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Mordwoche (German Edition)

Mordwoche (German Edition)

Titel: Mordwoche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Wierlemann
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wieder einmal ein Last-Minute-Präsent geworden, das er schnell im Garderobenschrank versteckte. Frank Ohler drückten andere Sorgen als fehlerfrei dargebotene Weihnachtslieder oder der Herzenswunsch unter dem Weihnachtsbaum. Er hatte seit einiger Zeit bemerkt, dass die Raten für das Haus nur noch schwer zu schultern waren. Lag es an der allgemeinen Wirtschaftskrise oder daran, dass der Hausbau letztlich doch deutlich teurer geworden war, als das Basis-Modell des Bauunternehmers, für das sich die junge Familie entschieden hatte. Fakt war, dass das Geld knapp war. Auch wenn Katrin im Familienunternehmen Merz zusammen mit ihrer Mutter für das Büro und damit für die Buchhaltung zuständig war, die privaten Finanzgeschäfte überließ sie gern ihrem Mann. Der bezweifelte, dass seine Frau ahnte, wie sehr er sich berechtigte Sorgen vor der Zwangsversteigerung machte.
     
    Aus dem Wohnzimmer hörte er die Kinder „Stille Nacht“ spielen und als er eintrat sah er seine Frau über einer Handarbeit sitzen. Was für ein friedliches Bild! Die Tränen von Lukas und das leise Fluchen seiner Frau passten allerdings überhaupt nicht zu diesem Eindruck. „So, ihr Musikanten, wer von euch geht mit raus, eine Schneeballschlacht machen?“ Die Kinder mussten nicht lange überredet werden, sondern stürmten in die Diele, um sich ihre Schneesachen überzuziehen. „Liebling, es ist Heilig Abend, die Hausarbeit kann doch warten.“ Frank beugte sich über seine Frau und wollte ihr einen Kuss geben. Katrin war nicht nach Zärtlichkeit zumute. „Ach, lass mich. Ich hab’ mir gestern auch noch den Mantel eingerissen. So kann ich unmöglich aus dem Haus gehen.“ Sie hielt ihrem Mann den Mantel mit dem großen Winkelriss unter die Nase. Was sollte er da sagen? Gern hätte er sie jetzt einfach zum Fashion-Maier geschickt, aber Shopping-Touren waren zur Zeit nicht drin. „Das hast du doch gut repariert, Schatz. Man sieht die Naht kaum. Ich bin mit den Kindern dann noch ein bisschen draußen. Hab’ die Uhr im Blick wegen heute Nachmittag.“ Katrin versuchte ein schicksalsergebenes Lachen, aber es blieb ihr im Halse stecken.
     
    Es tat Frank leid, dass er Katrin nicht mehr bieten konnte. Genau das war es auch, was ihn seine Schwiegermutter Elfi immer wieder spüren ließ. Dass er nicht gut genug für ihre Tochter war. Frank kam aus kleinen Verhältnissen, verkündete aber gern bei jeder Gelegenheit, dass er es jetzt „geschafft“ habe. Zählte man seinen Aufstieg im Autohaus Merz vom einfachen Monteur zum Chef in spe, eine Frau, zwei reizende Kinder und eine Doppelhaushälfte zusammen und addierte noch die All-Inclusive-Urlaube aus besseren Tagen dazu, dann hatte Frank Ohler mehr erreicht als viele andere in seinem Alter. Zog man von dieser Rechnung allerdings die Schwiegermutter ab, das inzwischen zur Routine erstarrte Eheleben und die Sorgen um die wirtschaftliche Lage, so blieb von dem Glanz einer aufstrebenden Mittelschichtfamilie nicht mehr allzu viel übrig.
    Dabei fing die Geschichte zwischen Katrin und Frank so romantisch an. F rank hatte schon vom ersten Tag an, als Katrin nach der mittleren Reife ihre kaufmännische Ausbildung im elterlichen Betrieb begann, ein Auge auf sie geworfen. Katrin mochte den unternehmungslustigen „Autoschrauber“, wie sie ihn im Spaß gern nannte und die beiden freundeten sich an. Für Katrin war er ein klasse Kumpel, mit dem man Pferde stehlen konnte. Frank dagegen war richtig verliebt. Dass er mit Katrin zusammenkam und dass die beiden dann sogar geheiratet haben, das verdankte er dem sanften aber bestimmten Nachdruck, mit dem der Senior-Chef, Karl Merz, bei seiner Tochter für ihn geworben hatte. Karl Merz wollte die Leitung des Autohauses in guten Händen wissen, wenn er sie altersbedingt einmal abgeben würde. In Frank sah er einen kompetenten und fleißigen Mitarbeiter, der sein vollstes Vertrauen genoss. Der Ohler hatte im Haus gelernt und wusste wie das Geschäft im Autohaus Merz funktionierte. Frank im praktischen Bereich und Katrin in der Buchhaltung, so sah für Karl das perfekte Nachfolger-Team aus. Und so fragte der Senior-Chef auch nicht lange, ob seine Tochter mehr als freundschaftliche Gefühle für den Kandidaten seiner Wahl hegte oder nicht. Karl Merz bestellte und bezahlte die Hochzeit und ließ sich wahrlich nicht lumpen.
     
    So angespannt das Verhältnis zu Elfi Merz war, so freundschaftlich war die Beziehung Franks zu seinem Schwiegervater. Die beiden verband

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