auch. Haben wir da etwa unser Motiv? Geldgier? Neid? Oder doch ihre Eifersucht wegen diesem Schweitzer?«
»Kann alles sein. Aber wissen kann man es nicht.« Franz zuckte mit den Schultern.
Im selben Moment kam Hildegard mit einem Tablett zur Tür herein. »Ich habe noch Käsekuchen von gestern Abend übrig, selbst gebacken. Ich hoffe, sie mögen ihn.«
»Auf jeden Fall«, erwiderten beide wie aus der Pistole geschossen und machten große Augen.
Sie stellte jedem einen Kuchenteller und eine Tasse hin. Zucker, Milch und Besteck folgten auf dem Fuße. Nachdem sie ihnen eingeschenkt hatte, setzte sie sich zu ihnen an den Rand des Sofas und blickte sie neugierig an.
»Sie ermitteln also wegen dem Tod von meinem Bruder? Die Polizei war gestern schon einmal da und hat mir erzählt, was passiert ist. Ich konnte es gar nicht fassen.« Sie nahm ein Papiertaschentuch zur Hand und trocknete die Tränen, die ihr über die Wangen liefen. »Entschuldigung, meine Herren. Wir haben nicht viel gemeinsam gehabt, aber trotzdem bin ich traurig.«
»Ist doch ganz normal«, versicherte ihr Franz, nachdem er sein zweites Stück Kuchen hinuntergeschlungen und mit einem großen Schluck Kaffee nachgespült hatte. »Wann haben Sie Ihren Bruder denn das letzte Mal gesehen?«
»Das muss vor einem Jahr gewesen sein. Wir sind uns zufällig in der Stadt in der Kaufingerstraße über den Weg gelaufen.«
»Und sonst kein Kontakt? Sie waren doch immerhin Geschwister.« Franz spießte das dritte Stück Käsekuchen auf seine Gabel.
»Nein. Seit langem nicht. Wir hatten einmal eine Auseinandersetzung wegen eines Freundes von mir. Schorsch hatte ihn mir ausgespannt. Seitdem war Funkstille zwischen uns. Ich wollte ihn nicht mehr sehen.«
»Kann man auch wieder verstehen.« Franz schob den Kuchen in seinen Mund und kaute zufrieden. Die Sache mit Bernd Schweitzer war ihm dank Max bereits hinreichend bekannt. Aber war es wirklich das Motiv, nach dem sie suchten?
»Wo waren Sie am Samstagabend gegen 20 Uhr, Frau Huber?« Max mischte sich ins Gespräch. Wozu die Frau lange quälen, wenn man auch zu einem schnellen Ende kommen konnte, dachte er sich.
»Am Samstag Abend um acht… Sie meinen zur Tatzeit? Ja, verdächtigen sie etwa mich?« Sie sah erschrocken von einem zum anderen. Dabei liefen ihr ein weiteres Mal die Tränen über das Gesicht. »Aber ich bringe doch meinen Bruder nicht um. Ich meine,… er war doch… mein Bruder. Verstehen Sie?« Jetzt brachen alle Dämme. Sie sank laut schluchzend in sich zusammen.
»Wir müssen Sie das fragen, Frau Huber. Reine Routine«, meldete sich Max erneut zu Wort, nachdem sie sich wieder einigermaßen beruhigt
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