Mordwoche (German Edition)
Gedanken kommen, dass eure Mutter etwas mit dem Tod ihres Mannes zu tun hat. Selbst euer Hausarzt wusste von den Zyankali-Kapseln. Der perfekte Mord! Aber warum könnte Elfi das getan haben?“ „Hass, Liebe, Eifersucht“, meinte Katrin. „Das Hauptmotiv war meiner Ansicht nach aber Enttäuschung. Sie hat vielleicht Bilanz gezogen und gemerkt, dass sie in ihrem Leben eigentlich ganz andere Wünsche hatte. Sie hat sich vielleicht zum ersten Mal eingestanden, dass sie ihrer Liebe nicht nur nicht gefolgt war, sondern dass sie diese sogar verraten hatte. Schließlich war es ihr wichtiger, die Gattin eines erfolgreichen Geschäftsmannes zu blieben als ihrer Liebe in eine finanziell unsichere Zukunft zu folgen. Es muss bitter sein, im Alter zu erkennen, dass das Leben vielleicht glücklicher gewesen wäre, wenn man dem Herzen und nicht der Gier gefolgt wäre. Aber Elfi wäre nicht Elfi gewesen, wenn sie den Fehler einfach zugeben und die Konsequenzen getragen hätte. Ihr wisst selbst, dass unsere Mutter immer ganz groß darin war, jemand anderem die Schuld für das eigene Unglück zu geben.“
Susanne wollte den Vermutungen ihrer Schwester keinen Glauben schenken und auch nicht schlecht von ihrer toten Mutter sprechen, immerhin hatte die sich auf ihre Seite gestellt, als sie von ihren Zukunftsplänen mit Alex erzählt hatte. Allerdings gab es auch in Susannes Leben viel zu viele kleine Elfi-Verletzungen, die in der Summe zu schmerzhaft waren, als dass die älteste Tochter durch den Tod der Mutter einen wirklichen Verlust erlitten hätte. „Was sollen wir deiner Meinung nach jetzt machen?“ Susanne wandte sich an ihre Schwester. „Wir müssen der Polizei doch von dem Verdacht erzählen. Mord ist kein Kavaliersdelikt, das ist eine Straftat!“ Katrin schüttelte den Kopf. „Wem würde es helfen, wenn wir das machen würden? So eine Anzeige würde nur viel Staub aufwirbeln. Und ehrlich, darauf kann ich gut verzichten.“ „Ich verstehe dich nicht, Katrin. Was willst du eigentlich? Was sollen die Nachforschungen und die Mord-Theorien, wenn du dich vor den Konsequenzen drückst?“ „Ich weiß es selbst nicht so genau. Ich finde nur, dass zumindest wir Kinder Klarheit haben sollten. Wir müssen die Sache doch nicht gleich an die große Glocke hängen. Es wird sowieso schon genug getratscht in Bärlingen.“ „Aber Katrin, du machst dich strafbar, wenn du nicht zur Polizei gehst. Wir haben keine andere Wahl! Wenn du nicht gehst, dann mache ich es eben. Das sind wir Papa schuldig! Stell dir vor, wenn wir schweigen, dann wird man seine Mörderin zu Papa ins Grab legen! Das kannst du nicht wollen!“ „Papa ist tot. Mama auch. Sie anzuzeigen ist vielleicht unsere Pflicht, aber wem nützt es denn? Papa macht es nicht wieder lebendig. Ich aber lebe hier in Bärlingen, wenn du das schon vergessen hast. Und ich bin wirklich nicht scharf darauf, für weitere Klatsch-und-Tratsch-Schlagzeilen zu sorgen. Nichts gegen dich, Alex, aber du weißt selbst, Susanne, was euer Erscheinen auf der Beerdigung auslösen wird. Die Leute hier werden sich die Augen aus dem Kopf glotzen – ein Lesbenpaar! Euch kann das egal sein, ihr seid morgen wieder in Berlin. Ich aber kann hier nicht einfach weg. Denkst du, es ist besonders verkaufsfördernd, wenn sich alle über uns das Maul zerreißen?“
„ Susanne, es ist wirklich nicht einfach für uns. Katrin hat schon Recht. Stellt euch vor, die Polizei müsste doch die Beerdigung absagen und Karl müsste obduziert werden. Was das alles für Konsequenzen nach sich ziehen würde! Sei so gut und lass den Toten ihre Ruhe, damit wir hier auch wieder in Ruhe leben können.“ Katrin sah ihren Mann dankbar an. Ihr Frank war gar nicht so eine Schlaftablette. Vielleicht würde sich ihre Ehe auch wieder ein bisschen stabilisieren, nachdem der Elfi-Stress wegfiel.
Susanne lenkte ein. „Also gut, aber wohl ist mir bei der Sache nicht. Lassen wir die Dinge so wie sie sind. Ich finde es klasse, dass ihr das Autohaus weiterführen wollt. Papa würde das sehr gefallen.“ Katrin atmete erleichtert auf und begann das Geschirr in die Küche zu tragen. Die anderen halfen ihr dabei. „Wir können uns langsam auf den Weg machen. Ich fände es ganz gut, wenn wir die ersten in der Aussegnungshalle wären, um die Leute zu begrüßen.“ Susanne nahm ihre Schwester zur Seite. „Eine Sache noch Katrin. Den Pelzmantel von Mama, den ziehst du aber nicht zur Beerdigung an, oder?“ „Wollte ich eigentlich
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