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Morenga

Morenga

Titel: Morenga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Timm
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ist Gottschalks letzte Eintragung in dem Wachstuchheft, das anderthalb Jahre später bei einem gefallenen Feldkornett Morengas gefunden wurde.
    Aus dem Heft waren wahllos einige Seiten herausgerissen, wahrscheinlich, um daraus Fidibusse zu machen.

    Am darauffolgenden Tag, dem 28. September, der Regen hatte aufgehört, ließ Elschner die Kolonne um 5 Uhr morgens abmarschieren. Schwerfällig gingen die vollgesoffenen Ochsen im Joch. Die Erde begann, unter der langsam höher steigenden Sonne zu dampfen. Elschner wollte ohne Hast auch mittags durchmarschieren, um möglichst schnell in die Nähe der Militärstation von Ukamas zu kommen.
    Nachmittags gegen 4 Uhr fielen an der Spitze die ersten Schüsse. Elschner rief Befehle. Die eingeborenen Tauleiter und Wagenführer waren sofort verschwunden. Die Ochsen verhedderten sich in den Zugseilen. Die Kolonne erhielt jetzt auch von den Hügeln rechts und links Feuer. Gottschalks Kamel stürzte. Beim Versuch, wieder aufzustehen, kam es wie gewöhnlich mit den Hinterbeinen zuerst hoch. Dabei ächzte es wie ein Mensch. Vor dem Maul blutiger Schaum. Dann bricht es zusammen und verendet. Elschner schießt von seinem Pferd. Verwundete schreien. Die ersten Gestalten laufen geduckt auf die Wagen zu. Mehrere getroffene Ochsen brüllen. Gottschalk sieht die Reiter fliehen. Elschner ruft: Zurück, alles zurück.
    Gottschalk bleibt sitzen.
    Tanzen

    Oberveterinär Gottschalk
    Bericht an das Kommando
    der Kaiserlichen Schutztruppe

    Mitte August erhielt ich den Befehl, mich einem Transport, der am 30. August nach Ukamas gehen sollte, anzuschließen. Der Transportführer war Leutnant Elschner. Ende September erreichten wir die Gegend von Heirachabis. Inzwischen waren wir durch eine Patrouille informiert worden, daß Morenga sich wieder erhoben habe. Unterwegs stieß auch Pater Meisel zu uns, der den Pater Malinowsky begleitet hatte. Letzterer hatte als Unterhändler zwischen Morenga und dem Kommando der Schutztruppe die Gespräche vermittelt. Meisel berichtete nichts von dem Inhalt dieser Gespräche, machte aber aus seiner Friedensliebe kein Hehl. Er ritt am 27. September dem Transport voraus nach Heirachabis. Daß er dabei den Wagentransport an die Aufständischen verraten haben könnte, halte ich für ganz unwahrscheinlich, da das Gebrüll der Ochsen auch nachts über Meilen zu hören war.
    Am 28. September, nachmittags gegen 4 Uhr, erhielten wir überraschend Feuer. Mein Kamel stürzte, von mehreren Schüssen getroffen. Bei dem Sturz schlug ich mit dem Kopf auf und war leicht benommen. Darum habe ich das weitere Geschehen nicht genau in Erinnerung. Ich kann auch nicht sagen, ob Leutnant Elschner noch versucht hat, eine Verteidigungslinie aufzubauen. (Randbemerkung von unbekannter Hand: Sergeant Feller behauptet: ja.) Da mein Reittier tot lag und andere nicht greifbar waren, auch vier Verwundete von uns dalagen, entschloß ich mich zu bleiben. Ich versuchte, keine verdächtige Bewegung zu machen, um nicht erschossen zu werden. Wurde von einigen Aufständischen sogleich um Tabak angebettelt, sonst aber nicht weiter belästigt. Im Gegenteil, die weitere Behandlung war höflich und zuvorkommend. Jemand fragte mich, wer ich sei. Ich antwortete, ich sei Veterinär und zurückgeblieben, um die Verwundeten versorgen zu können. (Randbemerkung: War das alles?) Aus der Ferne hörte man noch hin und wieder Schießen. Dann trat jemand auf mich zu, den ich für einen Engländer hielt. Es war aber Morris. Erst später, als er einmal seinen Hut abnahm, sah man sein hottentottisches Erbteil, das krisselige Haar, das allerdings rotblond war. Er befragte mich auf englisch über das tote Kamel, das von den Aufständischen bestaunt wurde. Ob es stimme, daß ein solches Tier bis zu dreihundert Kilometer ohne Wasseraufnahme laufen könne. Ich bestätigte das, zumindest für die Bischarin-Reitkamele, da es sich nicht um ein militärisches Geheimnis handelte. Morris meinte, es wäre schön, wenn die Aufständischen solche Kamele hätten. Ich habe dann die Verwundeten verbunden, die alle nicht lebensgefährlich verletzt waren. Die Hottentotten hatten keinen Verletzten. Sie durchsuchten die Wagen und warfen alles Brauchbare heraus. Besonders freuten sie sich über Tabak, Schnaps und Munition. Später wurde ich zu einem Mann geführt, der abseits an einem Wagen stand und in den erbeuteten Akten und Karten blätterte. Es war Morenga. Er ist erstaunlich groß und trug eine zivile Jacke, darüber aber einen

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