Mordwoche (German Edition)
das ist mein kleiner bescheidener Beitrag dazu, dass du für Recht und Ordnung sorgen kannst.“ „Ja, dann will ich auch gleich mal los, die Gauner warten schließlich nicht auf mich.“ Für die Verspätung eines Hauptkommissars wollte Herr Ebert nicht verantwortlich sein. Er stellte sich auf die Straße und winkte Georg Haller eigenhändig aus der Parklücke. Ach, sie waren schon rührend, seine Oldies, wie der Hauptkommissar seine Mitbewohner in Gedanken liebevoll nannte.
Der alte Opel Ascona seiner Mutter fuhr immer noch. Leider. Er war zwar schon ein älteres Baujahr, aber bis auf ein paar kleine Macken hatte er sich noch nichts zu Schulden kommen lassen. Und so hatte Georg Haller das Auto ebenfalls übernommen. Manchmal wünschte er sich insgeheim, dass seine Mutter dem Auto mehr zugemutet hätte. Erstens hätte sie selbst dann vielleicht ein aufregenderes Leben geführt und zweitens könnte er sich jetzt schneller das Auto seiner Wahl aussuchen, ohne mit schlechtem Gewissen daran zu denken, dass der alte Opel es auch noch getan hätte. Vielleicht sollte er diese Woche einfach mal im Autohaus Merz vorbeischauen. Ganz unverbindlich. Möglicherweise könnte er Muttis Wagen auch in Zahlung geben. Gerade als er sich genüsslich den Tagträumen eines bevorstehenden Autokaufs hingeben wollte, klingelte sein Handy. Mist, das neue Auto musste unbedingt eine Freisprecheinrichtung haben. Georg Haller nahm ab. Gerda König, die Inhaberin des Salons König meldete einen Mord! Und das in Bärlingen! Na, die Woche fing ja gut an!
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Die Kollegen waren bereits vor Ort und sperrten den Parkplatz vor dem Salon weiträumig ab. „Gut, dass du da bist, Georg, meine Frau ist mit den Nerven völlig am Ende. Jetzt komm erst einmal rein.“ Der Hauptkommissar trat so gut es ging den Schnee von den Schuhen und folgte Otto König in die Wohnung im ersten Stock. Die Königs kannte er ebenfalls schon seit er denken konnte. Anfangs schnitt seine Mutter ihm die Haare immer selbst, mit zum teil zweifelhaftem Ergebnis. Als dann die Kinder in der Schule begannen, ihn wegen seiner Topfdeckel-Frisur zu hänseln, weigerte sich Georg, weiterhin zum „Friseur Mama“ zu gehen und war erst zufrieden als ihm ein professioneller Haarschnitt im Salon König in Aussicht gestellt wurde. Seither kam er alle sechs Wochen her. Nicht im Traum hätte er allerdings daran gedacht, dass er irgendwann einmal durch die zweite Glastür treten und die Stufen in das private Königreich hochsteigen würde, anstatt wie sonst üblich rechts in den Salon zu gehen. Georg Haller tat die wohlige Wärme gut, die ihn in der Wohnung empfing, denn auf kurzen Fahrstrecken sprang die Auto-Heizung nicht mehr so richtig an und er war etwas durchgefroren.
Frau König saß immer noch in der Küche vor der Schnapsflasche. Ihre Blässe war nun roten Backen gewichen, die ihr gut standen. Mit ihren halblangen blonden Haaren und der modischen Brille war sie eine sehr aparte Erscheinung. Georg Haller mochte sie schon immer gern und er bedauerte es zutiefst, dass er nur als kleiner Junge in den Genuss gekommen war, von der Chefin bedient zu werden. Gegen einen Haarschnitt von Otto König war nicht im Geringsten etwas einzuwenden, aber bei Gerda König fühlte man sich nicht nur frisiert, sondern auch noch verstanden, getröstet und gut unterhalten. Der Hauptkommissar konnte sich an seinen ersten Besuch im Salon König noch erinnern als ob er gestern gewesen wäre. Er bekam ein dickes Polster unter den Hintern geschoben damit er sich auch im Spiegel ansehen konnte. Frau König höchstpersönlich nahm sich der Rettung des mütterlichen Prinz-Eisenherz-Verschnitts an. Das Ergebnis war zwar ein richtig kurzer Kurzhaarschnitt, aber Klein-Georg hatte seine Würde wieder und das Wichtigste, er musste sich keine dummen Kommentare mehr in der Schule anhören. Seitdem hatte Frau König einen ganz besonderen Platz in seinem Herzen. Und jetzt brauchte sie seine Hilfe. Endlich konnte er sich revanchieren.
„Grüß Gott, Frau König. Gut, dass Sie mich sofort angerufen haben. Meine Kollegin müsste auch gleich kommen. Aber wir können natürlich auch schon mal ohne sie anfangen.“ Gerda König lächelte dem Hauptkommissar dankbar entgegen. Wenigstens fragte er sie nicht gleich nach ihrem Alibi. Dann bestand noch Hoffnung, dass sie nicht automatisch als Mörderin galt. „Setzen Sie sich doch, Herr Haller, möchten Sie auch einen Kaffee?“ Gerda König war aufgestanden
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