Mordwoche (German Edition)
und räumte schnell die Flasche mit dem Zwetschenbrand und die Gläser zur Seite. „Das war nur auf den Schreck hin, als Medizin sozusagen.“ „Einen Kaffee nehme ich gern, aber bitte bleiben Sie beim ‚du’, das bin ich so gewohnt.“ Nach seinem Frühstücksdesaster ließ ihn dieser frisch aufgebrühte Kaffee mit wunderbarer Crema fast vergessen, warum er da war. Gerda König blickte auf ihre Armbanduhr. „Schorsch, meinst du, wir können den Laden um 8.00 Uhr aufmachen, da habe ich die erste Kundin zur Dauerwelle bestellt?“ „Gerda, jetzt pressier’ mal nicht so, der Schorsch macht nur seine Arbeit. Zur Not muss halt die Dauerwelle warten. Schließlich sitzt nicht jeden Tag eine Leiche im Auto auf unserem Parkplatz.“ Otto König wollte die Sache so schnell wie möglich geklärt wissen. Hier ging es um die Nerven seiner Frau und um ihre Leber. Weitere Aufregungen und noch mehr Schnäpse würde seine Frau heute nämlich nicht mehr vertragen, da war er sich sicher.
Georg Haller nahm sein Notizbuch zur Hand. „Es dauert nicht lange, Frau König. Ihre Kundin wird bestimmt einigermaßen pünktlich unter die Trockenhaube kommen. Wir beginnen am besten von vorne. Erzählen Sie mir doch bitte ganz genau, wie und wo Sie die Leiche gefunden haben. Und sobald meine Kollegin da ist, schauen wir uns den Fundort an.“ Jetzt war Gerda König eine Zeugin wie jede andere auch und der Hauptkommissar konzentrierte sich auf seine Arbeit. Es klingelte. Endlich, das wurde aber auch Zeit! Das musste seine Kollegin sein. Georg Haller hatte sie gleich vom Auto aus angerufen, hatte sie allerdings nicht zu Hause erreicht und einen Anrufbeantworter schien Lisa-Marie Töpfer nicht zu besitzen. An ihr Handy ging sie auch nicht, wenigstens hatte sie dort eine Mailbox geschaltet.
Georg wollte gar nicht wissen, wo sie sich herumtrieb. Dass sie einen etwas unsteten Lebenswandel mit wechselnden Partnern führte, war in der Dienststelle kein Geheimnis. In Sachen Männer ließ die attraktive 25-jährige Polizeiobermeisterin nichts anbrennen. Georg schien es, als ob der junge Hüpfer jede Woche von einem anderen Kollegen nach Dienstschluss abgeholt wurde. Der Manni und der Stefan vom Bereitschaftsdienst waren auch schon einmal Kurzzeitbegleiter der jungen Dame. Sie schienen es Frau Töpfer allerdings ganz und gar nicht übel zu nehmen, dass sich bereits nach wenigen Wochen ein anderer Mann über ihre Gunst freute. Lisa-Marie hatte sich ganz schnell recht gut eingelebt in Bärlingen. Sie hatte einen guten Draht zu den Leuten, zumindest zum männlichen Teil der Bevölkerung.
Seit einem halben Jahr arbeitete Georg Haller nun schon mit seiner jungen Kollegin zusammen und manchmal wurde er einfach nicht schlau aus dieser Frau. Wie konnte man nur so viel feiern wie sie und trotzdem noch gut gelaunt und munter zum nächsten Dienst erscheinen? Ihr Privatleben schien ihre Arbeit jedenfalls nicht zu beeinträchtigen. Insgeheim beneidete Georg Haller die Männer, die wenigstens für kurze Zeit um das Zentralgestirn Lisa-Marie kreisen durften, denn auch er war nicht unempfänglich für die Reize der jungen Frau. Aber das gestand er sich selbst nur äußerst ungern ein.
Otto König scherzte mit Frau Töpfer, als sie die Küche betraten. Alle Achtung, den hatte sie also auch schon um den Finger gewickelt! „Guten Morgen, zusammen.“ Georg Haller stellte Gerda König seine junge Kollegin vor. Lisa-Marie gab der Friseurin die Hand und nickte dem Hauptkommissar zu. „Alle Achtung, Herr Kollege, schickes Hemd.“ Wenn Lisa-Marie einen Raum betrat, dann gab es nur noch eine Hauptrolle, alle anderen Anwesenden waren plötzlich nur noch Statisten. Georg Haller war nicht gewillt, sich von so einem Polizei-Küken vor den Königs lächerlich machen zu lassen und ignorierte die provozierende Bemerkung. „Schön, dass Sie es auch einrichten konnten, Frau Kollegin. Wir können gleich den Fundort in Augenschein nehmen, die erste Zeugin habe ich bereits befragt.“ Lisa-Marie schaute mit gespieltem Erstaunen, das wohl so viel bedeuten sollte wie „da schau her, der Kollege hat alles im Griff“ in Richtung Otto König. Da hatte sie die Wirkung ihres Charmes allerdings überschätzt. Der Friseur ließ den Versuch der jungen Frau, ihn auf ihre Seite zu ziehen, an sich abprallen und setzte sich zu seiner Frau, die nach ihrer Zeugenaussage einen weiteren Schnaps zu brauchen schien. Im Hinausgehen wandte sich der Hauptkommissar noch an Otto König. „Sie
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